Rheinische Post Krefeld Kempen
Tipps für ein angenehmes Arbeitsumfeld
Es zählen nicht nur Gehalt und Arbeitsinhalte, auch die Unternehmenskultur trägt zur Zufriedenheit von Mitarbeitern bei. Sie wird hauptsächlich von der Geschäftsführung geprägt – doch jedes einzelne Team kann sie mitgestalten.
Sie fängt beim Kantinenessen an und hört bei den Möglichkeiten der individuellen Weiterbildung noch lange nicht auf: Die Kultur eines Unternehmens entscheidet darüber, wie wohl sich Mitarbeiter bei ihrem Arbeitgeber fühlen – und wie lange sie bei ihm bleiben möchten.
Das Thema gewinnt zunehmend an Relevanz: „Zurzeit ist die Bewerberlage in vielen Bereichen knapp - Unternehmen müssen sich sehr anstrengen, um gute Leute zu finden“, sagt Jürgen Bock, Berater für Unternehmenskulturentwicklung und digitalen Wandel aus Hamburg. „Außerdem ist der Arbeitsmarkt sehr transparent, über Social Media kann sich jeder ein Bild von der Kultur eines Unternehmens machen.“
Zudem sind die Ansprüche der Arbeitnehmer laut Bock gestiegen: Habe man sich früher kaum getraut, nach Freiheiten für die persönliche Lebensgestaltung zu fragen, fordern Mitarbeiter heute ganz selbstverständlich Gestaltungsspielräume und ein angenehmes Arbeitsumfeld ein.
Somit ist die Bandbreite groß: „Wie die Unternehmenskultur empfunden wird, beginnt mit der Gestaltung des Arbeitsplatzes und der Qualität des Mittagessens“, sagt Bock. Doch im Wesentlichen zähle das Gefühl, das Vorstand und Geschäftsführung vermitteln: „Geht es eher um das Erscheinungsbild oder um Inhalte? Werden Mitarbeiter gefördert und besteht ein offener Austausch mit der Führungsebene? Oder herrscht eher ein Gefühl von Angst?“
Wichtig ist dabei nicht nur, welche Grundsätze kommuniziert werden – sondern welche tatsächlich den Arbeitsalltag bestimmen. „Die Unternehmenskultur besteht aus meiner Sicht in der Gesamtheit aller gelebten Werte“, sagt Business Coach Wiebke Schorstein aus Erfurt. „Dazu gehören sichtbare Zeichen wie Kleidungsstil oder Logos“. Aber auch Regeln und Leitsätze sowie Grundannahmen, über die man überhaupt nicht mehr nachdenkt, weil man sie nur unbewusst wahrnimmt. Schorstein nennt Beispiele: Will das Unternehmen nachhaltig wirtschaften oder agiert es maximal gewinnorientiert? Geht der Chef davon aus, dass die Mitarbeiter grundsätzlich faul sind und deshalb motiviert werden müssen? Oder nimmt die Geschäftsführung an, dass jeder Einzelne etwas bewirken will?
Viele Unternehmen setzen heute auf eine sehr junge, moderne Kultur: Hierarchien werden flacher, Mitarbeiter duzen Chefs, strenge Dresscodes werden abgebaut. „Man kann aber nicht grundsätzlich sagen, welche Art von Unternehmenskul- tur gut oder schlecht ist“, sagt Schorstein. „Es gibt Firmen, die sehr hierarchisch oder patriarchalisch organisiert sind und in diesem Stil gut funktionieren.“Schließlich wissen einige Mitarbeiter klare Anweisungen und straffe Hierarchien zu schätzen – andere fühlen sich in einem Start-up mit großem Entscheidungsspielraum wohler. „Wichtig ist, dass die Kultur stimmig ist, auf allen Ebenen gelebt wird und zu den Mitarbeitern und Kunden des Unternehmens passt.“
Nicht nur die oberste Führungsebene kann die Unternehmenskultur gestalten. Die großen Ziele gibt zwar die Geschäftsführung vor, doch jeder Team- oder Abteilungsleiter hat die Möglichkeit, eine eigene Teilkultur aufzubauen. Laura Letschert, Coach für Führungskräfteentwicklung aus Köln, erklärt, dass das tagtägliche Miteinander im Team erst die Kultur für Arbeitnehmer greifbar macht. „Oft helfen schon kleine Rituale wie ein kurzes Meeting jeden Morgen: zehn Minuten, in denen man sich auf den aktuellen Stand bringt und gemeinsam auf den Tag einstimmt.“
Auch die Art, wie im Unternehmen mit Fehlern und Konflikten umgegangen wird, sei entscheidend für die gefühlte Kultur. Hier könne jedes Team durch eine gemeinsame Einstellung und bestimmte Vereinbarungen die eigene Fehlerund Konfliktkultur entwerfen und diese dann leben.
Wichtig dabei: alle Rituale und Abläufe müssen zum Unternehmen und zum jeweiligen Team passen. Nicht jede Abteilung kann mit einem Tischkicker oder bunten Sitzsäcken etwas anfangen – manchmal reicht eine gemeinsame Kaffeerunde am Nachmittag.„Wer erst einmal bei sich selbst und im eigenen Team eine positive Kultur etabliert, hat den wichtigsten Schritt geschafft“, sagt Letschert. „Oft strahlt das auf andere Abteilungen ab und kann auf Dauer eine Wirkung im gesamten Unternehmen entfalten.“
Wer schon als Bewerber erfahren möchte, welche Kultur ihn bei einem Arbeitgeber erwartet, sollte sich nicht nur auf den Eindruck aus sozialen Medien und Bewertungsplattformen verlassen. Es hilft, im Auswahlprozess auf Details zu achten. Bewerber sollten den Mut haben, eigene Forderungen zu stellen.„Schon der Umgang mit Bewerbern sagt viel über ein Unternehmen aus“, sagt Bock.„Wie werde ich empfangen, wie begegnet man mir im Gespräch? Ist es ein Austausch auf Augenhöhe, wie ich ihn mir wünschen würde?“
Um einen besonders guten Einblick zu bekommen, empfiehlt Bock, um einen Rundgang durchs Büro zu bitten. So könne man die Räumlichkeiten kennenlernen. Wird dieser Wunsch abgelehnt, sei dies das auch ein Hinweis darauf, welche Unternehmenskultur einen erwartet.
„Zur Unternehmenskultur gehören auch sichtbare Zeichen wie Kleidungsstil oder
Logos.“
Wiebke Schorstein
Business Coach