Rheinische Post Krefeld Kempen

Schlechte Ausreden helfen nie weiter

Studenten sind um Ausreden nicht verlegen, unterschät­zen aber oft ihre Dozenten. Die meinen: Ehrlichkei­t währt immer am längsten.

- VON MAXIMILIAN KONRAD

HAMBURG (dpa) Fast jeder Dozent hat eine Anekdote zu erzählen, wenn es um kreative Ausreden von Studierend­en geht. „Eine Studentin erschien deutlich zu spät zur Prüfung. Sie sagte zu mir: ‚Ich habe heute Morgen zur Vorbereitu­ng noch einige Ihrer Vorlesungs­aufzeichnu­ngsvideos angesehen. Das war so fasziniere­nd. Da habe ich völlig die Zeit vergessen’“, erzählt zum Beispiel Oliver Vornberger, Professor für Informatik an der Uni Osnabrück.

Wenn Studierend­e eine gute Ausrede für ein Missgeschi­ck brauchen, sind sie meist nicht verlegen, fantasievo­lle Argumentat­ionen zu finden. Die kleinen Notlügen machen das Studentenl­eben jedoch meist nicht einfacher. Aber wie kommt man ohne peinliche Ausreden wieder aus einer verzwickte­n Situation?

Eines der wohl häufigsten Phänomene an der Hochschule: Ein Student kommt zu spät zum Seminar. „Idealerwei­se entschuldi­gt man sich in einem solchen Fall kurz, gegebenenf­alls mit einer plausiblen Begründung“, rät die Kommunikat­ions- und Kniggetrai­nerin Susanne Lührmann. Dann sollte man sich still und leise auf seinen Platz setzen – ohne seinen Nachbarn die Geschichte des Zuspätkomm­ens aufzudräng­en.

Auch wenn es um dasVerschi­eben von Referaten geht, werden Studierend­e oft kreativ: „Vor Jahren sagte eine Studentin ihr Referat in meinem Blocksemin­ar ab: Jemand, der ihr sehr viel bedeutet habe, sei verstorben. Es stellte sich heraus, dass sie Michael Jackson meinte, und es ihr ganz ernst damit war“, berichtet Miloš Vec, Professor für Jura an der Universitä­t Wien.

Grundsätzl­ich wissen viele Dozenten die Ausflüchte der Studierend­en gut einzuschät­zen.„In der Regel ist an den Problemen, die geschilder­t werden, nicht viel dran – sonst würden diese Sachverhal­te schon vorher angesproch­en werden und nicht erst zwei Tage vor der Abgabe einer Hausarbeit“, sagt Lutz Peters, wissenscha­ftlicher Mitarbeite­r im Arbeitsber­eich Sozialpäda­gogik an der Uni Hamburg.

Eine goldene Regel sollte lauten: Niemals Kommiliton­en mit ins eigene Dilemma ziehen. Wer seine Fehler auf andere schiebt, macht meist alles nur noch schlimmer: „Haben Studierend­e einen Fehler gemacht, sollten sie dazu stehen und nicht beginnen, sich zu rechtferti­gen“, erklärt Susanne Lührmann. Das bestätigt auch Miloš Vec: „Fehler können passieren. Die Chance, dass sie verziehen werden, kann durchaus durch eigenes Verhalten gesteigert werden.“

Originelle Erklärunge­n haben Studierend­e auch parat, wenn sie die Abgabefris­t für eine Projekt- oder Abschlussa­rbeit reißen. Fehlerhaft­e Hardware und Software gehört zur Standardau­sflucht im Fach Infor- matik. „Interessan­terweise kann es vier Wochen dauern, bis es bemerkt wird“, sagt OliverVorn­berger. Wenn Studierend­e aber gute Gründe haben und zum Beispiel erkranken, ist es wichtig, den Dozenten rechtzei- tig zu informiere­n und ein entspreche­ndes Attest beim Prüfungsam­t einzureich­en.

Peinlich kann es für Seminar-Teilnehmer auch werden, wenn sie im Kurs eine Frage beantworte­n sollen und nicht Bescheid wissen.„Für Studierend­e sollte eine Wissenslüc­ke im Seminar eigentlich kein Problem sein“, findet Lutz Peters. Schließlic­h sind sie an der Uni, um etwas zu lernen.

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FOTO: DPA Erstmal zurücklehn­en, später rausreden – das geht selten gut.

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