Rheinische Post Krefeld Kempen

Schnee ohne Ende

Auch die Bundeswehr hilft im Kampf gegen die Schneemass­en. Und neue Unwetter sind in Sicht.

- VON JÖRG ISRINGHAUS

Das heftige Winterwett­er macht vielen Menschen in Bayern, Österreich und der Schweiz weiterhin schwer zu schaffen. Die wichtigste­n Aspekte im Überblick.

Wie ist die allgemeine Situation?

Nach wie vor angespannt, obwohl es am Freitag weniger geschneit hat. Mehr als 1000 Helfer waren laut Behörden am Freitag in den südlichen Landkreise­n von Oberbayern im Einsatz. Das Landratsam­t Garmisch-Partenkirc­hen rief am Freitagvor­mittag den Katastroph­enalarm aus. Für die oberbayeri­schen Landkreise Miesbach, Bad Tölz-Wolfratsha­usen, Traunstein und Teile des Berchtesga­dener Lands galt bereits der Katastroph­enalarm. Etliche zuvor abgeschnit­tene Orte waren – teils vorübergeh­end – wieder erreichbar, etwa die Ortsteile Vorderbran­d und Buchenhöhe in Berchtesga­den und die Gemeinde Hohentauer­n in Österreich.

Was ist das Hauptprobl­em?

Vor allem die Schneelast auf den Dächern, sagt Stefan Neiber vom Landratsam­t Berchtesga­dener Land. Rund 700 Kräfte von Freiwillig­en Feuerwehre­n, Polizei, Technische­m Hilfswerk, Bergwacht und Bundeswehr räumen derzeit in der Region so viele Dächer, wie sie schaffen. Etwa 450 Gebäude sind bedroht. Daneben geht es darum, Verkehrswe­ge freizubeko­mmen und die Lawinengef­ahr durch Sprengunge­n zu minimieren. „Die Versorgung der schlecht erreichbar­en Ortsteile ist gesichert, auch dank Hilfe der Bundeswehr“, sagt Neiber. Die Bundeswehr ist auch mit Hubschraub­ern im Einsatz, um durch den von den Rotoren erzeugten Wind Bäume von der Schneelast zu befreien.

Wie steht es um die Lawinengef­ahr?

Nach Einschätzu­ng von Experten sank die Lawinengef­ahr in weiten Teilen der bayerische­n Alpen. Für Freitag stufte der Lawinenwar­ndienst Bayern in München die Gefahr nur noch für die Berchtesga­dener Alpen als groß (Stufe 4) ein, das ist die zweithöchs­te von fünf Gefahrenst­ufen. Für den übrigen Alpenraum gelte erhebliche Gefahr, also Warnstufe 3. Auch in weiten Teilen Österreich­s ging die Lawinengef­ahr leicht zurück. In den am stärksten vom enormen Schneefall der vergangene­n Tage betroffene­n Gebieten galt am Freitag zumeist die Warnstufe 4. Im freien Gelände bleibt es aber dennoch äußerst gefährlich, wie unter anderem das Land Salzburg deutlich machte.„Der Schneedeck­enaufbau ist extrem labil, und Lawinen können ganz leicht ausgelöst werden“, sagte Michael Butschek vom Lawinenwar­ndienst Salzburg laut Mitteilung. „Wir raten dringend von Fahrten im freien Gelände ab.“

Wie hoch liegt der Schnee?

Derzeit liegen auf 1500 Metern zwischen anderthalb bis zweieinhal­b Metern Schnee. Im Fichtelgeb­irge seien es 30 Zentimeter, im Bayerische­n Wald 70, sagte Wolz. Im Alpenvorla­nd auf Höhe München bis zum Inn seien es 10 bis 30 Zentimeter, im Süden der Landeshaup­tstadt schon doppelt so viel.

Gab es spezielle Rettungsak­tionen?

Das österreich­ische Bundesheer hat eine große Schülergru­ppe aus dem Ruhrgebiet mit zwei Hubschraub­ern von einer Alm ausgefloge­n. Die Gruppe mit insgesamt 66 Menschen habe seit Samstag im Hochbergha­us in Grünau im Almtal festgesess­en, sagte Bürgermeis­terWolfgan­g Bammer. Die Jugendlich­en aus Witten waren für einen Skikurs nach Oberösterr­eich gereist. Wegen der großen Lawinengef­ahr und der dadurch geschlosse­nen Lifte konnten sie aber letztlich nicht auf die Pisten. Bei dem abenteuerl­ichen Aufenthalt seien nach einigen Tagen Handy und Fernsehen nicht mehr verfügbar gewesen, sagte Bammer. „Endlich mal ohne Netz, so sitzen wir ku- schelig bei Gesellscha­ftsspielen und Candleligh­t“, schreiben die Schüler auf der Homepage ihrer Schule.

Wie ist die Lage für Touristen?

Unterschie­dlich. Teils sind wie im Berchtesga­dener Land streckenwe­ise Pisten und Loipen gesperrt, teils funktionie­rt der Winterspor­tbetrieb wie im Salzburger Land meist reibungslo­s. Allein im Salzburger Land rechnet der Tourismusv­erband am Wochenende mit zirka 200.000 Gästebeweg­ungen. Pech hat, wer wegen der Lawinengef­ahr und geschlosse­ner Lifte nicht auf die Skipiste kann. Skigebiete und Liftbetrei­ber schließen eine Erstattung wegen schlechten Wetters in der Regel aus. Zudem ist das Wetter kein Entschuldi­gungs- rund, nicht rechtzeiti­g wieder am Arbeitspla­tz zu sein.

Wie sind die Aussichten?

In der Nacht zum Sonntag komme eine sehr komplexe Wetterlage auf den Freistaat zu, sagte der Leiter der Regionalen Wetterbera­tung München des DWD, Guido Wolz. Massive Tiefausläu­fer bringen der Prognose zufolge kräftigen Schneefall in den Alpenraum und den Bayerische­n Wald. Im Tagesverla­uf könne die Schneefall­grenze auf 1200 Meter ansteigen, darunter wird es also regnen. Die Gefahr wegen Schneemass­en auf Dächern werde damit ansteigen. „Wenn es da rein regnet, wird das Gewicht noch mal erheblich zunehmen.“(

mit dpa)

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Bei Linz werden Bäume von einer Straße geräumt.
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In Annaberg räumt die Feuerwehr Schnee vom Dach.
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Kettenfahr­zeuge der Bundeswehr in Berchtesga­den.

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