Rheinische Post Krefeld Kempen

Memoriam-Garten auf dem Friedhof

Ein Vogelhäusc­hen, Gießkannen als Zierde, sanft geschwunge­ne Wege – untypisch für einen Ort, wo Menschen die letzte Ruhe finden. Gärtner haben spezielle Bereiche auf Friedhöfen entwickelt. Gestaltete Gärten

- VON ULRIKE HOFSÄHS

Eine hohe Leiter lehnt an einem Baumstamm auf dem Friedhof. Alte Gießkannen aus Blech stehen inmitten von Blumen. Geschwunge­ne Wege führen an Grabstätte­n vorbei, Besucher können auf Sitzbänken ausruhen und innehalten. Die Lage der Gräber, Wege und Bäume – alle sind Teil des Memoriam-Gartens, einem von Gärtnern betreuten speziellen Grabfeld.

Hier wartet nicht blanke Erde auf die Toten, sondern in bepflanzte­n Beeten wird Platz gemacht, wenn es soweit ist. „Die Anlage ist von Anfang an gestaltet und fertig“, erzählt Alfred Luchten. Der Friedhofsg­ärtner hat gemeinsam mit seinem Kollegen Peter Holz die parkähnlic­he Anlage auf einem Teil des Düsseldorf­er Südfriedho­fs mitentworf­en.

Die Abteilunge­n haben poetische Namen wie „Garten der Farben“oder „Fluss des Lebens“, wo Kiesel und blaue Glassteine liegen. Das knapp 2000 Quadratmet­er große Areal ist eine Absage an die übliche strenge Friedhofss­atzung. Hier gibt es keine geraden Wege und keine abgezirkel­ten Reihengräb­er. Und das Konzept kommt an.

Der erste Memoriam-Garten wurde 2010 in Duisburg eröffnet. Inzwischen gibt es bundesweit gut 80 solcher Anlagen. Initiatore­n sind immer Friedhofsg­ärtner, die langjäh- rige Pflegevert­räge abschließe­n und den parkähnlic­hen Bereich mit den Gräbern bepflanzen und sich kümmern. Hier gibt es keine anonymen Bestattung­en, keine streng isolierten Gräber und Nutzung nur zusammen mit Vereinbaru­ng einer Dauergrabp­flege.

Die Friedhofsg­ärtner sehen darin ein Angebot, das Vorteile für beide Seiten hat: Denn viele Menschen wollten sicher sein, einen gepflegten Ort als letzte Ruhestätte zu haben, berichtet Alfred Luchten. Anderersei­ts wohnen Angehörige oft weit weg und können die Grabpflege nicht übernehmen. Die Gärtner, deren Geschäft unter dem Trend zu möglichst pflegeleic­hten Gräbern leidet, haben mit den von ihnen betreuten Grabanlage­n eine neue Einnahmequ­elle erschlosse­n.

„Es ist ein Konzept dagegen, dass Friedhöfe immer leerer werden“, sagt Alexander Helbach, Sprecher von Aeternitas, einer Verbrauche­rberatung für Bestattung­sfragen. Denn durch den Trend zu kleinen Urnengräbe­rn oder anonymen Bestattung­en sind große Bereiche ungenutzt.

Nicht alle sind im Memoriam-Garten wegen der Trauer. „Die Leute kommen auch zum Entspannen“, sagt Friedhofsg­ärtner Alfred Luchten. „Sie sitzen eine halbe Stunde da, gucken, genießen und gehen wieder.“Manche Grabsteine stehen noch zur Zierde in den Name Memoriam- Gärten sind gestaltete Gärten, die zugleich Teil eines Friedhofs sind. Die lateinisch­e Phrase „in memoriam“(„in Gedenken/in Erinnerung an“) ist bei diesem Konzept Leitgedank­e, da an diesem Ort kein Verstorben­er anonym beigesetzt wird: Die Namen werden auf kunstvolle­n Grabmalen verewigt. Darüber hinaus sind alle Grabstätte­n in harmonisch­er Art und Weise miteinande­r verbunden, da es keine klaren Abgrenzung­en wie bei klassische­n Gräbern gibt. Da die Dauergrabp­flege durch kompetente und qualifizie­rte Friedhofsg­ärtner übernommen wird, grünen und blühen Memoriam-Gärten das ganze Jahr über. Weitere Infos im Internet: www.memoriamga­rten.de

„Memoriam-Gärtensind ein Konzept gegen den Trend, dass Friedhöfe immer leerer werden“Alexander Helbach Sprecher von Aeternitas

Beeten. Auf anderen sind Namen und Geburtstag eingravier­t, aber noch kein Sterbedatu­m. Diese Menschen haben sich den Ort ihrer ewigen Ruhe schon ausgesucht. Lokalpatri­oten können ein Urnengrab mit Motiven aus der Stadt wählen.

Einen Hingucker hat der Gräber-Garten immer zu bieten: im Frühjahr eine Magnolie, Bäume mit knallrotem Herbstlaub oder einen Weinstock. Im Sommer blühen Rosen, Lavendel, Salbei und Sonnenhut. Auch ein Wildbienen­hotel hat hier seinen Platz – ebenso ein Vogelhäusc­hen.

 ??  ?? 2010 wurde auf dem Duisburger Waldfriedh­of der bundesweit erste Memoriam-Garten eröffnet. Zurzeit gibt es in Deutschlan­d gut 80 solcher Anlagen – regelmäßig kommen neue hinzu.
2010 wurde auf dem Duisburger Waldfriedh­of der bundesweit erste Memoriam-Garten eröffnet. Zurzeit gibt es in Deutschlan­d gut 80 solcher Anlagen – regelmäßig kommen neue hinzu.
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany