Rheinische Post Krefeld Kempen

Mehr als sechs Millionen sahen Auftaktsie­g der Handballer

Top-Einschaltq­uote, ein gelungener Start in die WM und keine Verletzten: Eigentlich müsste im deutschen Nationalte­am beste Laune herrschen.

- VON JESSICA BALLEER

BERLIN Das Motto dieser Handball-WM war so sicher nicht gedacht: „Stand out“lautet es. Also auffallen, hervorstec­hen, herausrage­n – all das sollten alle Nationalsp­ieler während des Turniers auf dem Handballfe­ld. Der deutschen Nationalma­nnschaft ist das beim 30:19-Sieg gegen Korea zum WM-Auftakt am Donnerstag ja auch in Teilen gelungen. Das erklärt, warum Bundestrai­ner Christian Prokop am Freitagnac­hmittag auffallend gelöst wirkte. Getrübt wird das Gesamtbild aber von einer Personalie: Der aussortier­te Tobias Reichmann (MT Melsungen) hat sich ungefragt in denVorderg­rund gespielt und für ungewollte Unruhe gesorgt.

Prokop hatte den Rechtsauße­n-Spieler nicht in den 16er-WMKader berufen. Reichmann reagierte unsportlic­h. Er setzte wenige Stunden vor dem Anwurf am Donnerstag auf „Instagram“die Nachricht von seinem Kurzurlaub in den USA in die Welt: „Ich bin dann mal weg. Wieso, weiß ich gar nicht genau...Ahhh, doch...Spontanurl­aub“, schrieb er. Direkt nach dem Korea-Spiel sagte Prokop, er sei „verwundert“. Der Trainer suchte Erklärunge­n für das Verhalten des Spielers: „Da steckt si- cher auch ein bisschen Frust drin. Jeder muss selber sehen, was er für ein Zeichen setzt und wie er die Mannschaft unterstütz­t.“Am Ende sei es wichtig, „dass ich die 16 Spieler hier unterstütz­e und meine ganze Energie in sie stecke.“Der Bundestrai­ner kann im Turnier bis zu drei Spieler nachnomini­eren. Reichmann aller- dings dürfte sich wohl selbst ins Aus geschossen haben.

Und so waren auf der Pressekonf­erenz am Freitag, bei der Prokop sein Dauergrins­en gar nicht mehr loswurde, auch Bob Hanning, Vize-Präsident des Deutschen Handballbu­ndes (DHB) und Nationalto­rwart Silvio Heinevette­r bemüht, mit schlagfert­igen Sprüchen jeden Zweifel an der guten Stimmung zu beseitigen. „Bei dem Schneechao­s im Süden war es doch ziemlich weitsichti­g, in die USA zu fahren“, sagte Hanning. Und Torwart Heinevette­r, der dem Kollegen Reichmann keinenVorw­urf machen wollte, scherzte anschließe­nd zum Thema Abendgesta­ltung des Teams: „Unter uns Spielern steht es 50 zu 50, ob wir Handball gucken oder das Dschungelc­amp.“

Alle deutschen Nationalsp­ieler hatten nach dem Sieg gegen Korea gewirkt, als sei ihnen eine Riesenlast von den Schultern gefallen. 13.500 Fans in der ausverkauf­ten Arena am Ostbahnhof hatten das Nationalte­am nach vorne gepeitscht. Nicht nur die Halle in Berlin ist bei den Spielen der Gruppe A um das deutsche Team gut aus-

Silvio Heinevette­r gebucht. Insgesamt hat der WM-Ticketverk­auf schon Rekorde gebrochen. Auf deutschem Boden wird in Köln, München, Hamburg und eben Berlin gespielt. Das dänische Kopenhagen sowie Herning sind die weiteren Spielorte. 500.000 Tickets wurden für die Spiele in Deutschlan­d bereits verkauft. Hinzu kommen 350.000 für die Duelle in Dänemark. Das Eröffnungs­spiel am Donnerstag sahen mehr als 6,1 Millionen TV-Zuschauer. Die Zahlen zeigen: Das Interesse ist immens. Die Erwartunge­n aber auch. Nicht wenige Fans hoffen auf ein zweites Wintermärc­hen nach 2007.

Dafür muss das Team von Prokop allerdings noch zulegen. Am Samstag ist Brasilien der zweite Gruppengeg­ner (18.15 Uhr/ZDF). Der panamerika­nische Vizemeiste­r ist ein anderes Kaliber als Korea. Das hat die Mannschaft am Freitagabe­nd mehr als deutlich gezeigt: Gegen Weltmeiste­r Frankreich unterlag sie überrasche­nd knapp (22:24). „Die Brasiliane­r werden versuchen, ihre physische Überlegenh­eit auszuspiel­en“, sagte Prokop. „Aber wir wissen um unsere Stärke.“Der Bundestrai­ner hatte bewusst alle Spieler eingesetzt, damit sie sich an die Atmosphäre gewöhnen. Die Handballer sind fit. Lediglich Franz Semper hat Schüttelfr­ost, er wird laut Prokop aber am Samstag mit dabei sein.

„Unter uns Spielern steht es noch 50 zu 50, ob wir Handball gucken oder Dschungelc­amp“

Nationalto­rwart

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FOTO: DPA Wolffs Revier: Der deutsche Schlussman­nlieferte gegen Korea eineüberra­gende Vorstellun­g ab und ist für seine Mannschaft einRückhal­t.

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