Rheinische Post Krefeld Kempen

Prüfliste fürs Stadthaus erweitert

Die Denkmalsch­ützer vom Landschaft­sverband Rheinland geben im Streit um den Denkmalsch­utz fürs Stadthaus keinen Jota nach. Im Gegenteil: Sie haben die Prüfliste verlängert.

- VON JENS VOSS

Das Amt für Denkmalpfl­ege im Rheinland beharrt darauf, dass die Stadt Krefeld für die Sanierung des Stadthause­s eine Prüfliste von knapp 40 Posten abarbeitet; die Denkmalsch­ützer beim Landschaft­sverband Rheinland (LVR) weichen damit auch nach dem Beschluss des Krefelder Rates, zur Not das Stadthaus links liegen zu lassen, keinen Jota von ihrer Linie ab, so viel wie möglich originale Substanz des Komplexes zu retten. Im Gegenteil, es kam sogar noch ein Punkt dazu. Die Stadt soll nach dem Willen des LVR nun etwa auch noch testen, ob die Originalve­rzinkung der Stahlfenst­er über eine schonende Reinigung mit behutsamer Teil-Entschicht­ung gerettet werden kann.

Dies berichten die CDU-Ratsherren Philibert Reuters und Jürgen Wettingfel­d über die jüngsten Gespräche zwischen Stadt und LVR zum Stadthaus. Die Ergebnisse haben die CDU bewogen, das Projekt Stadthauss­anierung aufzugeben (wir berichtete­n). Die CDU-Politiker gehen davon, dass sich auch die SPD davon überzeugen lässt. Für diesen Fall wären rasche weitere Entscheidu­ngen problemlos möglich: Stand heute favorisier­en CDU und SPD den Neubau eines technische­n Rathauses auf dem Theaterpla­tz.

Die CDU-Fraktion ist überzeugt, dass die SPD zur selben Einschätzu­ng kommt – mit Blick auf die Prüfliste des LVR. So soll die Stadt bei den problemati­schen Fenstern nicht nur den Erhalt der Verzinkung austesten, sondern nach wie vor auch Verfahren zur Abdichung, berichtet Wettingfel­d.

Der LVR hat die bisherigen Tests der Stadt als stümperhaf­t (wobei der Begriff so nicht gefallen sei) zurückgewi­esen. Die Stadt habe, so der Vorwurf, beim Versuch, den Fenstern eine Dichtung einzuklebe­n, den Klebstoff auf noch feuchten Lack aufgebrach­t. Insofern sei der Test nicht aussagekrä­ftig. Der LVR beharrt auch darauf, dass nach den Tests zur Sanierung der Fenster Kilma-Simulation­en über das Raumklima durchzufüh­ren seien, gegebenenf­alls mit der Variante, hinter die Originalfe­nster noch eine zweite Fensterfro­nt einzubauen.

Prüfen soll die Stadt, ob Rolladen und Fenster elektrisch oder von Hand geöffnet werden sollen. Keineswegs aufgegeben hat der LVR die Rettung der Fassadenel­emente, wobei es um Blecheleme­nte und Fliesen geht. Dem LVR schwebt vor, an Musterfläc­hen zu testen, was sich wie restaurier­en und erhalten lässt. Für den Fall, dass sich Teile erhalten lassen und andere nicht, sollen weitere Musterfläc­hen Aufschluss darüber geben, ob die neuen Elemente farblich und dem Material nach zu den alten passen.

Wettingfel­d glaubt, dass weitere Gespräche und die Prüfungen unterm Strich Zeit fordern, die die Kosten der Sanierung auf mehr als 100 Millionen Euro hochtreibe­n. „Ein Jahr Stillstand kostet uns acht Prozent mehr“, sagt Reuters; zudem zögen die Preise an, da zurzeit wegen des billigen Geldes sehr viel gebaut werde und kaum Firmen zu finden seien – erst recht nicht bei einer Risikosani­erung. Wenn auch noch die Zinsen anzögen, würden die Kosten weiter steigen.

Reuters betont auch, dass Krefeld endlich vorankomme­n und entscheide­n sollte: „Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht dem Vorwurf aussetzen, Krefeld zu einer Laberbude zu machen.Wir machen Workshops, wir gründen Arbeitskre­ise, wir prüfen und geben Gutachten in Auftrag und holen uns Rat von dritter Seite. Wir sind in einem ständigen Debattierm­odus. Das muss aufhören. Wir haben den Eindruck, es muss etwas passieren. Wir wollen Tempo in die Sache bekommen.“

Eine Entscheidu­ng für einen Neubau auf dem Theaterpla­tz hat aus CDU-Sicht neben Zeitgewinn, Berechenba­rkeit der Baukosten und einer Belebung der City durch die 500 Stadtbedie­nsteten und die Besucher des Rathauses weitere Vorteile. Der Neubau könnte zum Ostwall hin errichtet werden (zulässig ist eine Gebäudehöh­e von 25 Metern); das Seidenwebe­rhaus könnte daneben als Spielort weiter betrieben werden, bis auch ein Ersatz für die Veranstalt­ungshalle fertiggest­ellt ist.

Nach dem Abriss des Seidenwe- berhauses gäbe es dann einen großzügige­n Blick auf Theater und Mediothek. Weitere Überlegung: Das heutige Wohnstätte­ngebäude und der ehemalige Volksbank-Komplex könnten auch für die Stadt genutzt werden; der Neubau könnte so kleiner ausfallen.

Reuters treiben auch generelle Haushaltsü­berlegunge­n um, wenn er jetzt aufs Tempo drückt. Die Lage der Stadt ist ihm zufolge viel brüchiger, als es die positive Entwicklun­g der jüngeren Vergangenh­eit nahelegt. „Die Lage ist freundlich­er geworden ja, aber es wird suggeriert, dass wir schon wieder sehr, sehr viel Kraft haben“, sagt er, „das ist aber nicht so. Es müssen sich nur wenige Parameter ändern, und wir sind innerhalb von drei Jahren wieder im Nothaushal­t.“Die bereits erwähnte Niedrigzin­sphase könnte ebenso zu Ende gehen wie das konjunktur­elle Hoch, in dem sich Deutschlan­d nun schon ein Jahrzehnt befinde. „Das hätte einen Einbruch bei den Gewerbeste­uern zur Folge“, sagt er. Zudem habe die Stadt mit Sanierungs­projekten am Theater und beim Badezentru­m weitere teure Projekte vor sich.

„Wir haben den Eindruck, es muss etwas passieren. Wir wollen Tempo in die Sache bekommen“Philibert Reuters CDU-Fraktionsc­hef im Rat

 ?? FOTO: LAMMERTZ ?? Der Streit zwischen Denkmalsch­utz und der Stadt um die Sanierung des Stadthause­s geht weiter.
FOTO: LAMMERTZ Der Streit zwischen Denkmalsch­utz und der Stadt um die Sanierung des Stadthause­s geht weiter.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany