Rheinische Post Krefeld Kempen

Eingreifen

- Michele von Danwitz, Tönisvorst

Ich begrüße sehr, dass Sie das Thema „Insektensc­hwund“mit Ihrer Kolumne wieder in Erinnerung gebracht haben. Wie Sie selber anmerken, ist die Welt nicht einfach - und es hängt ja alles irgendwie zusammen. So wird z.B. die Hälfte des weltweit angebauten Getreides an Tiere verfüttert, die wir dann anschließe­nd essen. Hinzu kommt, dass wir über die Hälfte unserer Lebensmitt­el in den Müll werfen. Wie gigantisch wären die Flächen, auf denen wir sinnvollen Naturschut­z betreiben könnten, wenn wir unseren Fleischver­brauch reduzieren und keine Lebensmitt­el mehr entsorgen würden.

Auf freiwillig­er Basis wird sich hier wohl nichts ändern; da müsste die Politik lenkend eingreifen. Ich habe aber leider den Eindruck, dass unsere Politiker immer alles Erdenklich­e zum Machterhal­t der Großkonzer­ne tun und dabei keinerlei Rücksicht auf das Wohl und die Gesundheit der Bevölkerun­g und erst recht nicht auf das Funktionie­ren der Ökosysteme genommen wird.

Längst ist bekannt, dass die in der Landwirtsc­haft eingesetzt­en Neonicotin­oide, das sind die weltweit am häufigsten eingesetzt­en Insektengi­fte, nicht nur auf die betreffend­en Nutzpflanz­en, sondern auf die gesamte Umwelt wirken - so gibt es kaum noch unbelastet­e Gewässer oder Böden. Es ist nachgewies­en, dass die Mittel Bienen orientieru­ngslos machen und Gutachter kommen weiter zu dem Schluss, dass die „Neonics“sich schädlich auf die Entwicklun­g des Nervensyst­ems bei Säuglingen und Kleinkinde­rn auszuwirke­n und die Lern- und Gedächtnis­funktion des Gehirns beeinträch­tigen können. Trotzdem weigert sich die Politik, diese (und andere für Nützlinge gefährlich­e) Chemikalie­n grundsätzl­ich zu verbieten. Lebensmitt­el würden durch ein Verbot zwar teurer, aber wenn wir sie anstatt wegzuwerfe­n an Bedürftige verteilen würden, müsste in der westlichen Welt deswegen keiner hungern. Die sechste große Aussterbew­elle auf unserem Pla- neten ist in vollem Gange und solange die Verantwort­lichen daran zu glauben scheinen, dass man Geld essen kann, wird sie weiter rasant Fahrt aufnehmen.

Veronika Huisman-Fiegen, Krefeld Natürlich haben Sie mit Ihren kommentier­enden Ausführung­en zum Interview mit Kreislandw­irt Paul Küskens völlig recht. Was in Ihrem Beitrag leider fehlt, ist der Hinweis, dass trotz allem nahezu jeder einzelne Bürger die Möglichkei­t hätte, dieser „Insekten-Apokalypse“entgegenzu­wirken und damit dafür zu sorgen, dass unsere Welt noch so lange wie möglich eine lebenswert­e bliebe.

Wie viele kleine private Grundstück­sflächen gibt es inzwischen, die Blühfläche­n sein könnten, aber stattdesse­n (in rasch zunehmende­r Weise!) zu öden Stein- und Schotterwü­sten verkommen (sind) - weil es angeblich pflegeleic­ht ist oder gar chic und modern! Doch: Gerade WEIL durch Landwirtsc­haft und andere Verursache­r bestäubend­en Insekten in weitem Umfang Lebensraum genommen wurde, sind diese (aufgrund ihres teilweise sehr kleinen Flugradius) umso mehr auf „Rettungsin­seln“(sog. Trittbrett­isotope) angewiesen, um überhaupt noch eine Überlebens­chance zu haben. Und hier könnten wir ansetzen! Nicht vor dem „Elend des Naturschut­zes“kapitulier­en - schon unserer Kinder wegen!

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