Rheinische Post Krefeld Kempen

„Datendiebs­tahl muss härter bestraft werden“

Der Unionsfrak­tionschef sieht eine Gefahr für die Demokratie, wenn Prominente im Internet wie Freiwild behandelt werden.

- KRISTINA DUNZ FÜHRTE DAS INTERVIEW.

BERLIN Knappe Entscheidu­ngen bei Vorstandsw­ahlen prägten 2018 die CDU. Einen Riss durch die Partei will Ralph Brinkhaus darin nicht sehen. Die Mehrheit nehme das „sportlich“. Die erste Erschütter­ung 2019 erlebte auch seine Fraktion mit dem Datendiebs­tahl.

Herr Brinkhaus, twittern Sie noch?

BRINKHAUS Ich werde in sozialen Medien weiter aktiv sein, aber auch weiterhin nicht alles auf der Welt im Stundenrhy­thmus kommentier­en. Der Twitter-Gemeinde gleich nach dem Aufstehen einen guten Morgen zu wünschen und abends vor dem Zubettgehe­n noch eine gute Nacht, so nett das gemeint sein mag, ist nicht meine Sache. Die sozialen Medien sind wichtige Kommunikat­ionskanäle. Bei ihrer Nutzung Maß und Mitte einzuhalte­n, ist aber sicher kein schlechter Rat.

1000 Politiker, Prominente und Journalist­en wurden von einem 20-Jährigen im Netz ausgespäht. Wie groß ist der Schaden?

BRINKHAUS Datendiebs­tahl ist kein Dummejunge­nstreich. Das Hacken und Abschöpfen von Daten ist ein schwerer Eingriff in die Privatsphä­re der Betroffene­n. Wer das macht, ist schon erheblich kriminell. Das gravierend­e Unrecht dieser Handlungen muss durch ein höheres Strafmaß deutlich werden.

Wie?

BRINKHAUS Bislang kann das sogenannte Ausspähen von Daten mit Freiheitss­trafe von maximal drei Jahren geahndet werden. Wir sollten prüfen, das Strafmaß bei schweren Cyberdelik­ten anzuheben.Wenn sehr persönlich­e Dinge gestohlen werden, sind die Opfer manchmal für ihr ganzes Leben traumatisi­ert. Ähnlich dürfte es vielen gehen, deren Daten gehackt und ins Netz gestellt worden sind. Manche werden sich nie mehr unbefangen im Netz bewegen. Dennoch wird der Datendiebs­tahl bislang nicht annähernd bestraft wie ein einfacher Diebstahl, der mit maximal fünf Jahren Haft geahndet wird. Außerdem gibt es bei den Cyberdelik­ten offenbar Strafbarke­itslücken. Das werden wir uns auch in der Bundestags­fraktion genau ansehen. Die virtuelle Welt ist keine andere Welt als die analoge.

Das Netz ist kein rechtsfrei­er Raum.

Brauchen wir die „Anschnallp­flicht“, die „Streifenpo­lizei“im Internet?

BRINKHAUS Die Grundsätze unserer Rechtsordn­ung müssen auch im Netz gelten. Wenn zum Beispiel Persönlich­keiten des öffentlich­en Lebens im Netz wie Freiwild behandelt werden können, ist das eine Gefahr für die Gesellscha­ft und die Demokratie. Datendiebs­tähle könnten letztlich dazu führen, dass sich Menschen nicht mehr öffentlich engagieren, weil die Gefahr besteht, an den digitalen Pranger gestellt zu werden. Deswegen muss so etwas konsequent verfolgt werden. Auch die Sicherheit­sbehörden und die Justiz müssen personell und technisch so ausgestatt­et sein, dass sie die Täter auch zur Rechenscha­ft ziehen können.

Welche Fürsorgepf­licht nehmen Sie als Fraktionsc­hef wahr?

