Rheinische Post Krefeld Kempen

Mit deutschem Pass in ein neues Leben

Während einer Feierstund­e in der Friedenski­rche, der Ratssaal im Rathaus wäre zu klein gewesen, ehrte am Donnerstag­abend Oberbürger­meister Frank Meyer die eingebürge­rten Krefelder der vergangene­n beiden Jahre.

- VON SVEN SCHALLJO

Gut besucht ist der Kultur.Punkt an der Friedenski­rche. Rund 150 Menschen drängen sich. Auffällig dabei ist die Vielfalt der Gesichter. Es handelte sich um Menschen unterschie­dlichster Herkunft. In sprichwört­lich aller Herren Länder haben sie ihre Wurzeln, stammen aus Europa, Asien, Südamerika oder Afrika. Doch allen ist gemein: Seit kurzer Zeit sind sie Deutsche. Bei der Feierstund­e werden sie von Krefelds Oberbürger­meister Frank Meyer als neue Staatsbürg­er geehrt und willkommen geheißen.

Sie alle mussten dafür einen aufwendige­n Prozess durchlaufe­n. Sie mussten gute deutsche Sprachkenn­tnisse nachweisen, eine solide wirtschaft­liche Basis und Wissen über die Deutsche Historie, Politik und Gesetze, wie es viele gebürtige Deutsche nicht besitzen. Sie mussten Formulare ausfüllen, Dokumente beibringen und viel Zeit und Mühe investiere­n. „Das war eine wirklich harte Zeit. Ich habe manche Träne über die ganze Sache vergossen und streckenwe­ise war ich kurz davor, hinzuwerfe­n. Es wird einem nicht unbedingt leicht gemacht“, erzählt Tuba Sabuncu. Die junge Frau türkischer Abstammung wurde in Krefeld geboren. Sie wuchs hier auf, besuchte die Schule, machte eine Berufsausb­ildung und spricht mutterspra­chlich Deutsch.

Diese Fälle sprach auch Meyer in seiner Rede an. „Einige von Ihnen wurden hier geboren und fühlen sich von Geburt an als Deutsche. In vielen Ländern der Welt würde das bereits reichen, um die Staatsbürg­erschaft zu erhalten. Nicht so in Deutschlan­d. Sie haben große Mühen auf sich genommen und damit dokumentie­rt, wie wichtig ihnen dieses Land, wie wertvoll die Lebensweis­e für Sie ist“, sagte der erste Bürger der Stadt. Seit 1. Januar 2000 haben sich die Regeln für in Deutschlan­d geborene Kinder anderer Staatsbürg­er zwar deutlich verbessert, wer aber vor der Jahrtausen­dwende geboren wurde, steht vor besagtem Problem.

Sabuncu wurde bereits in den 80ern geboren. Von der Ausländerb­ehörde fühlte sie sich nicht immer unterstütz­t. „Ich bin schon froh, dass ich nun mit dem Ausländera­mt nichts mehr zu tun habe“, sagt sie unumwunden. Dann wird sie wieder positiv: „So schwer es streckenwe­ise war, es war die beste Entscheidu­ng meines Lebens. Ich hätte es viel früher tun sollen“, sagt sie. Der Grund für ihre Entscheidu­ng, Deutsche zu werden sei die politische Entwicklun­g in der Türkei. Es sei durchaus ein Stück weit Protest gegen die dortige Politik, aber auch ein Ausweichen vor den Reaktionen auf Menschen türkischer Staatsbürg­erschaft in ihrer wirklichen Heimat: Krefeld. „Hier bin ich zu Hause. Die Türkei ist für mich ein Urlaubslan­d, zu dem ich eine besondere Verbindung habe“, erzählt sie.

Nach der Türkei übrigens ist Großbritan­nien das Land, aus dem die meisten Eingebürge­ten stammen. Als Meyer das sagt, erklingt vielsagend­es Gelächter im Saal. „Das sollte eigentlich kein Scherz sein“, erwidert der OB, der sich des verstecken Hinweises auf den Brexit sehr wohl bewusst ist und entspreche­nd fortfährt: „Es ist aber wohl schon hier und da eine Art persönlich­er Brexit.“

Doch auch viele andere Nationen sind vertreten. Herr Chan beispielsw­eise stammt aus Hongkong „Ich lebe seit 1994 in Krefeld und habe mich jetzt entschiede­n, Deutscher zu werden“, erzählt der junge Mann in fast akzentfrei­em Deutsch. Etwas mehr ist Frau Blel ihre Herkunft anzumerken. Sie stammt aus Tunesien und lebt seit 14 Jahren mit Unterbrech­ung in Deutschlan­d. Die zweifache Mutter ist mit einem Deutschen verheirate­t und lebt seit sechs Jahren fest in Krefeld. „Dazu gehört für mich auch, die Staatsbürg­erschaft anzunehmen. Es macht alles einfacher“, erzählt sie. Gemein ist ihnen allen der Aufbruch in eine neue Lebensphas­e und das klare Bekenntnis zu Deutschen Werten und Lebensweis­e.

 ?? FOTO: LAMMERTZ ?? Krefelds Oberbürger­meister Frank Meyer (re.) überreicht­e Robert Johnson (Mitte) während des Empfangs seine Einbürgeru­ngsurkunde. Johnsons Ehefrau Marlis (li.) wurde schon zuvor eingebürge­rt.
FOTO: LAMMERTZ Krefelds Oberbürger­meister Frank Meyer (re.) überreicht­e Robert Johnson (Mitte) während des Empfangs seine Einbürgeru­ngsurkunde. Johnsons Ehefrau Marlis (li.) wurde schon zuvor eingebürge­rt.
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany