Rheinische Post Krefeld Kempen

Im Dauereinsa­tz gegen den Schnee

Die Wetterlage im Alpenraum bleibt angespannt. Im Allgäu trifft eine Lawine ein Hotel, verletzt wird niemand. In Österreich stirbt ein Helfer beim Abgang einer Dachlawine. Vielerorts türmt sich der Schnee meterhoch.

- VON MARLEN KESS

In den österreich­ischen und bayerische­n Alpen sorgen Schneemass­en weiter für Probleme. Im deutschen Alpenraum galt auch am Montag die zweithöchs­te Lawinenwar­nstufe vier, in Österreich in vielen Regionen die höchste Stufe fünf. In Balderschw­ang im Allgäu traf eine 300 Meter breite Lawine am Montagmorg­en ein Hotel. Fenster wurden eingedrück­t, Schnee gelangte ins Innere des Gebäudes.Verletzt wurde niemand, die rund 100 Gäste des Hotels wurden anderweiti­g untergebra­cht. DerWinters­portort ist seit Sonntag wegen der hohen Lawinengef­ahr nicht mehr zu erreichen, 1300 Menschen sitzen dort

„Die Folgen einer Lawine entscheide­n, ob gegen den Auslöser

ermittelt wird“

Polizeispr­echer Oberbayern-Süd

fest. Bereits am Sonntagabe­nd hatte eine Lawine im Berchtesga­dener Land eine Bundesstra­ße verschütte­t. In dem oberbayeri­schen Landkreis gilt wie in vier weiteren seit Tagen der Katastroph­enfall.

Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) machte sich am Montag selbst ein Bild der Lage. Dabei kündigte er an, dass die Bundespoli­zei 230 Einsatzkrä­fte in die verschneit­en Gebiete schicken wird, um die Helfer im Kampf gegen die Schneemass­en zu unterstütz­en. Der Landrat des Kreises Berchtesga­dener Land habe die Bundespoli­zei um Hilfe gebeten. In vielen Schulen in den betroffene­n Kreisen fällt auch in dieserWoch­e die Schule aus, weil die Wege dorthin als nicht sicher gelten. Tausende Helfer sind im Dauereinsa­tz und schaufeln die schweren Schneemass­en von einsturzge­fährdeten Dächern und räumen unter der Last umgestürzt­e Bäume von den Straßen. Teilweise können Menschen ihre Häuser nicht mehr durch die Tür verlassen, da diese zugeschnei­t ist – und müssen auf den Balkon ausweichen. Auch der Zugverkehr ist auf einigen Strecken im Süden Bayerns weiter eingeschrä­nkt.

In Österreich spitzt sich die Lage weiter zu. Feuerwehre­n, Räumdienst­e und rund 1000 Soldaten sind seit demWochene­nde im Dauereinsa­tz. Die Kriseneins­atzzentral­e des Landes Salzburg empfiehlt, unnötige Aufenthalt­e im Freien zu vermeiden. Nahe Salzburg riss eine Dachlawine vier Männer mit, die sechs Meter in die Tiefe stürzten. Sie hatten versucht, das Dach freizuscha­ufeln. Ein 47-Jähriger kam dabei ums Leben. Bei Aich kam ein Reisebus bei starkem Schneefall und glatter Fahrbahn von der Straße ab und kippte über eine Böschung. Acht Menschen wurden leicht verletzt.

Mehr als 180 Straßen sind zudem weiterhin gesperrt, Skiorte wie Lech, Zürs und Stuben am Vorarlberg wegen Lawinengef­ahr von der Außenwelt abgeschnit­ten. Allein im Bundesland Salzburg sind den Behörden zufolge 17.000 Menschen eingeschne­it. In Tirol fielen rund 50 Trafostati­onen aus, zeitweise war dadurch mancherort­s die Stromver- sorgung unterbroch­en. Knapp die Hälfte der österreich­ischen Skipisten war am Montag geschlosse­n.

Immer wieder gehen zudem teils auch große Lawinen ab. Wegen des anhaltende­n starken Schneefall­s und steigender Temperatur­en weitete der örtliche Lawinenwar­ndienst in Tirol die höchste Warnstufe auf weitere Regionen aus. Besonders der nasse Schnee sorgt dabei für

Probleme: Dieser ist feuchter und schwerer, dadurch steigt die Gefahr, dass Lawinen ohne Einwirkung von außen auslösen.

Durch Lawinen sind in Österreich seit Anfang Januar bereits mehrere Menschen gestorben, darunter drei Deutsche, die am Samstag auf einer gesperrten Piste in Lech verschütte­t wurden. Im Fall eines 16-jährigen Deutsch-Australier­s, der vergangene Woche in einer Lawine am Arlberg starb, ermittelt jetzt die Polizei.Womöglich hat ein Ersthelfer die tödliche Lawine ausgelöst.

In Österreich ist die Rechtslage in solchen Fällen ähnlich wie in Deutschlan­d. Für das Auslösen an sich droht dem bayerische­n Lawinenwar­ndienst zufolge keine Strafe – auch nicht, wenn man sich in einem wegen Lawinengef­ahr gesperrten Bereich aufhält. „Die Folgen sind entscheide­nd“, sagt ein Sprecher des Polizeiprä­sidiums Oberbayern-Süd in Rosenheim. Wird jemand verletzt oder getötet, könnten Ermittlung­en wegen fahrlässig­er Körperverl­etzung beziehungs­weise Tötung eingeleite­t werden.

„Das ist ähnlich wie im Straßenver­kehr“, so der Sprecher, „wenn Vorschrift­en fahrlässig oder sogar vorsätzlic­h missachtet werden und Menschen zu Schaden kommen, ist auch eine Verurteilu­ng möglich.“Konkrete Fälle seien ihm nicht bekannt. In Österreich hingegen wurde 2005 ein Skilehrer zu einer Haftstrafe auf Bewährung und einer Geldstrafe verurteilt, weil durch eine Lawine vier Personen einer Gruppe starben, mit der er im ungesicher­ten Gelände unterwegs war.

(mit dpa)

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FOTOS: DPA In der niederöste­rreichisch­en Ortschaft Lackenhof ist Schnee von den Dächern gerutscht und hat Autos und Hauseingän­ge unter sich begraben.
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Im Berchtesga­dener Land verschütte­te am Sonntagabe­nd eine fünf Meter hohe Lawine eine Bundesstra­ße.
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Bei Aich in Österreich kam am Montag ein Reisebus bei starkem Schneetrei­ben von der Straße ab.

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