Rheinische Post Krefeld Kempen
Kleine Klingel – große Wirkung
„Bitte klingeln – Wir helfen Ihnen“heißt es ab sofort in der Kempener Altstadt. Geschäftsleute helfen Kunden, wenn sie wegen Treppenstufen am Eingang nicht oder nur schwer in den Laden gelangen können.
KEMPEN Wenn Roman Wittpahl künftig mit seinem Rollstuhl in Kempen unterwegs ist, dann wird es dem jungen Mann leichter fallen, die Geschäfte in der Altstadt aufzusuchen, auch wenn sie über keine barrierefreien oder -armen Eingänge verfügen. Möglich macht es eine Klingel, die mit einem Schild gekoppelt ist. In den kommenden Tagen werden an knapp 60 Ladeneingängen Schilder mit der Aufschrift „Bitte klingeln – Wir helfen Ihnen“samt einer Funkklingel montiert. Der Signalgeber ist so angebracht, dass ihn auch Kunden im Rollstuhl gut erreichen und auch Blinde ihn bequem lesen können, denn der Hinweis ist auch in Brailleschrift auf den Schildern aufgebracht.
Aber nicht nur Menschen mit Handicap sollen von dem neuen Angebot in der Kempener Altstadt profitieren. Ob Senior mit Rollator oder Mutter mit Kinderwagen, für sie alle signalisiert das Schild: Wenn die Klingel gedrückt wird, gibt es Hilfe. Die kann so aussehen, dass geholfen wird, den Kinderwagen die Stufen zum Geschäft hinaufzutragen, oder der Senior beim Treppensteigen unterstützt wird. Kempen signalisiert seine Hilfsbereitschaft.
Die Idee mit der Klingel entstand beim Runden Tisch für Stadtmarketing und Tourismus, der vor eineinhalb Jahren gegründet wurde. Alle politischen Fraktionen, die Stadt- verwaltung, der Unternehmerkreis, die Stadtwerke, der Werbering, das Hotel Papillon sowie derWerbe- und Bürgerring St. Hubert und der Heimatverein St. Hubert gehören dem Gremium an. Dazu kommt beratend die Lebenshilfe Kreis Viersen. Alle zwei Monate trifft man sich und und bespricht verschiedene Themenschwerpunkte an. Einer davon ist die Barrierefreiheit oder -armut in Kempen.
Philipp Lessig, der im März ein Praktikum bei der Stadt absolvier- te, wurde mit der Aufgabe betraut, in der Kempener Altstadt zu erkunden, welche Geschäfte barrierefrei zugänglich sind oder wo es Schwierigkeiten gibt. Er nahm Geschäftseingänge unter die Lupe. Das Ergebnis: Knapp 60 Läden sind nicht gut zugänglich. Es folgten Gespräche mit den Geschäftsinhabern, die dem Vorschlag der Klingel offen gegenüberstanden.„Das ist eine super Idee.Wir sind oft hinten in derWerkstatt und bekommen gar nicht mit, wenn jemand mit unseren beiden Stufen Probleme hat. Ich freue mich auf die Klingel“, sagt Markus Claassen vom gleichnamigen Radsportgeschäft an der Judenstraße.
In den kommenden zweiWochen werden Mitarbeiter des städtischen Baubetriebshofs die Klingeln montieren. Die Kosten für die Klingeln in Höhe von 1500 Euro hat der Werbering Kempen stellvertretend für seine Mitglieder übernommen.
„Die Klingel ist ein erster Schritt. Wir wollen, dass alle Bürger am Leben in unserer Stadt teilhaben kön- nen. Es ist großartig, wie wichtig es den Geschäften ist, sich einzubringen“, sagt Volker Rübo. Die Klingel sei eine einfache Geschichte, sorge aber für eine höhere Lebensqualität bei vielen Menschen, ergänzt der Kempener Bürgermeister. „Für unsere Bewohner bedeutet es ein Stück Freiheit. Sie können einfach auf die Klingel drücken und müssen niemanden mehr ansprechen, ob jemand mal eben für sie ins Geschäft gehen könnte“, sagt Pia Grühn von der Lebenshilfe.