Rheinische Post Krefeld Kempen
Eingreifen
Ich begrüße sehr, dass Sie das Thema „Insektenschwund“mit Ihrer Kolumne wieder in Erinnerung gebracht haben. Wie Sie selber anmerken, ist die Welt nicht einfach - und es hängt ja alles irgendwie zusammen. So wird z.B. die Hälfte des weltweit angebauten Getreides an Tiere verfüttert, die wir dann anschließend essen. Hinzu kommt, dass wir über die Hälfte unserer Lebensmittel in den Müll werfen. Wie gigantisch wären die Flächen, auf denen wir sinnvollen Naturschutz betreiben könnten, wenn wir unseren Fleischverbrauch reduzieren und keine Lebensmittel mehr entsorgen würden.
Auf freiwilliger Basis wird sich hier wohl nichts ändern; da müsste die Politik lenkend eingreifen. Ich habe aber leider den Eindruck, dass unsere Politiker immer alles Erdenkliche zum Machterhalt der Großkonzerne tun und dabei keinerlei Rücksicht auf das Wohl und die Gesundheit der Bevölkerung und erst recht nicht auf das Funktionieren der Ökosysteme genommen wird.
Längst ist bekannt, dass die in der Landwirtschaft eingesetzten Neonicotinoide, das sind die weltweit am häufigsten eingesetzten Insektengifte, nicht nur auf die betreffenden Nutzpflanzen, sondern auf die gesamte Umwelt wirken - so gibt es kaum noch unbelastete Gewässer oder Böden. Es ist nachgewiesen, dass die Mittel Bienen orientierungslos machen und Gutachter kommen weiter zu dem Schluss, dass die „Neonics“sich schädlich auf die Entwicklung des Nervensystems bei Säuglingen und Kleinkindern auszuwirken und die Lern- und Gedächtnisfunktion des Gehirns beeinträchtigen können. Trotzdem weigert sich die Politik, diese (und andere für Nützlinge gefährliche) Chemikalien grundsätzlich zu verbieten. Lebensmittel würden durch ein Verbot zwar teurer, aber wenn wir sie anstatt wegzuwerfen an Bedürftige verteilen würden, müsste in der westlichen Welt deswegen keiner hungern. Die sechste große Aussterbewelle auf unserem Pla- neten ist in vollem Gange und solange die Verantwortlichen daran zu glauben scheinen, dass man Geld essen kann, wird sie weiter rasant Fahrt aufnehmen.
Veronika Huisman-Fiegen, Krefeld Natürlich haben Sie mit Ihren kommentierenden Ausführungen zum Interview mit Kreislandwirt Paul Küskens völlig recht. Was in Ihrem Beitrag leider fehlt, ist der Hinweis, dass trotz allem nahezu jeder einzelne Bürger die Möglichkeit hätte, dieser „Insekten-Apokalypse“entgegenzuwirken und damit dafür zu sorgen, dass unsere Welt noch so lange wie möglich eine lebenswerte bliebe.
Wie viele kleine private Grundstücksflächen gibt es inzwischen, die Blühflächen sein könnten, aber stattdessen (in rasch zunehmender Weise!) zu öden Stein- und Schotterwüsten verkommen (sind) - weil es angeblich pflegeleicht ist oder gar chic und modern! Doch: Gerade WEIL durch Landwirtschaft und andere Verursacher bestäubenden Insekten in weitem Umfang Lebensraum genommen wurde, sind diese (aufgrund ihres teilweise sehr kleinen Flugradius) umso mehr auf „Rettungsinseln“(sog. Trittbrettisotope) angewiesen, um überhaupt noch eine Überlebenschance zu haben. Und hier könnten wir ansetzen! Nicht vor dem „Elend des Naturschutzes“kapitulieren - schon unserer Kinder wegen!