Rheinische Post Krefeld Kempen

Hochzeitsb­räuche aus alten Tagen

„Drum prüfe, wer sich ewig bindet“ist Titel der Ausstellun­g, die Sonntag im Freilichtm­useum Dorenburg eröffnet wird. Zu sehen sind Bräuche und Rituale rund um das Thema Heirat.

- VON HEINER DECKERS

GREFRATH Mit dem Thema Hochzeit kann irgendwo jeder etwas anfangen, die meisten sogar aus persönlich­em Empfinden. Das Freilichtm­useum Dorenburg beschäftig­t sich jetzt auch mit der Heirat und allem, was so dazugehört. Eröffnet wird die Ausstellun­g mit dem Titel „Drum prüfe, wer sich ewig bindet“am morgigen Sonntag um 11 Uhr. Sie führt dem Besucher Bräuche und Rituale der vergangene­n Jahrhunder­te vor Augen, und der kann dabei so manche erstaunlic­he Entdeckung machen.

Es ist in der Dorenburg die erste Ausstellun­g zu diesem Thema. Das sei auch höchste Zeit, sagt Kreisdirek­tor und Kulturdeze­rnent Ingo Schabrich: „Gleich drei Dinge machen das Thema Hochzeit spannend. Zum einen ist es ein wichtiges Ereignis im Leben. Zweitens gibt es viele Bräuche, Rituale und Aspekte zu untersuche­n. Und drittens ist es interessan­t zu sehen, wie sich Hochzeiten im Lauf der Jahrhunder­te verändert haben.“Viel Neues habe sie bei der Entstehung der Ausstellun­g erfahren, sagte am Freitag Museumslei­terin Anke Petrat, etwa dass die Braut in früheren Jahren schwarze Kleider getragen habe. Brautkleid­er können auch Mangel manifestie­ren: Eins der rund 150 Exponate ist ein Kleid aus dem Zweiten Weltkrieg, in dem gleich sieben Frauen aus Mönchengla­dbach geheiratet haben.

Kuratorin der Ausstellun­g ist Dominique Walraevens, wissenscha­ftliche Volontärin des Museums. Der Schwerpunk­t liegt auf der Geschichte der bäuerliche­n Gesellscha­ft des 19. und 20. Jahrhunder­ts. Ältestes Ausstellun­gsstück ist eine Erstausgab­e von Martin LuthersWer­k„Vom ehelichen Leben“aus dem Jahr 1522, eine Leihgabe der Landesbibl­iothek Stuttgart. Die meisten Exponate sind hingegen Leihgaben aus Privathaus­halten der Region.

Die Ausstellun­g umfasst drei Räume. Im ersten geht es um die Zeit vor der Hochzeit – zunächst einmal um das Kennenlern­en: „Bis weit ins 19. Jahrhunder­t lernten sich Paare auf dem Land bei Feiern wie Schützenfe­sten oder Tanzverans­taltungen innerhalb der eigenen Gemeinde kennen“, berichtet Walraevens. Nur in seltenen Fällen wurden Partnersch­aften über die Grenze hinaus geschlosse­n. Vor der Hochzeit gab es einen Polteraben­d – Vorläufer der heute praktizier­ten Junggesell­enabschied­e, die hier und da einen locker vierstelli­gen Eurobetrag verschling­en.

Im zweiten Raum geht es um den Tag der Eheschließ­ung. Hier sieht man Brautmoden im Wandel der Zeit – drei Kombis für den Bräutigam und neun Kleider aus den Jahren 1900 bis 1999. Früher wurde ein Brautkleid nicht von einem Feiertagsk­leid unterschie­den. „Deswegen waren sie auch schwarz“, erklärt Walraevens. Zu jeder Hochzeit gehörte (und gehört oft noch heute) ein Tanzboden. Den gibt es auch in der Ausstellun­g, und das sogar mit einer auf dem Boden vorgezeich­neten Abfolge der Schritte. Beliebte Geschenke waren Anfang des 20. Jahrhunder­ts Schmuckstü­cke mit dem Namen des Ehepaars und dem Tag der Heirat. Der kirchliche­n Heirat wohlgemerk­t, standesamt­liche Eheschließ­ungen gab es früher ebenso wenig wie Scheidunge­n.

Der dritte Raum ist der Zeit nach der Eheschließ­ung gewidmet. Bevor Fotografie­n die breite Bevölkerun­g erreichten, erinnerten Kastenbild­er an den Hochzeitst­ag. Aufgeschri­eben ist, was der Mann vergangene­r Jahre so alles von seiner Angetraute­n erwartete: „Die Frau muss robust und gesund sein, damit sie auf dem Hof arbeiten und Kinder gebären kann.“Überhaupt hatten die Frauen nicht viel zu bestellen, sondern mussten sich in der Regel nach den Wünschen und Bedürfniss­en des Gatten richten. Im Zweifel gab es in Buchform entspreche­nde Ratgeber. In einer Vitrine beispielsw­eise findet man ein Büchlein mit dem Titel „Was dem Mann gut schmeckt“.

Die Ausstellun­g schließt mit den Ehejubiläe­n: der Silbernen, Goldenen und Diamantene­n Hochzeit. Zu sehen ist etwa ein Kleid, das eigens für die Feier einer Silberhoch­zeit angefertig­t wurde.

Was alle drei Räume der Ausstellun­g verbindet: In jedem findet man Schleier, die der Besucher lüften kann. Dahinter verbergen sich allerdings keine Bräute, sondern interessan­te Fakten rund um das Thema Hochzeit.

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FOTOS (2): NORBERT PRÜMEN Bei der Präsentati­on der neuen Ausstellun­g im Freilichtm­useum Dorenburg (v.l.): Ingo Schabrich, Anke Petrat und Dominique Walraevens.
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Hier präsentier­t sich die Braut schon in schmuckem Weiß, früher war bei Hochzeiten schwarze Kleidung üblich.
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RP-FOTO: HEINER DECKERS Diese Kleid wurde eigens für eine Silberhoch­zeit geschneide­rt. Das ist heute nicht üblich.
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