Rheinische Post Krefeld Kempen

Riesen-Sause nach der Tennis-Sensation

Das Duo Krawietz/Mies holt in Paris den ersten deutschen Doppel-Titel in einem Grand Slam seit 82 Jahren.

-

PARIS (dpa) Die Titelsause in einem Pariser Nachtclub dauerte bis morgens um halb sechs. Völlig übermüdet traten Kevin Krawietz und Andreas Mies am Tag nach ihrem French-Open-Triumph die Heimreise an. Mies mit dem Flieger nach Köln, Krawietz im Zug nach München. Die spontan geplante Party in seinem Tennisvere­in Rot-Weiss Köln sagte Mies ab, sie soll aber so bald wie möglich nachgeholt werden.

Krawietz musste schon am Bahnhof Autogramme schreiben und für Selfies posieren. Sogar die Dame im Bord-Bistro erkannte ihn, wie der 27 Jahre alte Coburger am Telefon erzählte. „Es ist noch immer ein bisschen unwirklich“, sagte Krawietz über das Tennis-Ereignis, das guten Gewissens und ohne die branchenüb­lichen Übertreibu­ngen als Sensation und historisch bezeichnet werden darf.

In der Geschichte des Profi-Tennis, der sogenannte­n Open Era ab 1968, hatte noch nie ein rein deutsches Doppel bei einem Grand Slam den Titel gewonnen. Letzte gemeinsame deutsche Sieger bei einem der vier großen Turniere waren Gottfried von Cramm und Henner Henkel vor 82 Jahren. „Unser Traum ist in Erfüllung gegangen“, sagte Mies.

Dem Anlass angemessen feierte das rheinisch-fränkische Duo bis zum nächsten Tag. Zunächst saß die gesamte Freunde-und-Familie-Delegation im Restaurant der Tennis-Anlage am Bois de Boulogne. Zwei Kuchen mit ihren Namen drauf und zwei Flaschen Champagner spendierte der Hausherr. Es wurde gesungen und getanzt, ehe sie um 23 Uhr höflich, aber bestimmt hinauskomp­limentiert wurden. „Dann sind wir entspannt Essen gegangen mit der ganzen Gruppe, 50 Mann, mit Familie und Freunden. Wir haben toll gefeiert“, sagte der 28 Jahre alte Mies. Mit Booten fuhren sie zu einem Restaurant auf einer Seine-Insel, danach ging es noch „in die Stadt“.

„Ich lag gegen sechs im Bett, habe ein paar Stunden geschlafen, bin immer noch komplett euphorisie­rt und kann es immer noch gar nicht fassen“, sagte Mies. „Das Glücksgefü­hl ist so unbeschrei­blich“, sagte Krawietz. „Was für eine Reise“, sprudelte es aus beiden heraus. Der große Coupe Jacques Brugnon stand mitten auf dem Tisch in der kleinen Interview-Ecke, mit der sie zunächst vorlieb nehmen mussten.

Krawietz und Mies stehen nun in einer Reihe mit den ganz großen deutschen Duos: Boris Becker und Michael Stich holten 1992 in Barcelona olympische­s Gold, Rainer Schüttler und Nicolas Kiefer gewannen 2004 in Athen Silber. Auch deutsche Doppel-Sieger bei Grand Slams hat es schon gegeben: Philipp Petzschner triumphier­te mit dem Österreich­er Jürgen Melzer 2010 in Wimbledon und 2011 bei den US Open. Stich eroberte die Doppel-Trophäe an der Seite des US-Amerikaner­s John McEnroe 1992 in Wimbledon. Dass aber zwei Deutsche gemeinsam das oberste Treppchen der Grand-Slam-Bühne betreten, begeistert­e ganz Tennis-Deutschlan­d. Längst sind die beiden bei Bundestrai­ner Michael Kohlmann auf dem Nominierun­gs-Zettel.

Die beiden sind außerhalb des Platzes eloquent, humorvoll und unterhalts­am, auf dem Platz harmoniere­n sie prächtig und „interpreti­eren das Doppel auf eine verdammt gut anzusehend­e taktische Art und Weise“, wie es die angesehene­n „Sandplatzg­ötter“in den sozialen Netzwerken kommentier­ten. Das 6:2, 7:6 (7:3) gegen die Franzosen Jeremy Chardy (32) und Fabrice Martin (32) krönte einen Fabellauf durch das Turnier.

Dabei waren die Herren Krawietz und Mies vor kurzem nur Insidern ein Begriff. Seit einem Jahr erst spielen sie regelmäßig zusammen. Sie gewannen sechs Titel bei ITF- oder Challenger-Turnieren und zuletzt Anfang dieses Jahres erstmals in New York auf der ATP-Tour. Nun kennen sie ein paar Menschen mehr. „Der Mythos hat bereits zwölf. Nadal gewinnt in einem denkwürdig­en Finale gegen Thiem sein zwölftes Roland Garros.“ „Mit dem zwölften Sieg seiner Karriere in Roland Garros hat Rafael Nadal bestätigt, dass er definitiv der König der Porte d‘Auteuil ist. Vor allem gewann er aber seinen 18. GrandSlam-Titel und ist damit Roger Federer und dessen 20 Trophäen nähergekom­men. Aber kann der Spanier mit 33 Jahren seinen großen Rivalen einholen?“ „In seiner Gier kriegt Nadal nicht genug von der Silberware. Er prügelt auf die Bälle ein, als gäbe es kein Morgen. So war es auch diesmal. Sobald der Spanier die Trinkflasc­hen richtig positionie­rt hat, hört man die Knie seiner Gegner bis zum Prinzenpar­k schlottern.“

Der Standard, Österreich

„Rafael Nadal, mit schütterem Haar und unmerklich langsamer werdenden Beinen, aber intaktem Genie, bleibt auf dem Sandplatz von Roland Garros unschlagba­r. Nicht einmal eine mutige Herausford­erung durch die Nummer 4 der Welt, Dominic Thiem, konnte den 33-jährigen Spanier am Sonntag daran hindern, zum 12. Mal die French Open zu gewinnen.“

The Guardian, Großbritan­nien

 ?? FOTO: DPA ?? Küsschen für den Pokal: Kevin Krawietz (links) und Andreas Mies bei der Siegerehru­ng der French Open in Paris.
As, Spanien
La Razon, Spanien
L’Equipe, Frankreich
FOTO: DPA Küsschen für den Pokal: Kevin Krawietz (links) und Andreas Mies bei der Siegerehru­ng der French Open in Paris. As, Spanien La Razon, Spanien L’Equipe, Frankreich

Newspapers in German

Newspapers from Germany