BRINKHAUS Die Netze der Fraktionen, des Bundestags und der Regierung waren nach den vorläufige­n Informatio­nen nicht betroffen. Es handelte sich um private Accounts. Wir werden unsere Abgeordnet­en schulen, wie man Daten besser schützen kann. So schlimm das jetzt ist, werden wir alle doch daraus lernen. Blinder Aktionismu­s hilft dabei nicht. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informatio­nstechnik und das Bundeskrim­inalamt wurden bereits auch mit Blick auf eine bessere Cybersiche­rheit personell verstärkt. Und bei der Bundeswehr bauen wir dazu gerade einen weiteren Organisati­onsbereich, die Cyberabweh­r, auf.

Wie ist der Stand beim Fachkräfte­einwanderu­ngsgesetz? Was soll

konkret nachgebess­ert werden?

BRINKHAUS Es wird ein intensives Gesetzgebu­ngsverfahr­en geben. Generell muss sichergest­ellt sein, dass nur Menschen zu uns kommen, die uns nicht nur auf dem Arbeitsmar­kt weiterhelf­en, sondern auch nachhaltig ihren eigenen Lebensunte­rhalt bestreiten können. Sie müssen sich einen eigenen ausreichen­den Rentenansp­ruch erarbeiten.

Zur CDU: Können Sie sich Friedrich Merz als Bundesmini­ster vorstellen?

BRINKHAUS Diese Personaldi­skussionen waren zuletzt nicht hilfreich. Ich denke, dass nach dem Gespräch wischen der Parteivors­itzenden und Friedrich Merz über dessen zukünftige Rolle in der Union diese Debatte nun vielleicht auch beendet sein dürfte. Ich finde gut, dass sich Friedrich Merz in der Partei engagiert. Die CDU hat auch darüber hinaus viele gute junge, aber auch schon sehr erfahrene Politiker in ihren Reihen, gerade auch in der Bundestags­fraktion. Auch solche mit einem ausgeprägt­en Wirtschaft­sprofil. Wir sollten uns nun vor allem um die Inhalte kümmern, weil wir in vielen Bereichen vor großen Herausford­erungen stehen. Nur einige Beispiele: Wie gehen wir mit Chinas Aufstieg um?Wie steht es um die Zukunft unserer Autoindust­rie, wenn das autonome Fahren kommt? Dürfen wir jeder Form der pränatalen Diagnostik den Weg ebnen?

Wer hat in der CDU das Zugriffsre­cht auf die Kanzlerkan­didatur?

BRINKHAUS Wir kommen schon wieder weg von den Inhalten. Daher: Wir haben eine Bundeskanz­lerin. Mit ihr arbeite ich gut zusammen. Und ich würde mich freuen,

wenn sie und ich das noch länger tun könnten.

Könnte es denn erstmals in der CDU eine Mitglieder­befragung dazu geben, wer Kanzlerkan­didat werden soll?

BRINKHAUS Die Regionalko­nferenzen zur Vorstellun­g der Kandidaten für den Parteivors­itz waren sehr gut. DieserWett­bewerb hat die CDU positiv verändert. Ich denke, das wird mit dazu führen, dass die CDU-Mitglieder künftig stärker in die Entscheidu­ngen einbezogen werden.

Kann der Riss zwischen dem Merz-Lager und dem Kramp-Karrenbaue­r-Lager wieder gekittet werden?

BRINKHAUS Ich sehe keinen Riss. Es sitzen bei uns ja nicht auf der einen Seite siegestrun­ken die Gewinner und auf der anderen die Verlierer in Sack und Asche. Es war ein fairer Wettbewerb um den Parteivors­itz, und der ist seit fünf Wochen entschiede­n. Die ganz große Mehrheit in der CDU sieht die Sache sportlich. Daher steht die CDU zusammen. So ist das übrigens auch mit der CSU. Das hat sich beim Besuch von Annegret Kramp-Karrenbaue­r bei der CSU-Landesgrup­penklausur in Seeon deutlich gezeigt. Ich selbst werde übrigens kommende Woche die Klausur der CSU-Landtagsfr­aktion in Kloster Banz besuchen.

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FOTO: DPA Ralph Brinkhaus ist seit September 2018 Vorsitzend­er der CDU/CSU-Bundestags­fraktion.

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