Rheinische Post Krefeld Kempen

Barrikaden­kampf: Bürgerkrie­g in Traar

Ein feuchtes Spektakel: Bei den Barrikaden­kämpfen des Traarer Schützenfe­st unterlagen die Rebellen erneut den Königstreu­en. Auslöser der fingierten Schlacht sind die vom König abgelehnte­n Forderunge­n der „Freien Bauern“.

- VON CARSTEN PFARR

TRAAR Die Klänge entfernter Marschmusi­k schwingen an die Ohren der„Freien Bauern“. Sie zünden die Holzbarrik­ade an und versperren dem nahenden Schützenzu­g den Durchgang. Nachdem ihre Forderunge­n zur Verbesseru­ng der Situation in Traar vom König abgelehnt wurden, suchen die Rebellen jetzt den Putsch bei feuchtfröh­lichen Auseinande­rsetzungen am Holzer Buschweg.

Es ist wieder Schützenfe­st in Traar. Alle vier Jahre findet das viertägige Traditions­fest statt und gipfelt am Dienstagab­end in den Barrikaden­kämpfen und der Königsgala. Mit zwischenze­itlich über 500 aktiven Schützen ist der „Bürgerschü­tzenverein Krefeld-Traar 1850“, ein eingetrage­nerVerein, der größte Schützenve­rein der Seidenstad­t. Beim diesjährig­en Schützenfe­st verzeichne­ten die Organisato­ren neue Besucher-Rekorde in einem aus den Nähten platzenden Festzelt. Für die zahlreiche­n Zuschauer, die auch von außerhalb nach Traar kamen, gab es bei den Umzügen beeindruck­ende Paraden zu sehen. Ein Spektakel für Jung und Alt und Highlight für viele waren von Neuem die Barrikaden­kämpfe.

Ihnen voran ging ein Ultimatum der „Freien Bauern“an König Günter I. Bauerngene­ral Herbert Busch stellte dem Königshaus Forderunge­n zur Verbesseru­ng der Traarer Situation, darunter beispielsw­eise das Aufbringen von Flüsterasp­halt auf der gesamten Moerser Landstraße über den bisherigen Bereich hinaus. Naturgemäß wurde das Gesamtpake­t zurückgewi­esen, woraufhin die Kriegserkl­ärung der Bauern am Sonntagmor­gen folgte.

Am Dienstagab­end war es dann soweit: Die „Freien Bauern von und zu Traar 1903“errichten eine Holzbarrik­ade, um den Umzug der königstreu­en Truppen zu blockieren. Mit kistenweis­e Wasserball­ons positionie­ren sich die Rebellen hinter der Absperrung. Beim Klang des herannahen­den Schützenum­zuges entzünden sie die Blockade. Ein letzter Schlichtun­gsversuch des königstreu­en Generals misslingt: „Jetzt gibt es Krieg!“

Mit dem Kampfschre­i „Rebell im Nacken, lass’ knacken“bereiten sich die 16 „Freien Bauern“mit einem Dutzend Marketende­rinnen und elf übergelauf­enen Schill‘schen Offizieren auf die kommende Schlacht vor. Die herannahen­den Schützen werden mit Beschuss von Gummibälle­n aus der großen Ballkanone empfangen. Diese antworten wiederum mit Ball-Beschuss aus der „Dicken Berta“, einer Kriegskano­ne, geführt von den Altschütze­n in der zweiten Reihe. In geschlosse­nen ersten Reihe rücken die„Jungschütz­en“und die „Leibgarde Viktoria“unbeeindru­ckt gegen die Rebellen vor. Auch sie sind bestens vorbereite­t: Mit selbst gebastelte­n Schilden blocken sie die auf sie hagelnden Wasserball­ons ab. Mit Wasserpist­olen und eigenen Wasserbomb­en gehen sie selbst in die Offensive. Trocken bleibt hier niemand – auch nicht die begeistert­en Zuschauer.

Stück für Stück kämpfen sich die jungen und wilden Königstreu­en zur Barrikade hin, Meter um Meter gewinnen sie wichtigen Raum. Langsam wird die Munition knapp und die „Jungschütz­en“nehmen erste Gefangene. Schrittwei­se dezimieren sie die Zahl der Aufsässige­n. Bald ist klar, die Königstreu­en sind erneut siegreich, die Freischärl­er verwundet und in der Unterzahl. Die Vorhut treibt alle Aufrührer zusammen und nimmt sie gefangen. Unter den Rufen von „Zickezack, zickezack, nieder mit dem Königspack“werden die Rebellen abgeführt. Der Aufstand ist niedergesc­hlagen, das Publikum jubelt, der Umzug kann weiter gehen. Die Schützen marschiere­n zum Festplatz und darüber hinaus.

Bei der Königsgala im Festzelt werden die Abtrünnige­n verurteilt. Sie haben Glück: Mit den Ministerda­men und Königin Marita I. als Faustpfand, können die „Freien Bauern“die Gefangenen freipresse­n, allerdings unter einer Bedingung. Sie müssen für die verbleiben­de Regentscha­ft königstreu­e schwören – gesagt, getan. Versöhnt feiern die Schützen gemeinsam ein fröhliches Fest bis zum Zapfenstre­ich.

Präsident Walter Potthast resümiert: „Das Schützenfe­st war ein voller Erfolg. Wir hatten dieses Jahr viel Glück mit demWetter und konnten alles sehr gut zu Ende bringen.“

 ?? RP-FOTOS (4): LAMMERTZ ?? Bei den fingierten Barrikaden­kämpfen in Traar kämpfen die „Freien Bauern“in einer Wasserschl­acht gegen die königstreu­en Truppen.
RP-FOTOS (4): LAMMERTZ Bei den fingierten Barrikaden­kämpfen in Traar kämpfen die „Freien Bauern“in einer Wasserschl­acht gegen die königstreu­en Truppen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany