Rheinische Post Krefeld Kempen

Meister Ponzelar als Ampelmännc­hen

Duisburg hat es, Wesel will es – und auch Krefeld soll demnächst ein Wahrzeiche­n als Ampelmännc­hen nutzen. Die Figur des mythischen Seidenwebe­rs Meister Ponzelar könnte bald den Verkehr regeln.

- VON JENS VOSS

Wer hätte es gedacht: Ampelmännc­hen sind längst eine Wissenscha­ft für sich, mindestens: ein Kulturphän­omen. Wer das Wort bei Google eingibt, erhält 265.000 Einträge und an vorderster Stelle einen Wikipedia-Beitrag, in dem Ampelmännc­hen-Varianten in sage und schreibe 14 Kapiteln aufgeführt sind. Wohin man blickt: Es herrscht pure Glückselig­keit, wenn aus einem verkehrsre­gelnden Hoheitszei­chen eine kleine Bildergesc­hichte über Heimat wird. Man fühlt sich wie in ein Wimmelbild von Ali Mitgutsch versetzt: Wir hier an dieser Kreuzung mit unseremWah­rzeichen – schau nur, Kind! Als 2016 die Stadt Mainz – natürlich! – Mainzelmän­nchen in Ampeln beheimatet­e, da stieß dieser Akt „auch überregion­al auf immenses Interesse und enorme Medienreso­nanz“, resümiert die Mainzer „Allgemeine Zeitung“. Auch aus Duisburg, wo gerade das erste Grubenampe­lmännchen seinen Dienst aufgenomme­n hat, ist es ein Ereignis: „Die Leute freuen sich und schmunzeln; es ist schön, wenn man jemand ein bisschen glücklich machen kann“, sagte ein Stadtsprec­herin auf Anfrage.

Nun also ist auch Krefeld auf den Trichter gekommen. Die CDU-Fraktion schlägt vor, ein Krefelder Wahrzeiche­n als Ampelmännc­hen zu nutzen und so das Heimatgefü­hl zu stärken: Meister Ponzelar, der Seidenwebe­r, der als Denkmal auf dem Südwall steht, soll demnach als Figur in Krefelder Ampeln abgebildet werden. Die CDU hat dazu einen Antrag für den Bauausschu­ss auf denWeg gebracht. Meister Ponzelar als Ampelbild wäre„auch für Krefeld eine gute Idee zur weiteren Förderung des Heimatgefü­hls,“heißt es darin. Die Fraktion bittet die Verwaltung zu prüfen, mit welchen Mehrkosten im Vergleich zu normalen Ampeln zu rechnen seien.

Nun, diese Frage ist schnell beantworte­t. In Duisburg, so teilte die Stadt auf Anfrage mit, hat die Einrichtun­g der ersten Grubenmänn­chen-Ampel 1000 Euro gekostet – wobei es um einen kompletten Ampelsatz mit zwei Männchen geht: ein stehendes und ein schreitend­es. „Es ist ein Unikat und von Hand gefertigt. Wir gehen davon aus, dass schon die nächsten fünf Männchen-Paare günstiger werden“, erklärte eine Sprecherin. Die gängigen Ampel-Schablonen mit den Symbolbild­ern für Stehen und Gehen werden schlicht gegen die neuen Männchen-Schablonen ausgetausc­ht.

Wie Fußgängera­mpeln auszusehen haben, ist in der Straßenver­kehrsordnu­ng geregelt. Demnach müssen die Symbolbild­er eindeutig als gehend und schreitend zu erkennen sein, erläutert die Duisburger Stadtsprec­herin weiter. Was beim Grubenmann kein Problem war. Probleme hingegen könnten die Weseler bekommen, die gerne einen Esel als Ampeltierc­hen hätten. Damit zeichnet sich für die Gestalter der Schablonen eine Herausford­erung ab:Wie stellt man einen Esel eindeutig als schreitend und ebenso eindeutig als stehend dar? Nun, man darf optimistis­ch sein; seit der Erfindung der stehenden, schreitend­en, sitzenden, überhaupt: das Leben eines Großstädte­rs führenden Ente Donald Duck dürften eindeutig stehend-schreitend­e Tiere kein Problem sein.

Krefeld hat es da mit Meister Ponzelar einfacher. Der nachgerade mythische Seidenwebe­r ist jetzt vom Südwall als ewig Schreitend­er vertraut und wäre auch als Ampelmännc­hen als eindeutig stehender Mini-Mann leicht zu erkennen.

Ob Krefeld ein paar tausend Euro übrig hat, um diese Vision zu realisiere­n?

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FOTO: DPA
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FOTOS: DPA FOTO: DPA GRAFIK:RP So könnte er aussehen: Der wacker ausschreit­ende Seidenwebe­r Meister Ponzelar als Ampelmännc­hen in Krefeld.
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Das Duisburger Grubenmänn­chen laufend . . .
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. . . und stehend mit optimistis­ch erhobenem Daumen.
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Sorgte in Mainz für Entzücken: ein Mainzelmän­nchen beim Ampeldiens­t.
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In München wurden zum Christophe­r Street Day homosexuel­le Paare zu Ampelmännc­hen und -weibchen.
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RP-ARCHIV: TLL. Das wohl beliebtest­e Relikt aus der DDR: das eifrige Ampelmännc­hen auf dem Weg zum Sieg über den Klassenfei­nd.

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