Rheinische Post Krefeld Kempen
Lieber Tommi Schmitt,
Sie haben im Gespräch mit Felix Lobrecht gesagt, es gebe nichts Altehrwürdiges in Krefeld. Erlauben Sie mir, dass ich Ihnen die Stadt erkläre.
„Geld ist da“. Ich glaube ihm mittlerweile: Wo ein politischer Wille ist, ist auch Geld. Düsseldorf zum Beispiel hätte nie den Rheinufertunnel zu bauen begonnen und sich selbst eine zauberhafte Rheinpromenade geschenkt, wenn die Leute im Rat zu viel auf die Zahlen geguckt hätten. Bei solchen Summen fällt natürlich jeder Normalo-Kommunalpolitiker sofort in Ohnmacht. Nein, die hatten vor allem eine Vision. Und dann galt Fabels Gesetz: Geld ist da.
In Krefeld fehlt es eher an Visionen und an Willen als an Geld. Dabei ist eine Packung Tristesse wie die Philadelphiastraße nicht nur für die Anwohner dumm, sondern für die ganze Stadt: Da fahren jeden Tag Tausende Autofahrer vorbei und sehen einen Straßenzug, dem man inbrünstig die Abrissbirne wünscht. So etwas färbt unter der Oberfläche leider auch ab auf das Image einer Stadt.
Dabei ist Krefeld alles andere als nur hässlich. Es gibt wunderbare Bauten; es gibt wunderbare Plätze, es gibt, wie man so schön sagt, jede Menge Potenzial. Gehen Sie mal an einem Samstag über den Stadtmarkt hier mitten in der City. Ich sage Ihnen: Da wird an einem Sommerabend mehr Weißwein getrunken als in einem ganzen Sommer in Paris! Die Leute hier gieren nach städtischem Leben; und wo immer es sich ihnen bietet, ist die Pulle Prosecco nicht weit. Es gibt natürlich die lebenslustige, die feierfrohe, die flaneurselige Seite Krefelds samt Bauten, Restaurants, Cafés, Museen und einem Theater, das die Leute herzinniglich lieben, selbst wenn eine Inszenierung mal Schrott ist.
Ach Tommi Schmitt, Krefeld ist doch eine Reise wert. Krefeld ist dabei, sich neu zu erfinden. Das Heroinweberhaus wird bald abgerissen. Es gibt, wie seit einer Pressekonferenz mit der SPD klar ist, im Rat eine überwältigende Mehrheit für einen Neuanfang auf dem Theaterplatz. Vielleicht schauen Sie doch mal in Ruhe vorbei, und wir trinken am Stadtmarkt einen Weißwein zusammen, falls wir einen Platz kriegen. Heimatstädte, lieber Tommi Schmitt, sind wie Kumpel: Ohne sie ist man ein armer Hund; es ist wichtig, sie zu haben, zu fühlen, auch wenn sie abgewetzte Schuhe tragen und das Jackett etwas marode ist. Krefeld ist gerade dabei, sich neu einzukleiden.
Alles Gute für Sie.
Es grüßt Sie herzlich
Ihr