Rheinische Post Krefeld Kempen
Eine Wählergemeinschaft für Willich
Die drei abtrünnigen SPD-Fraktionsmitglieder Theresa Stoll, Detlev Nicola und Martin Dorgarthen hatten zur Gründung einer Wählergemeinschaft eingeladen. So will man bei den Kommunalwahlen 2020 antreten können.
WILLICH Vom Studenten bis zur Rentnerin – eine recht bunt gemischte Truppe saß im Hinterzimmer der Gaststätte „En de Hött“zusammen, um die Wählergemeinschaft „Für Willich“zu gründen. Immerhin 17 Stimmberechtigte fanden sich (sieben sind notwendig) und machten so den Weg frei für den Gang zum Notar, damit die Gemeinschaft eingetragen werden und das Finanzamt die Steuerbegünstigung der Beiträge feststellen kann. Zufrieden mit der Resonanz zeigten sich die drei Initiatoren von „Für Willich“, Theresa Stoll, Detlev Nicola und Martin Dorgarthen, die mit ihrem Austritt aus der SPD-Fraktion Ende 2017 und der Gründung der Ratsfraktion„FürWillich“den Anfang gemacht hatten.
„Wir haben uns dann die Frage gestellt, wie es weitergehen soll“, erklärte Fraktionsvorsitzender Detlev Nicola den Gästen. Denn damit „FürWillich“bei den nächsten Kommunalwahlen im September 2020 antreten kann, muss eine Wählergemeinschaft gegründet werden. „Wir wollen 2020 mit einer schlagkräftigen Mannschaft antreten“, ergänzte Nicolas Stellvertreterin Theresa Stoll. Auf die Querelen in der Willicher SPD, die zu ihrem Austritt geführt hatten, wollten die drei nicht noch einmal eingehen, auch wenn zwischen den Zeilen der Ärger hier und da doch noch deutlich wurde. Vor allem waren es der Führungsstil und die verkrusteten Strukturen, die die drei Politiker als Grund für ihren Austritt aus der SPD-Fraktion und schließlich auch aus der Partei angegeben hatten. „Die Inhalte sollen bei uns von den Mitgliedern kommen, nicht von uns Initiatoren. Es soll von unten bestimmt werden“, sagte Nicola zur Einführung.
Neben ein paar Familienmitgliedern und Freunden der drei Politi- ker waren auch einige „Neulinge“zur Versammlung gekommen – und diskutierten direkt engagiert mit, machten Anregungen zur Satzung und zum Kurzprogramm der neuen Wählergemeinschaft. Der 66-jährige Reimund Fretschen und der 23-jährige Jonas Dorgarthen erklärten sich zudem spontan bereit, im Vorstand mitzuarbeiten, und wurden zu Beisitzern gewählt. „Ich wollte eigentlich nur mal schauen, was das hier für Leute sind“, sagte Fretschen.
Aus tiefem Ärger über die anderen Parteien ist die Rentnerin Gisela Wallrafen zur Versammlung gekommen. Sie habe ihr Leben lang SPD gewählt, doch damit sei nun Schluss. In Willich ärgere sie die Marktplatz-Baustelle, die gerade für ältere Menschen schwer zu passieren sei. Der 21-jährige Ni- klas Empt aus Schiefbahn möchte gern selbst politisch aktiv werden und auf Missstände hinweisen. Eine Wählergemeinschaft habe den Vorteil, dass sie nicht von bun- des- oder landespolitischen Interessen der Parteien beeinflusst werde, sondern sich ganz konkret auf die Situation am Ort konzentrieren könne.
Nachdem die Satzung (angelehnt an eine Mustersatzung für Wählergemeinschaften) beschlossen war, ging es an die Vorstandwahlen. Detlev Nicola wurde einstimmig zum Vorsitzenden, Theresa Stoll zu seiner Stellvertreterin und Kassenwartin und Martin Dorgarthen zum Geschäftsführer gewählt. Alle betonten, dass sie diese Ämter nach Möglichkeit nur bis zum Jahr 2020 ausüben wollen, weil sie hoffen, dass sich dann jüngere Leute finden. Schon jetzt wurde deutlich, dass in der ersten regulären Mitgliederversammlung im Frühjahr die Zahl der Beisitzer auf vier angehoben werden könnte. Denn auch Detlev Nawrot bekundete Interesse, im Vorstand mitzuwirken, und auch andere Gäste schienen nicht abgeneigt.
Inhaltlich war es bei der Gründungsversammlung naturgemäß noch recht dünn. Zwar wurde ein Kurzprogramm beschlossen, in dem die Stichpunkte „Stärkung des Einzelhandels“, „Konzepte zur verkehrlichen Entlastung der Ortsteile“, Unterstützung der Schullandschaft, sozialer Einrichtungen, des Brauchtums und der Sportvereine stehen. Zudem wurden auf Anregung der Neumitglieder der Umweltschutz, der öffentliche Personennahverkehr sowie die Jugendarbeit aufgenommen. Diese Ziele sollen nun aber in Kürze von den Mitgliedern weiter ausgearbeitet und zu einem Programm erweitert werden.