Rheinische Post Krefeld Kempen
Klee will Zentrumspläne nicht begraben
Die Enttäuschung ist groß: Die Stadt will den Umbau der ehemaligen Johannes-Hubertus-Schule in St. Hubert nicht weiterverfolgen. Das Begegnungszentrum hätte aber dennoch eine Chance, meint Dezernent Michael Klee.
ST. HUBERT Die Enttäuschung, ja die Verärgerung ist nicht nur bei den Ehrenamtlichen, die sich seit etwa drei Jahren für die gute Sache engagieren, riesengroß. Es kommt auch Wut auf über die Entwicklung und die Informationspolitik der Stadtverwaltung in der Sache. Dass die Kempener Stadtspitze in der vergangenen Woche entschieden hat, die Pläne für den Umbau der ehemaligen Johannes-Hubert-Schule am Hohenzollernplatz in St. Hubert für ein neues Begegnungszentrum zu den Akten zu legen, können viele Bürger nicht verstehen.
Die Verwaltungsspitze will nun dem Kempener Stadtrat die Entscheidung überlassen, ob das Begegnungszentrum doch noch irgendwie realisiert werden soll. Am morgigen Mittwoch steht das Thema in der Sitzung des nicht öffentlich tagenden Ältestenrates des Kempener Stadtrates auf der Tagesordnung. Dort wird es vor allem aus den Reihen von SPD, Grünen und Linken deutliche Worte der Kritik geben. Angesichts derVorgeschichte des Projekts sprechen einige Politiker bereits von einem„Armutszeugnis“für die Stadt Kempen und von einem„Kasperletheater derVerwaltung“(fraktionsloser Ratsherr Jeyratnam Caniceus).
In der Tat hat sich die Stadtverwaltung bei demVorhaben nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Für den Sozialdezernenten Michael Klee ist der Ausstieg der Stadt aus dem Projekt eine klare Niederlage, auch wenn er das im Gespräch mit unserer Zeitung weit von sich gewiesen hat. Klee war es, der für das Projekt „Integrations- und Begegnungszentrum St. Hubert“im Februar 2016 quasi über Nacht ein Konzept für den Antrag auf Fördermittel des Landes ausgearbeitet hatte. Als im April 2016 die damalige Düsseldorfer Regierungspräsentin Anne Lütkes persönlich in die frühere Schule kam, um den Förderbescheid über 372.000 Euro für den Umbau des mehr als 100 Jahre alten Gebäudes zu überbringen, war die Freude groß bei Klee und Bürgermeister Volker Rübo und allen, die zu diesem Zeitpunkt dort ehrenamtlich Flüchtlinge betreuten.
Die Freude ist längst der Enttäuschung gewichen: Sehr schnell zeigte sich bereits 2016, dass Dezernent Klee die Rechnung ohne seinen Kollegen Stephan Kahl gemacht hatte. Der damalige Chef der Kempe- ner Bauverwaltung stellte sich quer, sah keine Möglichkeit, seine ohnehin mit Arbeit überlasteten Mitarbeiter des Hochbauamts mit einem weiteren Bauvorhaben zu beauftragen, in das er, Kahl, nicht von Anfang an eingebunden war. Es war nicht das erste Mal, dass es in der Kommunikation zwischen den Beigeordneten Klee und Kahl hakte.
Es tat sich lange Zeit nichts bei dem Projekt. Und allmählich drängte die Zeit: Denn der Umbau musste bis Ende 2018 abgeschlossen sein, sonst würden die Fördergelder verfallen. Bürgermeister Rübo machte das Vorhaben gemeinsam mit Klee zur Chefsache, Baudezernent Kahl beteiligte sich nicht. Ein externer Architekt wurde mit einer Bestandsaufnahme beauftragt, das Hochbauamt blieb ebenfalls zunächst außen vor.
Das war bereits ein großer Fehler: Denn ohne die Bauverwaltung lässt sich ein solches Vorhaben nicht realisieren, schließlich kann nur mit einer Baugenehmigung gebaut werden, und dafür braucht auch die Stadt ihre Bauverwaltung. Bürgermeister Rübo hat einmal eingeräumt, dass es falsch war, den Weg
ohne Kahl und sein Team gehen zu wollen. Aber der Bürgermeister fühlte sich persönlich in der Verantwortung und wollte retten, was zu retten war.
Auch unter Kahls Nachfolger, dem neuen Technischen Beigeordneten Marcus Beyer, ließ sich der Schulumbau bisher nicht wie gewünscht realisieren. Der Förderzeitraum wurde zwar bis Ende 2019 verlängert, aber in der letzten Ratssitzung vorWeihnachten 2018 stand bereits so gut wie fest, das Begegnungszentrum wird auch bis Ende 2019 nur sehr schwer zu verwirklichen sein. Zudem: Der ursprüngliche Kostenrahmen ist nicht einzuhalten. Ohne die Fördermittel von 372.000 Euro würde der Umbau – Stand jetzt – fast eine Million Euro kosten.
Der Stadtrat hatte zwar in der Dezembersitzung seinenWillen bekräftigt, das Projekt notfalls auch ohne Landesmittel umzusetzen. Da war die jüngste Kostenschätzung aber noch nicht bekannt. Verständlich, dass bei einem Kostenvolumen von fast einer Million Euro nun auch die Christdemokraten aussteigen wollen. Mit FDP und Freien Wählern, die sich bereits Ende 2018 angesichts der damaligen Kostenkalkulation von rund 730.000 Euro verabschiedet hatten, gibt es nun für die bevorstehende Ratssitzung am 12. März – dort soll die Politik endgültig entscheiden – keine Mehrheit mehr für das Projekt.
Entsprechend enttäuscht sind die ehrenamtlichen Helfer, die in dem Schulhaus Flüchtlingsarbeit betreiben. Auch die St. Huberter Vereine sind enttäuscht, hatten sie sich doch von dem Begegnungszentrum viel für das gesellschaftliche Leben im Stadtteil versprochen. Das Amateurtheater„Kendelbühne“hat hier Probenräume, der Heimatverein St. Hubert hier sein Domizil. Dezernent Klee sah das Schulgebäude als zentralen Ort für die Quartiersentwicklung in dem Stadtteil.
Klee will indes nicht ganz aufgeben: Im Gespräch mit unserer Zeitung spricht er bereits von einer kleinen Lösung. Er hält an der Idee des Begegnungszentrums vor allem für die Quartiersentwicklung weiterhin fest. Er bringt noch eine neue Idee ins Spiel: Wenn das Jugendamt Ende 2019 aus dem Gebäudekomplex an der Antoniusstraße in St. Hubert in das neue Teilrathaus an der Schorndorfer Straße am Kempener Bahnhof umgezogen ist, soll entschieden werden, wie es mit der städtischen Immobilie in St. Hubert auf lange Sicht weitergehen soll. Das Gebäude, in dem sich auch der städtische Kindergarten „Tabaluga“und das städtische Jugendheim „Calimero“befinden, ist marode. Es steht zur Disposition. Ein neuer Kindergarten soll an der Bendenstraße gebaut werden. Das „Calimero“, so KleesVorstellung, könnte neue Räume in dem Schulkomplex am Hohenzollernplatz bekommen. Wie sich Klees kleine Lösung realisieren lässt, ist völlig unklar. Auch hierfür müsste das alte Schulgebäude schon wegen des Brandschutzes ertüchtigt werden.