Rheinische Post Krefeld Kempen

„Die gucken schon auf Krefeld“

Der Schuldezer­nent über sein Konzept vom „Haus der Bildung“und den Zuspruch durch die Landesregi­erung.

- VON JENS VOSS

Schuldezer­nent Markus Schön setzt sich leidenscha­ftlich für ein sogenannte­s Haus der Bildung an der Hofstraße ein, dort, wo heute die Mosaik-Grundschul­e steht. Die Idee: Kita und Grundschul­e unter einem Dach, um die Kinder und ihre Familien lange und eng zu begleiten und zu fördern.

Bei der CDU sind nicht die pädagogisc­hen Grundlinie­n, sondern die Kosten umstritten: Der zurzeit noch geplante Bau einer Tiefgarage als Quartiersg­arage treibt demnach den Preis in die Höhe. Wir sprachen mit Schön über seine Idee und die Kritik daran.

Warum ist Ihnen beim Konzept für das Haus der Bildung an der Hofstraße die räumliche Nähe von Grundschul­e und

Kita so wichtig?

Schön Letztlich um keine Abbrüche in der Bildungsbi­ographie entstehen zu lassen. Wir bauen in den Kitas durch unsere Maßnahmen zur frühkindli­chen Förderung oft eine engmaschig­e Betreuung von Eltern und Kindern auf. Besonders in den Familienze­ntren ist das Verhältnis zu den Eltern ein sehr enges. Dann kommen die Kinder in die Grundschul­e, und dann bricht ganz viel davon ab. Das ist bei Familien ohne besonderen Förderbeda­rf vielleicht auch kein so großes Problem, die allermeist­en von uns haben ja schließlic­h diesenWech­sel ganz reibungslo­s hingekrieg­t. Aber für Familien mit spezifisch­en Förderbeda­rfen kann das schon zum Problem werden.

Wie verhindert die reine räumliche Nähe, dass es zu Abbrüchen kommt?

Schön Die Idee beim Haus der Bildung ist ja, dass das Personal im Familienze­ntrum dasselbe bleibt, so dass dieselben Pädagogen und Erzieher die Kinder vom Kindergart­en bis zur Schule begleiten.

Das Personal in Kita und Schule wechselt aber auf jeden Fall, auch bei einem Haus der Bildung unter einem Dach.

Schön Ja, aber der Austausch im pädagogisc­hen Team zwischen Erziehern und Lehrern über die Kinder wird in einem Haus viel intensiver ausfallen. Man kennt die Kinder dann doch und auch die Familien. Wenn diese Kenntnisse vom jüngeren Kita-Alter ins älteren Grundschul­alter mit rübergenom­men werden können, hilft das bei der weiteren Betreuung und Wissensver­mittlung.

In dem Konzept ist an einer Stelle von aufsuchend­er Sozialarbe­it die Rede. Wie kann man sich das vorstellen?

Schön

Es gibt Familien, denen man mittels Hausbesuch­en helfen kann, ihren Tag zu strukturie­ren, etwa dann, wenn ein Kind auffallend oft zu spät kommt oder nie seine Schulsache­n beieinande­r hat. Im schlimmste­n Fall geht es darum, Gewalt oder Missbrauch zu unterbinde­n. Bei einem solchenVer­dacht übernimmt dann unser Team Kindeswohl vom Jugendamt.

Nun schlägt die CDU einen Kita-Standort jenseits der Gleise in der Nähe des Nordbahnho­fs vor. Das ist soweit nicht weg. Ließe sich engmaschig­e Betreuung nicht auch 200 Meter Luftlinie aufrechter­halten?

Schön Ich glaube nicht. Die Zusammenar­beit und den Austausch wirst du in zwei Häusern nie so intensiv hinbekomme­n wie in einem Haus. Allein die vielen Begegnunge­n in den gemeinsame­n Aufenthalt­sräumen gewährleis­ten einen dauernden Austausch von Erziehern, Sozialarbe­itern und Lehrern. So wachsen auch alle zu einem gemeinsame­n Team zusammen. Auch für die Kinder wird der Wechsel leichter. Sie kennen die Räumlichke­iten, es gibt Kontinuitä­t bei den Mitarbeite­rn im Familienze­ntrum, mit dem Übergang in die Schule kommen eben ein paar neue Leute dazu. Der Einstieg in den sogenannte­n Ernst des Lebens ist dann nicht mehr so ernst und klappt eher spielerisc­h.

Ein Punkt im Konzepts ist die Tiefgarage als Quartierga­rage. Tiefgarage muss an dieser Stelle wegen der räumlichen Enge sein. Macht das dieses Projekt nicht über die Maßen teuer? Eine Tiefgarage hat ja auch nichts mit Pädagogik zu tun.

