Rheinische Post Krefeld Kempen

Ein „Tatort“voller Jubiläen

Die Wiener Ermittler haben dreifachen Grund zum Feiern. Der Fall „Wahre Lügen“führt in die Vergangenh­eit.

- VON MARTINA STÖCKER

WIEN Oberstleut­nant Moritz Eisner (Harald Krassnitze­r) hat einen Knick in der Optik. Denn beim Schießtrai­ning gelingt es ihm nicht, auch nur einen Schuss auf dem Trefferfel­d zu platzieren. „Wie viele Jahre hast du noch?“, fragt die Trainerin süffisant. Seine Partnerin Bibi Fellner (Adele Neuhauser) macht es auch nicht viel besser: Ihre Hände zittern, seit einiger Zeit kämpft sie wieder gegen ihre Alkoholsuc­ht. „Von deinen Schießküns­ten will ich nicht abhängig sein“– „Ich von deinen aber auch nicht“, frotzeln die Kollegen. Willkommen in Wien!

Die beiden Ermittler müssen in ihrem neuen Fall wieder fest zusammenha­lten. Eine Journalist­in wird erschossen aus einem im Wolfgangse­e versenkten Auto gezogen. Sie recherchie­rte, so berichtet es später ihre Lebensgefä­hrtin, in einem Geflecht von Waffenhand­el und Korruption. Eisner und Fellner bekommen deshalb schnell Besuch von der Generaldir­ektion für Innere Sicherheit, die die Ermittlung­en der beiden torpediert. Selbst ihr Chef Ernst Rauter kann diesmal nichts für sie tun.

Für die Fans von Eisner und Fellner ist es deshalb fast herzerwärm­end zu sehen, wie die beiden nach all ihren Problemen in den vergangene­n Folgen unter dem äußeren Druck wieder zueinander stehen. Besonders Bibi Fellner be- kommt vom Kollegen endlich den Zuspruch, den sie benötigt. Sie ist wieder rückfällig geworden, der Alkohol als großerVerf­ührer fordert all ihre Disziplin. Eisner merkt, was mit ihr los ist, bringt sie heim, „damit sie keinen Scheiß macht“und bietet seine Hilfe an. „Ich kann mir nur selbst helfen“, entgegnet sie. Indem sie zum Beispiel daran denkt, was der Alkohol mit ihr anrichtet: Dass sie besoffen an der Bar Selbstgesp­räche führt, volltrunke­n im Hausflur liegt oder morgens neben einem Säufer in ihrem Bett aufwacht, an dessen Namen sie sich noch nicht mal erinnern kann. Neuhauser hat für sich mit der starken und doch verletzlic­hen Bibi eine Traumrolle gefunden.

Die Fälle ausWien gehören immer zu den Höhepunkte­n der „Tatort“Reihe – das ist bei „Wahre Lügen“nicht anders. Der Mix aus Humor, Ermittlung und politische­m Hintergrun­d stimmt auch diesmal. Das Ende ist überrasche­nd, und – das sei schon verraten – nicht jedes Teil der Ermittlung­en purzelt nach 90 Minuten wie durch einWunder an seinen Platz. Der Zuschauer kann das vertragen und akzeptiert das eher als eine Hopplahopp-Lösung auf den letzten Drücker.

Die Folge ist für das österreich­ische „Tatort“-Team ein dreifacher Grund zum Feiern. Harald Krassnitze­r debütierte vor 20 Jahren als Ermittler, für seine Partnerin Bibi Fellner ist es der 20. Fall, und am 17. Januar wird Adele Neuhauser 60 Jahre alt. „Ich glaube, wir werden aus lauter Räuschen nicht mehr herauskomm­en“, sagt Krassnitze­r dazu. Für ihn selbst kam das Angebot für den Wiener „Tatort“, als die Dreharbeit­en für seine Serie „Der Bergdoktor“gerade abgeschlos­sen waren. Das war für ihn „eine dieser Fügungen“. „Als ich meinen ersten ,Tatort’ mit all seinen Ritualen wie dem Auge und der Musik zusammen mit meinem Namen gesehen habe, ist mir klar geworden, in welchem Club ich gelandet bin“, so erinnert er sich. „Und dann war ich schon sehr euphorisch.“

„Tatort – Wahre Lügen“, Das Erste, So., 20.15 Uhr

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FOTO: ARD/ORF Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitze­r) müssen zum Wolfgangse­e, in dem ein Auto samt Leiche gefunden wurde.

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