Rheinische Post Krefeld Kempen
Telekom fordert oberirdische Glasfaserleitungen
Der Chef von Telekom Deutschland über den Ausbau des Fest- und Mobilfunknetzes.
Herr Wössner, die Deutschen sind immer länger online. Wird es eng im Netz?
Nein, wir sehen, dass der Verkehr in den Netzen pro Jahr um 40 bis 50 Prozent wächst. Das berücksichtigen wir beim Netzausbau und investieren kräftig.
Laut Messungen der Bundesnetzagentur bekommen nur 13 Prozent der Anschlussinhaber in Deutschland die mit dem Anbieter vereinbarte Maximalgeschwindigkeit oder mehr. 71,3 Prozent kamen wenigstens auf die Hälfte. Verstehen Sie den Frust von Kunden?
Ich verstehe den Frust von Kunden, wenn Anschlüsse nicht das bieten, was der Anbieter versprochen hat. Das muss nicht immer nur am Netzbetreiber liegen. Wir stellen häufig fest, dass es sich um Probleme innerhalb des Hauses handelt, beispielsweise mit dem W-Lan. Oft liegt es auch an den Betreibern von Internetseiten. Wenn die nicht genug Serverkapazität bieten, macht sich das in den Abendstunden bemerkbar. Also, wenn viele Nutzer auf die Seite gehen. Aber es gilt auch: Wer nur mit weniger als 16 Megabit pro Sekunden unterwegs ist, hat es heute schwer. Deswegen bauen wir solche Gebiete ja auch konzentriert aus.
Wir wollen in Deutschland möglichst vielen möglichst schnelle Anschlüsse anbieten – statt Gigabit für wenige.
Die Bundesregierung hat den Ausbau der Glasfasernetze als eine Priorität in ihrem Koalitionsvertrag festgehalten: Bis 2025 wird eine flächendeckende Versorgung mit Gigabit-Netzen angestrebt. Ist das realistisch?
Man muss die richtigen Rahmenbedingungen setzen – bei der Regulierung, für den Ausbau vor Ort und durch ein intelligentes Förderkonzept. Wir machen unser Möglichstes, die Netze auszubauen. Teilweise sind
das Gigabitnetze, aber vor allem wollen wir viele Menschen überhaupt erst mal mit Geschwindigkeiten über 50 Megabit pro Sekunde versorgen. Mittlerweile können wir knapp 30 Millionen Haushalten einen solchen Anschluss bieten. Deswegen haben wir in den letzten Jahren kräftig investiert – über fünf Milliarden Euro pro Jahr. Jedes Jahr verlegen wir 60.000 Kilometer Glasfaserkabel und bauen 1800 neue Mobilfunkmasten auf. Wenn beim Netzausbau jeder unsere Schlagzahl hätte, müsste niemand in Deutschland über Funklöcher und mangelnde Geschwindigkeitenklagen. Wir sagen aber auch: Die Telekom allein wird den Ausbau in Deutschland nicht stemmen können.
Was ist denn noch nötig?
Wir werden die ehrgeizigen Ziele in Sachen Netzausbau nicht erreichen, wenn wir weiter produzieren und ausbauen, wie seit Jahren. Neben Fördermitteln sind alternative Verlegungsverfahren notwendig: Leitungen können oberirdisch verlegt werden oder mit Trenching. Dabei werden die Leitungen mit Frästechnik über schmale Schlitze in den Boden eingebracht. In anderen Ländern ist das selbstverständlich. Doch wir tun uns in Deutschland schwer. Die Briten wollen ländliche Gebiete mit oberirdischen Glasfaserleitungen anschließen. Das ist bei uns undenkbar, weil wir es hübsch haben wollen. Gleichzeitig soll es schnell gehen. Das ist ein unauflösbarer Widerspruch.
Verzögern die Engpässe im Tiefbau weiterhin das Verlegen von Glasfaserleitungen?
Der Tiefbau-Markt ist extrem angespannt. Wir müssen deswegen langfristige Verträge schließen, um uns gegen Preissteigerungen abzusichern. Beim Tiefbau verzeichnen wir dennoch gewaltige Preissteigerungen von acht und zehn Prozent im Jahr. Mit klassischen Methoden allein ist der Netzausbau daher nicht zu schaffen. Ohne alternative Verlegeverfahren wie Trenching geht es nicht.
Ihr Düsseldorfer Konkurrent Vodafone fordert mehr Engagement des Staates für den Ausbau der Breitband-Kabelnetze in Deutschland. Wie in Spanien soll der Staat Leerrohre verlegen, und jeder Anbieter dürfte sie nutzen. Eine gute Idee?
Grundsätzlich sind wir uns einig, dass es mehr Unterstützung beim Netzausbau braucht. Solche Betreibermodelle gibt es heute schon in einigen Regionen. Sicher kann das in geeigneten Fällen eine Lösung und Ergänzung zu bestehenden Fördermodellen sein, auch für die Telekom.Wir arbeiten an entsprechenden Modellen.