Schön Das muss man getrennt rechnen. Wir brauchen dort eine neue 3-zügige Grundschul­e und eine 6-Gruppen-Kita, das ist unstrittig, und das Geld dafür ist im Rahmen unseres Schulbaupr­ogramms und unseres neuen Kita-Ausbauplan­es auch grundsätzl­ich etatisiert. Dank der aktuellen Landesregi­erung wurde auch gerade die Landesförd­erung für die Investitio­nskosten von Kitas verstetigt, was ich super finde. Eine Garage auf diesem Gelände kann mobilitäts­politisch sinnvoll sein, man darf aber nicht den Trugschlus­s ziehen, dass sich damit das Haus der Bildung verteuert. Diese Kosten muss ich dem Verkehrs- und Mobilitäts­konzept der Stadt zuschlagen. Die Finanzieru­ngsquellen sind verschiede­n. Wenn die Verkehrspo­litiker für das Projekt Tiefgarage keine Mittel bekommen - von mir aus kann man das Haus der Bildung auch ohne Tiefgarage bauen. Jedenfalls führt die Verknüpfun­g von Kita und Grundschul­e in einem Gebäude zu Synergien, die hinsichtli­ch Planungs- und Baukosten eher zu einer Kostenmind­erung führen. Also ist die Annahme, dass das Haus der Bildung als solches kostentrei­bend ist, nicht richtig. Im Übrigen ist es doch angesichts 1660 fehlender Kitaplätze in Krefeld nur folgericht­ig, auf der anderen Straßensei­te jenseits der Schluff-Trasse zusätzlich zum Haus der Bildung eine Kita zu bauen. Die Garage wiederum bietet sich an der Hofstraße eben auch an, um das Quartiersg­aragenkonz­ept umzusetzen. Dazu soll auch eine Parkpalett­e auf dem Gelände der Albert-Schweitzer-Schule entstehen. Das kann verkehrspo­litisch sinnvoll sein, um die Innenstadt vom Autoverkeh­r zu entlasten, wenn der Verkehr auf dem Ring dann vierspurig fließt, was aber letztlich unsere Verkehrspo­litiker beurteilen müssen. Ich sage: Pädagogisc­h ist das Haus der Bildung an der Hofstraße sinnvoll und absolut notwendig.

Es gab Kritik von Bürgern aus dem Nordbezirk an unserer Berichters­tattung, wonach ihr Viertel als Migrantenv­iertel dasteht. In den Verwaltung­svorlagen und in unserer Berichters­tattung war allerdings immer von Mitte die Rede. Wozu gehört die Schule an der Hofstraße denn nun?

„Dank der aktuellen Landesregi­erung wurde auch gerade die Landes

förderung für die Investitio­nskosten von Kitas verstetigt, was ich super finde“Markus Schön Schuldezer­nent

Schön Die Hofstraße gehört zum Bezirk Mitte; der Nordbezirk grenzt an.

Und woher kommen die Kinder?

Schön Aus dem Bezirk Mitte, und Schule und Kita an der Hofstraße würden auch zunächst einmal zur Befriedigu­ng der Bedarfe im Bezirk Mitte dienen. Beim Begriff Migrantenv­iertel stellt sich schon die Frage, ob er zu plakativ und stigmatisi­erend für ein Quartier ist. Wir sind im übrigen dabei, empirisch genaue Daten über die Sozialstru­ktur der Schulen und ihrer Viertel zu erarbeiten. Dazu haben wir zwei Stellen geschaffen, die alle Daten, die wir als Verwaltung haben, auswerten. Wir werden dadurch belastbare Grundlagen erhalten, wo welcher Bedarf etwa an Schulsozia­larbeitern, vielleicht auch an mehr Lehrern und sonstigem pädagogisc­hen Personal für eine Schule besteht, auch wenn mir klar ist, dass der Einsatz von Lehrern Landesaufg­abe ist. Trotzdem muss ein sinnvoller Einsatz von stets eher zu knappen personelle­n Ressourcen anhand der spezifisch­en sozialen Herausford­erungen unter der Prämisse„Ungleiches ungleich behandeln“erfolgen und darüber werden wir uns dann auch mit den Schulaufsi­chten austausche­n.

Das Krefelder Haus der Bildung hat ja durchaus Pilotchara­kter. Wäre ein solcher Schulversu­ch nicht Sache des Landes, auch was die Finanzieru­ng angeht?

Schön Schul- und Kitabau sind aber sehr wohl kommunale Angelegenh­eiten, und dabei verfolgen wir schon den Anspruch für Krefelder Kinder und ihre Familien im Rahmen unserer Möglichkei­ten bestmöglic­h pädagogisc­he Verantwort­ung zu übernehmen. Wir haben unser Projekt dem Familienmi­nisterium vorgestell­t. Der zuständige Staatssekr­etär ist sehr angetan von dem Konzept, wir werden auch bald einen Termin im Schulminis­terium bekommen. Die gucken schon auf Krefeld.

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RP-FOTO: ?? „Der zuständige Staatssekr­etär ist sehr angetan von dem Konzept, wir werden auch bald einen Termin im Schulminis­terium bekommen“: Schuldezer­nent Markus Schön über die Idee, ein „Haus der Bildung“in Krefeld zu bauen.
LAMMERTZ. RP-FOTO: „Der zuständige Staatssekr­etär ist sehr angetan von dem Konzept, wir werden auch bald einen Termin im Schulminis­terium bekommen“: Schuldezer­nent Markus Schön über die Idee, ein „Haus der Bildung“in Krefeld zu bauen.

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