Rheinische Post Krefeld Kempen
Krefelder Altbierstollen erobert die Welt
Die weihnachtliche Backspezialität ist inzwischen bis Australien bekannt. Vor elf Jahren wurde die Idee für den Altbierstollen geboren. Sein Rezept ist nach wie vor Geheimsache. Jetzt war Anstich für den Stollen 2018.
Der Hilferuf einer Userin auf der Backseite von Deutschlands größtem Rezepte-Forum fällt ins Auge: „Kennt jemand Bier-Stollen? Mein Mann hat diesen Tipp von einem Arbeitskollegen bekommen.“Im folgenden Chat werden wilde Vermutungen angestellt. Dies sei wohl eine Mixtur aus Schwarzbierlikör, Korn und Kaffeebohnen, andere wiederum vermuten eingebackenen Hopfen und Malz als Rezeptbasis.
Dabei gibt es einen Stollen aus Altbier schon seit elf Jahren, wie Frank Tichelkamp, Marketingleiter der Krefelder Königshof-Brauerei am Dienstag beim offiziellen Anstich des Altbierstollens 2018 erinnerte. Im Jahre 2007 war die Krefelder Brauerei nach ihrer Wiedergründung 2004 vielfachen Kundenwünschen nachgekommen und hatte ihr erstes Bier, Königshofer Altbier, auf den Markt gebracht. Der Forstwalder Bäckermeister Rolf Weißert, Obermeister der Bäckerinnung Krefeld, Viersen, Neuss, hatte dies aus der Zeitung erfahren und im Frühherbst den Kontakt zu Tichelkamp gesucht mit dem Vorschlag, Tichelkamp habe das Bier und er, Weißert, die dazu passende Idee: mal mit dem Königshofer Altbier zu backen. Jahreszeitlich bedingt sollte ein Backversuch mit einem Stollen gemacht werden, dem als einzige Flüssigkeit statt Wasser das Bier zugesetzt werden sollte. Eine gemeinsame Geschmacksprobe sollte entscheiden, ob das Backwerk für markttauglich befunden werden könnte. Da für Tichelkamp die Kunst des Backens eine Art Terra Incognita war, musste Braumeister Georg Schroers dem Obermeister der Bäckerinnung assistieren. Weißert leg- te Früchte für 24 Stunden in Altbier ein, viel zu kurz, wie er heute sagt, verbuk sie zu einem Stollen, lud eine Handvoll Freunde in eine Krefelder Kneipe ein und ließ sie unter reichlicher Bierbegleitung kosten. Lag es am Altbier oder an der genialen Rezeptur des Forstwalder Bäckermeisters? Die Daumen der Freunde gingen nach oben. Damit war der Weg frei für den Krefelder Altbierstollen.
Dieser Stollen ist nur etwas für Erwachsene, da er von der Ursprungsidee her nur imVerein mit einer Flasche Altbier verzehrt werden soll, die die Brauerei dazu stiftet. Der Krefelder Altbierstollen ist kein typisches Weihnachtsgebäck. Der Backtermin für die Weihnachtsstollen liegt einen Monat später als der Altbierstollen, der ab Mitte Oktober gebacken wird.
Jahr für Jahr wird seitdem der erste Altbierstollen im Sudhaus der Königshof-Brauerei vorgestellt, charmant begleitet von der Stollenkönigin der Bäckerinnung. In diesem Jahre fand sich keine Königin. Achselzuckend bemerkte Rolf Weißerts Bruder Holger Weißert, der im Inrath die elterliche Bäckerei führt: „Die Mädels naschen den Stollen immer wieder gerne, sind aber zurückhaltend, wenn sie das alkoholhaltige Backwerk nach außen vertreten sollen.“
Die Rezeptur des Stollens hatWeißert bisher zurückgehalten. Dennoch ist nach all den Jahren ein wenig nach außen gedrungen: Rosinen, Mandeln, Aprikosen, Datteln und Pflaumen müssen 48 Stunden im Altbier ziehen, nur hochwertige Zutaten werden verbacken, der fertige Stollen wird mit einer Mischung aus Farin-Zucker und Cayenne-Pfef- fer überzogen. Die Nachfrage ist mittlerweile stark angewachsen, obwohl der 600-Gramm-Stollen„nicht billig, sondern preisgünstig“ist, wie sein Schöpfer betont.
Der Präsident eines international aufgestellten Ärzteverbandes fand so großen Gefallen an dem gehaltvollen Backwerk, dass sein Verband die Krefelder Spezialität in alle Welt verschickt, auch auf die Südhalbkugel, wo jetzt der Hochsommer beginnt und nur die Weihnachtsmützen der Surfer daran erinnern, dass das Weihnachtsfest naht.