Rheinische Post Krefeld Kempen
Großrazzia gegen Clankriminalität in NRW
Bei der größten Durchsuchungsaktion in der Landesgeschichte gab es 14 Festnahmen.
DUISBURG/ESSEN Mit einer bislang beispiellosen Großrazzia ist die Polizei am Samstagabend im Ruhrgebiet gegen kriminelle arabische Großfamilien vorgegangen. In Bochum, Duisburg, Essen, Recklinghausen, Dortmund und Gelsenkirchen fanden fast gleichzeitig Durchsuchungen in Shisha-Bars, Spielhallen, Cafés und Wettbuden statt, die im Besitz dieser Clans sein sollen.
Dabei wurden 14 Menschen festgenommen und mehr als 100 Strafanzeigen erstattet. Außerdem wurden über 500 Anzeigen wegen Ordnungswidrigkeiten geschrieben und rund 430 Verwarngelder verhängt. Die Beamten stellten verbotene Messer und Teleskopschlagstö- cke, mehrere Tausend Euro Bargeld und mehrere Hundert Kilogramm unversteuerten Tabak sicher. 25 kontrollierte Betriebe mussten von den Behörden wegen Baurechtsoder Hygienemängeln sofort geschlossen werden.
Die größte Kontrolle gab es in einer Diskothek in Essen. In Duisburg fanden die Durchsuchungen vor allen Dingen in den Stadtteilen Marxloh und Hochfeld statt. „Die kriminellen Clan-Mitglieder sollen nicht zur Ruhe kommen. Bei uns gilt nicht das Gesetz der Familie, sondern das des Staates“, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU), der die Polizeiaktion in drei Städten begleitete. Er sprach vom größten Einsatz gegen die Clans in der Geschichte des Landes.
Beteiligt waren rund 1300 Polizisten. Dazu kamen Hunderte Beamte aus anderen Behörden wie dem Zoll oder der Feuerwehr. Zudem gab es Straßensperren wie in Duisburg-Hamborn, um zusätzlich die Raser- und Poserszene unter Druck zu setzen. Schon am Freitag hatte es in Mönchengladbach Kontrollen in Shisha-Bars gegeben. Diese Aktion stand aber nicht im direktem Zusammenhang mit der Kontrolle im Ruhrgebiet.
Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Erich Rettinghaus, bezeichnete den Einsatz als überfällig. „Die Politik hat viel zu lange die Augen verschlossen und Clans schalten und walten lassen, es ist fünf vor zwölf.“Sicherheitskreise stufen viele der kontrollierten Ob- jekte als Brennpunkte für „krumme Geschäfte“, Geldwäsche und Clan-Kriminalität ein. Die Macht dieser Clans ist in NRW besonders groß – und sie wächst weiter.
Nach Angaben des Landeskriminalamtes gibt es landesweit rund 50 Clans, deren Kontakte bis nach Berlin und Skandinavien reichen. Die Sicherheitsbehörden gehen von einer Mitgliederstärke im unteren fünfstelligen Bereich aus. Die größte Community lebt in Essen. Hinzu kommen Gelsenkirchen, Recklinghausen, Duisburg, Bochum und Dortmund, wo auch die Razzia stattfand. In Duisburg agieren die Clans im gesamten Stadtgebiet – hauptsächlich in den Stadtteilen Laar, Hochfeld und Marxloh.