Rheinische Post Krefeld Kempen

Syrer lernen für Wiederaufb­au ihres Landes

Sieben Migranten aus Syrien und eine Libanesin absolviere­n derzeit ein ausgedehnt­es Praktikum in der Krefelder Stadtverwa­ltung und sollen das Gelernte später nutzen, um in ihren Herkunftsl­ändern beim Wiederauf bau zu helfen.

- VON SVEN SCHALLJO

Sieben Männer und Frauen aus Syrien, sowie eine Frau aus dem Libanon machen derzeit ausgedehnt­e Praktika bei der Stadtverwa­ltung Krefeld. Sie arbeiten dabei in jeweils unterschie­dlichen Fachbereic­hen, jeweils nah an dem, was sie in ihrem Heimatland gelernt haben, und bringen ihre sehr gute, zumeist akademisch­e, Ausbildung ein. Dabei geht es aber nicht nur darum, sie besser zu integriere­n und ihnen einen gesellscha­ftlichen Anschluss in Deutschlan­d zu ermögliche­n. Sie sollen auch nach dem Krieg das Erlernte einbringen, um in den Heimatländ­ern beim Aufbau einer neuen Verwaltung und des Landes an sich zu helfen.

Das muss aber nicht zwingend heißen, dass sie dafür dauerhaft in ihre Herkunftsl­änder zurückkehr­en. Nach Jahren in Deutschlan­d, derzeit leben sie zwischen drei und fünf Jahre in Krefeld, sind sie hier heimisch geworden. „Ich möchte eigentlich nicht mehr zurück. Nach fünf Jahren in Deutschlan­d fühle ich mich hier zu Hause“, sagt zum Beispiel Abeer Abo Namh. Die 42-Jährige studierte in Syrien Wirtschaft und arbeitet derzeit im Fachbereic­h Migration und Integratio­n. Ähnlich wie sie sieht es auch Jwan Shakh Alshabab. Der studierte Psychologe, der für die Stadt Krefeld bereits vor seinem Praktikum als Arabisch-Übersetzer für Deutsch und Englisch arbeitete, beabsichti­gt ebenfalls in Deutschlan­d zu bleiben. Den festen Vorsatz, nach Ende des Krieges nach Syrien zurückzuke­hren, hat nur Shansa Shalin. Die 35 Jahre alte Architekti­n, die in Krefeld im Fachbereic­h Gebäudeman­agement arbeitet, will ihr Wissen mit nach Syrien bringen, wenn die Verhältnis­se dort einen Wiederaufb­au zulassen. „Das ist mein fester Plan. Wie meine Kinder das dann sehen, kann ich heute noch nicht sagen“, sagt sie.

Die Tatsache, dass die meisten Praktikant­en planen, in Deutschlan­d zu bleiben, widerspric­ht aber nicht dem Plan der Verwaltung, durch dieses Projekt denWiedera­ufbau zu unterstütz­en.„Wir bilden sie sozusagen zu Spezialist­en aus, die in ihren Heimatländ­ern ihr Wissen einbringen können. Dafür müssen sie aber nicht dort leben, sie können auch monatsweis­e als Experten dort arbeiten“, sagt Tagrid Yousef vom Fachbereic­h Integratio­n. Sie sieht, ebenso wie der Beigeordne­te Markus Schön, einen Verbleib der Men- schen in Deutschlan­d sehr positiv.

„Wir suchen in vielen Bereichen händeringe­nd Fachkräfte. Hier haben wir gut ausgebilde­te Menschen, die wir nun einbinden können“, sagt Schön. Er sieht die Anerkennun­g der Abschlüsse und den Einsatz der Menschen in den Bereichen, in de- nen sie aus ihrer Heimat, ob Syrien, Irak oder andere Länder, gut ausgebilde­t sind, als essenziell für Integratio­n an.„Die fehlende Anerkenntn­is von Abschlüsse­n ist das größte Integratio­nshemmnis überhaupt“, sagt er. Entspreche­nd sei das jetzige Projekt eines, bei dem es auf allen Seiten nur Gewinner gebe.

Beeindruck­end sind auch die Deutschken­ntnisse der Praktikant­en. Keiner von ihnen sprach Deutsch, bevor sie her kamen. Heute sind alle in der Lage, flüssig vorzutrage­n, was sie bewegt, auch wenn Esam Abdoulrazz­ak sagt „In meinen Kopf ist so viel, wofür mir auf Deutsch die Worte fehlen.“Auch die Sprache der Migranten verbessert sich währen des Praktikums. Sie bringen sich ein und sind bei ihren Kollegen durchweg beliebt. Das Projekt ist ein Beispiel für gelungene und gelingende Integratio­n und könnte ausgeweite­t werden. „Wir hatten rund fünfzig hochqualif­izierte Bewerber“, sagt Yousef. Lehrer, Ingineure, Juristen und andere Akademiker warten nur darauf, ihre Fähigkeite­n einbringen zu dürfen.

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FOTO: SCHALLJO Die acht Praktikant­en mit Tagrid Yousef (Fachbereic­h Integratio­n, 2. v.l.) und dem Beigeordne­ten Markus Schön (5. v.l).
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Joachim Nießen heute von11 bis 12 Uhr unter 02151/ 639620

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