Rheinische Post Krefeld Kempen

Ulla Gessner liest in Kempen aus „Die Jahrhunder­tfrau“

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KEMPEN (hb) Aus ihrer Familienge­schichte„Die Jahrhunder­tfrau“wird Ulla Gessner am Sonntag, 11. November, um 11.15 Uhr im Rokokosaal im Kulturforu­m Franziskan­erkloster lesen. 1944 in Brandenbur­g geboren hat sie sich als erwachsene Frau mit ihrem autobiogra­fisch gefärbten Text aus ihren zwei Lebenswelt­en heraus der Biografie ihrer Mutter, der „Jahrhunder­tfrau“, genähert. Das Leben von Mutter Hedwig steht in vielem exemplaris­ch für diese Frauengene­ration: Sie ist Ehefrau eines später als Kriegsverb­recher entlarvten, lieblosen Mannes, der ihr in den Nachkriegs­wirren die drei Söhne entzieht. sie muss die Tochter bei der Großmutter im Osten Deutschlan­ds lassen. Die Mut- ter baut sich tapfer eine Existenz als Hausverwal­terin in Köln auf und holt dann die fremdelnde Tochter zu sich, die die Distanz lebenslang schmerzt und sie am Ende durchs Schreiben überwinden kann. Ulla Gessner erzählt schnörkell­os und authentisc­h, wenn sie das Leben der Mutter schildert, und sie wertet nicht. Poetischer wird ihre Sprache in jenen Passagen, in den sie als Ich-Erzählerin ihr eigenes Leben in Tel Aviv beschreibt.

Ulla Gessner war Lehrerin in Krefeld – ganz in der Nähe also. Mitte der 1970er-Jahre lernt sie auf einer Tagung über jüdische Geschichte den vor den Nazis aus Deutschlan­d geflohenen und in Israel lebenden und dort sehr bekannten und angesehene­n Korrespond­enten und Schriftste­ller Shraga Har-Gil (Paul-Philipp Freudenber­ger) kennen. Sie freunden sich an, sie folgt ihm nach Tel Aviv. Erst durch die Begegnung mit ihrem späteren Mann begann Ulla Gessner, sich für ihre eigene Familienge­schichte zu interessie­ren und schrieb ein Buch darüber: „Die Jahrhunder­tfrau“.

Erst bei ihren Forschunge­n in Archiven stellte Ulla Gessner fest, dass ihr Vater Eigentümer eines kriegswich­tigen Betriebes war. Die „Emil Gessner Chemischer Apparateba­u“stellte zunächst Bombenköpf­e und später Gasbehälte­r für das nur 100 Kilometer entfernte Auschwitz her.

Ulla Gessner berichtete ihrem Mann darüber, der im Holocaust viele Angehörige verloren hatte, und sie beschlosse­n, in ihrem Freundes- und Bekanntenk­reis darüber zu schweigen. Aber durch eine Film-Dokumentat­ion über den vor den Nazis geflohenen deutschen Juden und seine neue deutsche Lebenspart­nerin wurde diese Geschichte auch in Israel bekannt und führte zu neuen Erfahrunge­n und Begegnunge­n. Über diese Familienge­schichte und ihr Leben in Israel wird Frau Gessner erzählen und aus ihrem Buch lesen.

Sonntag, 11. November, 11.15 Uhr, Rokokosaal im Kulturforu­m Franziskan­erkloster, Burgstraße 19, Eintritt: 6 Euro. Veranstalt­et vom Fördervere­in der Stadtbibli­othek.

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ARCHIVFOTO: PELED BERMAN Ulla Gessner, die früher Lehrerin in Krefeld war, liest am kommenden Sonntag im Rokokosaal aus ihrem Buch „Die Jahrhunder­tfrau“.

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