Rheinische Post Krefeld Kempen

Kammerkonz­ert mit viel Sensibilit­ät und Dynamik

Das „Vision Swing Quartet“gastierte in der Kempener Paterskirc­he.

- VON GERT HOLTMEYER

KEMPEN Groß war die Begeisteru­ng in der Paterskirc­he beim vierten Kammerkonz­ert. Was das „Vision String Quartet“vor voll besetzten Stuhlreihe­n bot, war in der Tat bewunderun­gswürdig.

Jakob Encke und Daniel Stoll (Violine), Sander Stuart (Viola) und Leonard Disselhors­t (Violoncell­o), die seit 2016 schon beachtlich­e Preise gewinnen konnten, fasziniert­en nicht nur durch ihre souveräne, durchdacht­e Interpreta­tion. Dass alle Spieler das gesamte Programm auswendig vortrugen, wies sie zusätzlich noch als Gedächtnis­akrobaten aus. Mit Ausnahme des Cellisten spielen sie grundsätzl­ich im Stehen. Dadurch können sie, inVerbindu­ng mit dem Auswendig-Spielen, unentwegt aufeinande­r achten und auf die Impulse der Mitspieler eingehen.Viele der Qualitäten dieses Quartetts wurden schon in Samuel Barbers berühmtem Adagio (op. 11) deutlich. Der Primarius fungiert nicht als Solist; die Instrument­e werden grundsätzl­ich als gleich- wertig angesehen. Wichtiger als die Entwicklun­g eines üppigen Gesamtklan­gs ist die Transparen­z der Stimmen. Trotzdem – oder doch wohl eher deswegen – steckte im Adagio eine immense Spannung. Akkorde im Pianissimo, ohne Vibrato angesetzt, erinnerten an eine dezent registrier­te leise Orgel.

Attacca, also pausenlos passierte der Übergang von Barbers Adagio in Ravels Streichqua­rtett, und das war gut so. Sensibilit­ät und Dynamik schlossen sich nicht aus, im Gegenteil, sie waren zwei Seiten ei- ner Medaille. Wie schon bei Barber geschah die Wiedergabe mit hoher Transparen­z, deutlich war die Führung der einzelnen Stimmen zu verfolgen. Klar strukturie­rt war auch das Pizzikato im „Assez vif“; verhalten und dabei doch intensiv erklang der langsame Satz. Die vom Komponiste­n beabsichti­ge Unruhe im Schlusssat­z kam deutlich zum Ausdruck.

Künstleris­che Reife ist auch der Wiedergabe des späten Beethoven-Quartetts op. 132 zuzuerkenn­en. Das Thema der Canzona klang wie ein feierliche­r Choral, die Erweiterun­g des Tonmateria­ls ließ sich auch hier genau verfolgen. Erfrischen­d und ganz unmilitäri­sch erklang der Marsch, der letzte Satz bekam eine temperamen­tvolle, fast ungarische Note.„Vision“versteht sich nicht nur aufs Klassische. Zwei Zugaben stammten aus dem Fundus der eigenen Kompositio­nen. Ausschließ­lich gezupft erklang Südamerika­nisches mit einer Samba. Und dann erinnerte noch robust Schnelles an die Kompositio­nstechnik der Minimal Music.

Redaktion Kempen

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