Rheinische Post Krefeld Kempen
Triadisches Ballett kommt in die City
Es war ein großes Experiment, das durch Oskar Schlemmer legendär wurde: das Triadische Ballett. Das Theater der Klänge führt eine zeitgenössische Variante beim Stadtkulturfest auf: erstmals open air – auch das ist ein Experiment.
Er konnte nicht nur malen. Oskar Schlemmer (1888-1943) war auch Bildhauer und Bühnenbildner. Nach eigenem Ermessen hat er nur einmal versagt: als Tänzer bei der Uraufführung des Triadischen Balletts. Dabei sollte sich sein Name gerade mit diesem experimentellen Tanzspektakel untrennbar verbinden und zu einem ikonischen Werk des 20. Jahrhunderts werden, das stets in einem Atemzug mit dem Bauhaus genannt wird.Warum das so ist, das will das Theater der Klänge aus Düsseldorf bei „Kultur findet Stadt“zeigen: Am Freitag, 14., und am Sonntag, 16. Juni, jeweils ab 21 Uhr auf demWilly-Göldenbachs-Platz führt das Ensemble „Trias – Das Triadische Ballett“auf.
Am Bauhaus ist das Ballett niemals gezeigt worden, aber es lebt den Geist der Avantgardeschule, der Schlemmer sich schon früh anschloss. 1920 hat ihn Bauhaus-Gründer Walter Gropius als Lehrer nach Weimar verpflichtet. Als das Bauhaus 1925 dort schließen musste und nach Dessau umzog, hat Schlemmer die Bauhausbühne als eigenständige Abteilung geleitet. Seiner Faszination für die menschliche Figur im Raum, sein Lebensthema, konnte Schlemmer im „Triadischen Ballett“Formen geben in den drei Teilen Raumtanz, Formentanz und Gestentanz.
Den Anstoß gab 1912 das Tänzer-Ehepaar Albert Burger und Elsa Hötzel, das wie viele Künstler in der Aufbruchstimmung um die Jahrhundertwende auf der Suche nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten für ein neues Menschenbild war. Das klassische Ballett mit Spitzenschuhen und Tütüs entsprach nicht mehr dem Zeitgeist. Die Moderne lockte mit Befreiung: Die Korsetts der Damenkleider fielen, die strikten Kleider- und Verhaltenskodexe bröckelten – und der Tanz verlangte nach einem neuen, modernen Ballett. Das Tänzerpaar suchte dafür nach avantgardistischen Mitstreitern. Der Komponist Arnold Schönberg gab Burger einen Korb, aber für die bildkünstlerische Umsetzung konnte der Tänzer Oskar Schlemmer begeistern. Im September 1922 war die Uraufführung in Stuttgart.
„Die lief nicht gut“, sagt Jacqueline Fischer, Choreografin des Theaters der Klänge. Denn Schlemmer, der unter Pseudonym in der Figur des Türken auftrat, hatte für sich, Hötzel und Burger 18 spektakuläre Kostüme entworfen, die er Figurinen nennt: aus wenig Stoff, großen Masken und sperrigen Materialien wie Holz, Drahtkonstruktionen und Hartplastik. „Schnelle Umzüge funktionierten nicht, es muss enorme Verspätungen gegeben haben. Da wurde das Publikum natürlich ungeduldig“, sagt Fischer. Daraus habe ihr Ensemble gelernt. Doch auch die Düsseldorfer haben viel experimentiert, um Kostüme zu schaffen, die dem Look der Avantgarde von vor 100 Jahren entsprechen, aber nicht bei jeder Bewegung reißen oder die Tänzer allzu sehr beeinträchtigen.
Fischer hat „Trias – Das Triadische Ballett“2014 als Neuauflage des Originals choreografiert – bis dahin hatten Schlemmers Erben die Aufführungsrechte gesperrt. Ohnehin gibt es kaum verwertbares Quellenmaterial. Die Staatsgalerie Stuttgart, die über die größte öffentliche Schlemmer-Sammlung weltweit verfügt, zeigt die einzigen noch erhaltenen Original-Figurinen der Uraufführung. „Wir machen bewusst keine Rekonstruktion. Schlemmer wollte den neuen Menschen kreieren. Diese Idee greifen wir auf“, berichtet Fischer.
Trias bezeichnet die Dreiheit: So bleibe die Konstruktion von drei Tableaus mit jeweils sechs Szenen, drei Darstellern und drei Musikern erhalten. Aber die Musik ist zeitgenössisch: Der Schauspieler und Musiker Thomas Wansing hat sie im Auftrag des Theaters der Klänge komponiert. Anfangs wurde das Ballett mit Musik von Enrico Bossi, Debussy, Mozart, Haydn, Händel und anderen aufgeführt. 1926 schuf Paul Hindemith eine Neuvertonung für Mechanische Orgel.„Das war uns zu ernst. Wir wollen Musik, die so fröhlich und das Leben feiernd ist, wie es die Bauhäusler waren“, berichtet die Choreografin.
Übrigens ist Krefeld auch für das Düsseldorfer Ensemble ein Experiment: „Wir haben das Ballett noch nie open air aufgeführt. Die 40 Scheinwerfer der Innenaufführungen müssen wir reduzieren, wir wissen nicht genau, wie die Kostüme etwa auf Wind reagieren, und draußen gibt es jede Menge Nebengeräusche. Aber das Ballett braucht auch stille Momente.“
„Hindemiths Musik ist zu ernst, wir wollen Musik so fröhlich und feiernd ist wie die Bauhäusler“Jacqueline Fischer
Choreografin“