Rheinische Post Krefeld Kempen
Schnee ohne Ende
Auch die Bundeswehr hilft im Kampf gegen die Schneemassen. Und neue Unwetter sind in Sicht.
Das heftige Winterwetter macht vielen Menschen in Bayern, Österreich und der Schweiz weiterhin schwer zu schaffen. Die wichtigsten Aspekte im Überblick.
Wie ist die allgemeine Situation?
Nach wie vor angespannt, obwohl es am Freitag weniger geschneit hat. Mehr als 1000 Helfer waren laut Behörden am Freitag in den südlichen Landkreisen von Oberbayern im Einsatz. Das Landratsamt Garmisch-Partenkirchen rief am Freitagvormittag den Katastrophenalarm aus. Für die oberbayerischen Landkreise Miesbach, Bad Tölz-Wolfratshausen, Traunstein und Teile des Berchtesgadener Lands galt bereits der Katastrophenalarm. Etliche zuvor abgeschnittene Orte waren – teils vorübergehend – wieder erreichbar, etwa die Ortsteile Vorderbrand und Buchenhöhe in Berchtesgaden und die Gemeinde Hohentauern in Österreich.
Was ist das Hauptproblem?
Vor allem die Schneelast auf den Dächern, sagt Stefan Neiber vom Landratsamt Berchtesgadener Land. Rund 700 Kräfte von Freiwilligen Feuerwehren, Polizei, Technischem Hilfswerk, Bergwacht und Bundeswehr räumen derzeit in der Region so viele Dächer, wie sie schaffen. Etwa 450 Gebäude sind bedroht. Daneben geht es darum, Verkehrswege freizubekommen und die Lawinengefahr durch Sprengungen zu minimieren. „Die Versorgung der schlecht erreichbaren Ortsteile ist gesichert, auch dank Hilfe der Bundeswehr“, sagt Neiber. Die Bundeswehr ist auch mit Hubschraubern im Einsatz, um durch den von den Rotoren erzeugten Wind Bäume von der Schneelast zu befreien.
Wie steht es um die Lawinengefahr?
Nach Einschätzung von Experten sank die Lawinengefahr in weiten Teilen der bayerischen Alpen. Für Freitag stufte der Lawinenwarndienst Bayern in München die Gefahr nur noch für die Berchtesgadener Alpen als groß (Stufe 4) ein, das ist die zweithöchste von fünf Gefahrenstufen. Für den übrigen Alpenraum gelte erhebliche Gefahr, also Warnstufe 3. Auch in weiten Teilen Österreichs ging die Lawinengefahr leicht zurück. In den am stärksten vom enormen Schneefall der vergangenen Tage betroffenen Gebieten galt am Freitag zumeist die Warnstufe 4. Im freien Gelände bleibt es aber dennoch äußerst gefährlich, wie unter anderem das Land Salzburg deutlich machte.„Der Schneedeckenaufbau ist extrem labil, und Lawinen können ganz leicht ausgelöst werden“, sagte Michael Butschek vom Lawinenwarndienst Salzburg laut Mitteilung. „Wir raten dringend von Fahrten im freien Gelände ab.“
Wie hoch liegt der Schnee?
Derzeit liegen auf 1500 Metern zwischen anderthalb bis zweieinhalb Metern Schnee. Im Fichtelgebirge seien es 30 Zentimeter, im Bayerischen Wald 70, sagte Wolz. Im Alpenvorland auf Höhe München bis zum Inn seien es 10 bis 30 Zentimeter, im Süden der Landeshauptstadt schon doppelt so viel.
Gab es spezielle Rettungsaktionen?
Das österreichische Bundesheer hat eine große Schülergruppe aus dem Ruhrgebiet mit zwei Hubschraubern von einer Alm ausgeflogen. Die Gruppe mit insgesamt 66 Menschen habe seit Samstag im Hochberghaus in Grünau im Almtal festgesessen, sagte BürgermeisterWolfgang Bammer. Die Jugendlichen aus Witten waren für einen Skikurs nach Oberösterreich gereist. Wegen der großen Lawinengefahr und der dadurch geschlossenen Lifte konnten sie aber letztlich nicht auf die Pisten. Bei dem abenteuerlichen Aufenthalt seien nach einigen Tagen Handy und Fernsehen nicht mehr verfügbar gewesen, sagte Bammer. „Endlich mal ohne Netz, so sitzen wir ku- schelig bei Gesellschaftsspielen und Candlelight“, schreiben die Schüler auf der Homepage ihrer Schule.
Wie ist die Lage für Touristen?
Unterschiedlich. Teils sind wie im Berchtesgadener Land streckenweise Pisten und Loipen gesperrt, teils funktioniert der Wintersportbetrieb wie im Salzburger Land meist reibungslos. Allein im Salzburger Land rechnet der Tourismusverband am Wochenende mit zirka 200.000 Gästebewegungen. Pech hat, wer wegen der Lawinengefahr und geschlossener Lifte nicht auf die Skipiste kann. Skigebiete und Liftbetreiber schließen eine Erstattung wegen schlechten Wetters in der Regel aus. Zudem ist das Wetter kein Entschuldigungs- rund, nicht rechtzeitig wieder am Arbeitsplatz zu sein.
Wie sind die Aussichten?
In der Nacht zum Sonntag komme eine sehr komplexe Wetterlage auf den Freistaat zu, sagte der Leiter der Regionalen Wetterberatung München des DWD, Guido Wolz. Massive Tiefausläufer bringen der Prognose zufolge kräftigen Schneefall in den Alpenraum und den Bayerischen Wald. Im Tagesverlauf könne die Schneefallgrenze auf 1200 Meter ansteigen, darunter wird es also regnen. Die Gefahr wegen Schneemassen auf Dächern werde damit ansteigen. „Wenn es da rein regnet, wird das Gewicht noch mal erheblich zunehmen.“(
mit dpa)