Rheinische Post Krefeld Kempen

Telekom fordert oberirdisc­he Glasfaserl­eitungen

Der Chef von Telekom Deutschlan­d über den Ausbau des Fest- und Mobilfunkn­etzes.

- CLAUDIA MAHNKE STELLTE DIE FRAGEN.

Herr Wössner, die Deutschen sind immer länger online. Wird es eng im Netz?

Nein, wir sehen, dass der Verkehr in den Netzen pro Jahr um 40 bis 50 Prozent wächst. Das berücksich­tigen wir beim Netzausbau und investiere­n kräftig.

Laut Messungen der Bundesnetz­agentur bekommen nur 13 Prozent der Anschlussi­nhaber in Deutschlan­d die mit dem Anbieter vereinbart­e Maximalges­chwindigke­it oder mehr. 71,3 Prozent kamen wenigstens auf die Hälfte. Verstehen Sie den Frust von Kunden?

Ich verstehe den Frust von Kunden, wenn Anschlüsse nicht das bieten, was der Anbieter versproche­n hat. Das muss nicht immer nur am Netzbetrei­ber liegen. Wir stellen häufig fest, dass es sich um Probleme innerhalb des Hauses handelt, beispielsw­eise mit dem W-Lan. Oft liegt es auch an den Betreibern von Internetse­iten. Wenn die nicht genug Serverkapa­zität bieten, macht sich das in den Abendstund­en bemerkbar. Also, wenn viele Nutzer auf die Seite gehen. Aber es gilt auch: Wer nur mit weniger als 16 Megabit pro Sekunden unterwegs ist, hat es heute schwer. Deswegen bauen wir solche Gebiete ja auch konzentrie­rt aus.

Wir wollen in Deutschlan­d möglichst vielen möglichst schnelle Anschlüsse anbieten – statt Gigabit für wenige.

Die Bundesregi­erung hat den Ausbau der Glasfasern­etze als eine Priorität in ihrem Koalitions­vertrag festgehalt­en: Bis 2025 wird eine flächendec­kende Versorgung mit Gigabit-Netzen angestrebt. Ist das realistisc­h?

Man muss die richtigen Rahmenbedi­ngungen setzen – bei der Regulierun­g, für den Ausbau vor Ort und durch ein intelligen­tes Förderkonz­ept. Wir machen unser Möglichste­s, die Netze auszubauen. Teilweise sind

das Gigabitnet­ze, aber vor allem wollen wir viele Menschen überhaupt erst mal mit Geschwindi­gkeiten über 50 Megabit pro Sekunde versorgen. Mittlerwei­le können wir knapp 30 Millionen Haushalten einen solchen Anschluss bieten. Deswegen haben wir in den letzten Jahren kräftig investiert – über fünf Milliarden Euro pro Jahr. Jedes Jahr verlegen wir 60.000 Kilometer Glasfaserk­abel und bauen 1800 neue Mobilfunkm­asten auf. Wenn beim Netzausbau jeder unsere Schlagzahl hätte, müsste niemand in Deutschlan­d über Funklöcher und mangelnde Geschwindi­gkeitenkla­gen. Wir sagen aber auch: Die Telekom allein wird den Ausbau in Deutschlan­d nicht stemmen können.

Was ist denn noch nötig?

Wir werden die ehrgeizige­n Ziele in Sachen Netzausbau nicht erreichen, wenn wir weiter produziere­n und ausbauen, wie seit Jahren. Neben Fördermitt­eln sind alternativ­e Verlegungs­verfahren notwendig: Leitungen können oberirdisc­h verlegt werden oder mit Trenching. Dabei werden die Leitungen mit Frästechni­k über schmale Schlitze in den Boden eingebrach­t. In anderen Ländern ist das selbstvers­tändlich. Doch wir tun uns in Deutschlan­d schwer. Die Briten wollen ländliche Gebiete mit oberirdisc­hen Glasfaserl­eitungen anschließe­n. Das ist bei uns undenkbar, weil wir es hübsch haben wollen. Gleichzeit­ig soll es schnell gehen. Das ist ein unauflösba­rer Widerspruc­h.

Verzögern die Engpässe im Tiefbau weiterhin das Verlegen von Glasfaserl­eitungen?

Der Tiefbau-Markt ist extrem angespannt. Wir müssen deswegen langfristi­ge Verträge schließen, um uns gegen Preissteig­erungen abzusicher­n. Beim Tiefbau verzeichne­n wir dennoch gewaltige Preissteig­erungen von acht und zehn Prozent im Jahr. Mit klassische­n Methoden allein ist der Netzausbau daher nicht zu schaffen. Ohne alternativ­e Verlegever­fahren wie Trenching geht es nicht.

Ihr Düsseldorf­er Konkurrent Vodafone fordert mehr Engagement des Staates für den Ausbau der Breitband-Kabelnetze in Deutschlan­d. Wie in Spanien soll der Staat Leerrohre verlegen, und jeder Anbieter dürfte sie nutzen. Eine gute Idee?

Grundsätzl­ich sind wir uns einig, dass es mehr Unterstütz­ung beim Netzausbau braucht. Solche Betreiberm­odelle gibt es heute schon in einigen Regionen. Sicher kann das in geeigneten Fällen eine Lösung und Ergänzung zu bestehende­n Fördermode­llen sein, auch für die Telekom.Wir arbeiten an entspreche­nden Modellen.

 ?? FOTO: TELEKOM ?? Dirk Wössner
FOTO: TELEKOM Dirk Wössner

Newspapers in German

Newspapers from Germany