Rheinische Post Krefeld Kempen
Männer für gewisse Stunden
In der vordergründig heiteren Vox-Serie „Milk & Honey“starten Freunde einen Escortservice.
POTSDAM Ein Mann kehrt nach einigen Jahren in der Fremde in seine brandenburgische Heimat zurück und entdeckt mit drei Freunden eine Marktlücke: In der spärlich besiedelten Gegend gibt es offenbar eine Menge sexuell unterforderte attraktive Frauen:„Milk & Honey“, ist nach „Club der roten Bänder“die zweite eigenproduzierte Serie von Vox. Die zehnteilige und jeweils in Doppelfolgen ausgestrahlte Serie basiert auf einer israelischen Vorlage. Das Licht erinnert mit seiner Sonnenuntergangsstimmung an den Look früherer Vorabendserien im ZDF, doch spätestens die beinahe betont unerotischen Sexszenen in den Folgen drei und vier verdeutlichen, dass „Milk & Honey“kein Familienfernsehen ist.
Blickfang sind natürlich die vier Männer. Das gilt vor allem für den athletischen Nik Xhelilaj. Er stammt aus Tirana, ist vor Jahren als Titeldarsteller in „Der Albaner“(2010) für den deutschen Film entdeckt und damals als „European Shooting Star“geehrt worden, aber seine größte Rolle durfte er gleich dreimal spielen: alsWinnetou in dem gleichnamigen RTL-Dreiteiler (2016).
Hauptdarsteller ist jedoch Artjom Gilz. Er spielt Heimkehrer Johnny, der eineWeile in China war und sich nach dem Tod des Vaters um seine Teenager-Schwester Charlie (Marlene Tanczik) kümmern muss. Die Im- kerei, die der Vater geführt hat, wirft schon lange nicht mehr genug Geld ab. Arian (Xhelilaj), theoretisch für die Bienen zuständig, betreibt deshalb ein florierendes Nebengewerbe. Johnny kommt ihm auf die Schliche, als eine attraktive Kundin ihn zur „Spezialverkostung“nach Hause bestellt und am nächsten Morgen ein Umschlag mit 120 Euro neben dem Frühstückskaffee liegt. Als die Geldsorgen zu groß werden, überredet er seine beiden alten Freunde Kobi und Michi (Deniz Arora, Nils Dörgeloh), mit ihm als Stripper auf- zutreten. Ihr erster Job beim Junggesellinnenabschied ist zwar noch etwas unbeholfen, aber die Damen sind begeistert.
Das lässt sich gut anschauen und wäre wenig der Rede wert, wenn sich die Serie nicht im weiteren Verlauf wandeln würde. Die kluge Konzeption zeigt sich erst nach mehreren Folgen: Die Drehbücher setzen immer wieder neue Themen und sorgen auf diese Weise regelmäßig für übergreifende Handlungsbögen, weshalb jede Episode die Neugier auf die Fortsetzung weckt.
Die Männer in „Milk & Honey“machen die Erfahrung, dass Sex auch ganz schön anstrengend sein kann. Was heiter und zwanglos beginnt, baut mit zunehmender Dauer Konfliktpotenzial auf. Die Geschichten werden erwachsener. Diverse Entwicklungen könnten jederzeit ins Drama umschlagen, was ihnen eine reizvolle Spannung gibt. Entdeckung der Serie ist Marlene Tanczik als Charlie, die sich kurzerhand zur Managerin des Quartetts erklärt hat.
„Milk & Honey“, Vox, 21.15 Uhr