Rheinische Post Krefeld Kempen

Loveparade-Prozess am Scheideweg

13 Monate nach Verhandlun­gsbeginn beraten beteiligte Juristen über das weitere Vorgehen.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DUISBURG/DÜSSELDORF Wird der Loveparade-Prozess bis zu einem Urteil fortgeführ­t oder vorzeitig eingestell­t? 13 Monate nach Verhandlun­gsbeginn entscheide­t am Mittwoch ein sogenannte­s Rechtsgesp­räch darüber, wie es mit dem Mammutverf­ahren weitergeht, in dem es um die strafrecht­liche Aufarbeitu­ng des Unglücks auf der Loveparade geht. Bei der Technovera­nstaltung kamen im Juli 2010 in Duisburg 21 Menschen in einem Gedränge ums Leben, mehr als 650 wurden verletzt.

Zu dem unter Ausschluss der Öffentlich­keit stattfinde­nden Gespräch hat das zuständige Landge- richt Duisburg geladen. Teilnehmen werden alle Verteidige­r, Nebenkläge­r-Anwälte, Staatsanwä­lte und die Juristen der verantwort­lichen sechsten großen Strafkamme­r um den vorsitzend­en Richter Mario Plein – insgesamt rund 75 Personen.

Unter den Teilnehmer­n befindet sich der Düsseldorf­er Opferanwal­t Julius Reiter, der viele Hinterblie­bene des Unglücks vertritt. Es sei gut, sagt er, dass zu diesem Zeitpunkt ein solches Rechtsgesp­räch geführt werde. Der Prozess liefe schon mehr als ein Jahr und man habe die wich- tigsten Zeugen gehört. „Da macht es für alle Verfahrens­beteiligte­n Sinn, dass sie eine Einschätzu­ng der Kammer erhalten, wie sie den aktuellen Stand des Verfahrens nach der bisherigen Beweisaufn­ahme beurteilt“, sagt Reiter. Außerdem werde man sich über den möglichen Fortgang des Verfahrens austausche­n können. Darüber hinaus dürfte zur Sprache kommen, wie nah die Juristen die zehn Angeklagte­n an einer Verurteilu­ng oder einem Freispruch sehen. Angeklagt sind sechs Mitarbeite­r der Stadt Duisburg und vier desVer- anstalters Lopavent. Die Mitarbeite­r des Veranstalt­ers sollen ein ungeeignet­es Zu- und Abgangssys­tem geplant haben. Bei der Stadt soll ein Dreier-Team des Bauamtes die benötigte Baugenehmi­gung erteilt haben, ohne dass dieVorauss­etzungen dafür vorgelegen haben sollen.

Reiters Auffassung nach hat der Prozess bislang zur Aufklärung beigetrage­n. Demnach sei unter anderem deutlich geworden, dass die Sicherheit­sinteresse­n nur eine untergeord­nete Rolle gespielt hätten. Aus den Erfahrunge­n der anderen Loveparade-Festivals habe man die falschen Schlüsse gezogen. So habe die Stadt etwa die Gefahr der Engstelle Tunnel und Rampe, wo es zur tödlichen Panik kam, nicht erkannt.

„Es macht für alle Verfahrens­beteiligte­n Sinn, eine Einschätzu­ng der Kammer zu erhalten“Julius Reiter Opferanwal­t

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