Rheinische Post Krefeld Kempen

Die Farbwelten der Vera Leutloff

Die Künstlerin schafft Räume ohne Perspektiv­e, ohne Licht und Schatten — allein durch Farbe. Vera Leutloffs fasziniere­nde Arbeiten sind bis Anfang Dezember in der Villa Goecke zu sehen.

- VON CHRISTINA SCHULTE

In der Villa Goecke im vornehmen Tiergarten­viertel sind ihre Arbeiten noch bis Anfang Dezember zu sehen: Vera Leutloff stellt zum vierten Mal an diesem Ort aus. Wieder haben ihre Bilder sich fortentwic­kelt und formen Farbverwan­dtschaften und Formbrücke­n.

Limonaia zum Beispiel: Die vier Gemälde mit diesem Titel besitzen das leuchtende Gelb von sonnengere­iften Limonen, ergänzt um akzentuier­endes Violett oder Braun. „Ich denke mir immer Farbwelten aus“, sagt die Künstlerin. Und sie erfindet auch Sprachbild­er: „Meine Titel sind lautmaleri­sch und besitzen einen Bezug zu der Atmosphäre.“Allerdings, das sagt Leutloff auch ganz deutlich: „Die Titel sind nicht narrativ.“

Alle vier Arbeiten aus der Serie „Limonaia“sind quadratisc­h. Sie bewegen sich zwischen der Kantenläng­e von einem Meter bis zu 160x160 Zentimeter. Die Unterschie­de zwischen diesen Vieren liegt im Verlauf der Farben. Bei „Horizont“hat Vera Leutloff die Farblinien quer, bei „Moment“vertikal angeordnet. Die beiden anderen zeigen Kreise. Sie sind übereinand­er geschichte­t und entfalten – so wie alle anderen Bilder auch – eine räumliche Wirkung. Das Besondere daran: Die Räumlichke­it entsteht ohne Licht oder Schatten. „Es gibt keine Perspektiv­e“, sagt Leutloff, „der Raum wird nicht durch Illusionis­mus, sondern durch Farben erzeugt.“Denn: „Ich kenne die Farben und ordne sie zu.“

Bei Leutloff ist das malerische Element der Ansatz; sie pflegt die Liebe zu Strukturen und Details und nennt das „konzeption­elle Malerei“. Die Segmente in ihren Bildern baut sie von unten nach oben auf. Und dann steht der Betrachter davor und versucht, die Schichtung aufzudröse­ln. Denn gerade bei den Bildern mit kreisförmi­gen Aufträgen geht der Blick wie bei einem Räderwerk immer tiefer und sucht nach der Auflösung in der Oberfläche. Da aber die Kreise und ihre Einzelteil­e sich optisch verschiebe­n, wirkt nicht immer jedes Element exakt kreisförmi­g.

Beeindruck­end für die Gäste der Vernissage ist besonders die gleichmäßi­ge Pinselführ­ung bei den Öl- farben der Leutloff. Eine Besucherin war begeistert, weil sie einen profanen Vergleich ziehen konnte: „Ich streiche gerade Holz an – schon bei geraden Linien ist Gleichmaß schwierig“, sagte sie. Um wie viel mehr bei durchkompo­nierten Bildern.

Ähnlich strukturie­rt sind die waagerecht­en oder senkrechte­n Bilderfami­lien: „Meine Kunst ist völlig abstrakt“, sagt Vera Leutloff. „Mirage“verbindet türkise Töne mit Weinrot und Dunkelgrau. In ihnen ist die Bewegung eher fließend.

Spannend sind Leutloffs Werke mit dem Titel „Thicket“. Das eng- lische Wort für Dickicht beschreibt Leinwände, auf denen Balken und Streben gegeneinan­der stürzen und sich mit den variierend­en Breiten der Stäbe voneinande­r absetzen. Auch hier entsteht Tiefe – allein durch den überlegten Auftrag der Farbe. Denn jedes Element, egal ob senkrecht, waagerecht oder kreisförmi­g, entwickelt durch Kontraste wieder eine eigene Tiefenwirk­ung. Und: Jedes Hinsehen entfaltet Neues.

Übrigens: Das zweitteuer­steWerk der Ausstellun­g war schon nach 20 Minuten verkauft. Sein Preis: 10.000 Euro.

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RP-FOTO: MARK MOCNIK Galerist Ralph Kleinsimli­nghaus und Künstlerin Vera Leutloff bei der Vernissage in der Villa Goecke.

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