Rheinische Post Krefeld Kempen
Grünzug mit einer klaffenden Wunde
Seit vielen Jahren ist die Aufforstung des Kasernengeländes im Forstwald Thema. Passiert ist bisher nichts.
ST. TÖNIS / FORSTWALD Schon 17 Jahre ist es her, dass das Regiment der Britischen Rheinarmee die Kaserne am Stockweg aufgegeben hat. Fast ebenso lange setzen sich Günther Porst und seine Mitstreiter vom Bürgerverein Forstwald dafür ein, dass das Gelände aufgeforstet und so der historische Grünzug wieder geschlossen wird. Bisher erfolglos. Die 16 Hektar Land mitten im Wald, die die Briten gerodet haben und die zur Hälfe bebaut und asphaltiert sind, sind sich seit 2002 selbst überlassen.
Zehn Hektar liegen auf Krefelder Stadtgebiet, sechs Hektar gehören zu Tönisvorst. Während die Stadt Tönisvorst keine Pläne für das Grundstück hat, hatte die Tönisvorster SPD sich im vorigen Jahr für eine Aufforstung ausgesprochen, fand dafür aber keine Mehrheit. Anders sieht es auf Seiten der Krefelder Politik aus. Rat und Stadt haben im vorigen Jahr beschlossen, das Kasernengelände zu bebauen. Zunächst war von 165 Wohneinheiten die Rede, später von 60. „Es ist aber so“, erklärt Günther Porst, „dass die Städte zwar die Planungshoheit haben, das Gelände aber der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, der BIMA, gehört.“Und die habe Krefeld einen Kaufpreis genannt, der völlig unerschwinglich sei, weshalb die Baupläne auf Eis gelegt worden seien.
Die Krefelder FDP-Fraktion, der Günther Porst als Ratsherr angehört, hatte sich gegen die Bebauung ausgesprochen. „Wir wollen keine Splittersiedlung im Außenbereich“, sagt Fraktionschef Joachim Heitmann. Das sei städteplanerischer Unsinn. „Das Kasernengelände schließt nicht an eine vorhandene Bebauung an, dort Häuser hinzusetzen, ist eine Zersiedelung der Landschaft.“Stattdessen möge Krefeld sich auf das besinnen, was die Stadt ausmacht: die über viele Jahrzehnte gewachsenen Grünflächen. „Die Stadt im Grünen – dieses Image sollte gepflegt werden, und das könnte man mit der Aktion Aufforstung sehr gut.“
FDP und Bürgerverein fordern die Wiederherstellung der geschlossenen Kulturlandschaft Forstwald, für die schon 2003 fast 1500 Unterschriften gesammelt worden waren, und hoffen, dass der Klimanotstand, den auch Krefeld ausgerufen hat, und die Kraft der Jugendbewegung „Fridays for Future“ihnen in die Karten spielen. Die jungen Menschen haben explizit gefordert, dass versiegelte Flächen in Grünbereiche umgewandelt werden sollen und auf die Erschließung neuer Stadtteile verzichtet werden müsse.
„Ganz aktuell hat eine Studie der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich außerdem nachgewiesen, dass die Klimakrise durch nichts so effektiv bekämpft werden kann wie durch Aufforstung“, weiß Günther Porst. Durch das massive Anpflanzen von Bäumen sei es möglich, die Erwärmung der Erde auf 1,5 Grad zu begrenzen, heißt es in der Studie. Um eine Zahl zu nennen: Gut 8000 Bäume würden auf den 16 Hektar des ehemaligen Kasernenge
ländes Platz finden. Die wären auch für die Frischluftzufuhr, als Temperaturausgleich und zur Sicherung der Wasserschutzzone ein großer Gewinn, sagen Porst und Heitmann.
Rückendeckung bekommen die Verfechter der Aufforstung vom BUND, der zugunsten einer ausreichenden Trinkwasserversorgung fordert, auf weitere Versiegelung gerade im Wassergewinnungsgebiet Forstwald zu verzichten und stattdessen Bäume anzupflanzen. Und auch beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft weiß man um den Wert der Bäume: „Wälder speichern Kohlenstoff. Zudem ersetzen Holzprodukte fossile Brennstoffe und energieintensive Materialen. Damit werden alleine in Deutschland 14 Prozent der Treibhausgas-Emission eingespart“, erklärte Peter Bleser, Staatssekretär im Bundesministerium bei einer Tagung der Forstwirte.
Günther Porst und Joachim Heitmann hoffen, dass der Zeitgeist jetzt zum Umdenken führt und Krefeld das Kasernengelände im Forstwald kauft, um es aufzuforsten. „Als Wald würde das Areal auch nur ein Zehntel dessen kosten, was die BIMA für das Gelände als Bauland haben will“, ist Porst sicher. Das gilt übrigens auch für den Bereich, der auf Tönisvorster Stadtgebiet liegt.