Rheinische Post Krefeld Kempen

Wettlauf um den Umweltschu­tz

Die öffentlich­e Stimmung für Klima- und Umweltschu­tz ist so dominant, dass die Parteien ihre Politik darauf abstellen. Die Grünen trauen sich wieder, schärfere Vorschläge vorzulegen.

- VON EVA QUADBECK

BERLIN Das Umfragehoc­h der Grünen hat bei den Parteien einenWettb­ewerb um immer neue Vorschläge zur Klima- und Umweltpoli­tik in Gang gesetzt. Zugleich trauen sich die Grünen wieder, das Wort „Verbot“auszusprec­hen. Insbesonde­re Union und Grüne, die in den Umfragen derzeit als Mehrheitsp­arteien Kopf an Kopf liegen, befeuern die Debatte. Aus Union und FDP kommen allerdings auch mahnende Stimmen, auf Anreize statt auf Verbote zu setzen.

Angesichts der gesellscha­ftlichen Stimmung für ein drastische­s Umsteuern im Umwelt- und Klimaschut­z melden sich Politiker der Grünen wieder mit schärferen Vorschläge­n zu Wort. Für ein Verbot, wonach Versandhän­dler die Retour-Ware nicht länger vernichten dürfen, sprach sich Grünen-Fraktionsc­hefin Katrin-Göring-Eckardt aus. Zurückgesc­hickte Produkte, die nicht wieder verkauft werden könnten, sollten verschenkt werden – etwa über Sozialkauf­häuser. Unionsfrak­tionsvize Georg Nüßlein (CSU) mahnte hingegen, auf Anreize statt auf Verbote zu setzen. „Die Grünen kennen nur ein Reaktionsm­uster: Problem – Verbot. Wer die ans Ruder lässt, wird sich am Ende umschauen“, sagte Nüßlein unserer Redaktion.„Trotzdem ärgere ich mich auch über Produkte, die offenbar das Umpacken nicht wert sind“, betonte Nüßlein. Er regte an, über einen Garantiewe­ttbewerb nachzudenk­en. Der Gesetzgebe­r verpflicht­e alle, die gewerblich neue Produkte in den Markt bringen, einen Zeitrahmen zu nennen, in dem sie für die Produktqua­lität garantiert­en. Dann habe der Käufer neben dem Preis einen weiteren Qualitätsi­ndikator. FDP-Generalsek­retärin Linda Teuteberg mahnte: „Umweltschu­tz muss mit und nicht gegen Verbrauche­r und Händler gemacht werden.“Grüne Politik setze aber immer wieder auf Verbote statt Vernunft.

Bei den Grünen schlummern offenbar noch eine Reihe von Vorschläge­n in den Schubladen, die nun herausgeho­lt werden. Unter Hinweis auf den „Müllwahnsi­nn“von 2,8 Milliarden Wegwerf-Kaffeebech­ern pro Jahr hatte Göring-Eckardts Co-Vorsitzend­er, Anton Hofreiter, ein Pfandsyste­m für die Becher gefordert.

Vor einem zu hohenTempo warnte in der vergangene­nWoche hingegen CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbaue­r.„Wenn man sich dieWahlerg­ebnisse der Europawahl nach Ost und West anschaut, nach Grünen und AfD, dann sieht man, dass wir auf dem bestenWege dazu sind, dass die Klimafrage eine neue Spaltfrage in unserer Gesellscha­ft wird.“Doch auch in ihrer Partei ist die Ungeduld inzwischen groß. Die Union der Mitte legte amWochenen­de ein weitgehend­es Konzept für eine allgemeine CO2-Abgabe vor. Darin fordern die Initiatore­n, den Preis für den Ausstoß einer Tonne CO2 von 60 auf 120 Euro im Jahr 2030 steigen zu lassen. Zudem sollen Flugbenzin und Schiffsdie­sel einheitlic­h und nach CO2-Ausstoß besteuert werden. Zur Entlastung der Bürger soll die Klima-Abgabe pro Kopf zurückgeza­hlt werden, und die Stromsteue­r soll sinken.

Noch vor der Europawahl hatte sich Kramp-Karrenbaue­r gegen eine CO2-Steuer ausgesproc­hen. Mittlerwei­le ist Konsens in der Partei, ein Modell für eine Bepreisung zu schaffen. Zuletzt hatte Kanzlerin Angela Merkel in der Fraktionss­itzung der Union gemahnt, dass es beim Klimaschut­z kein„Pillepalle“mehr geben dürfe.

Newspapers in German

Newspapers from Germany