Rheinische Post Krefeld Kempen
Keksfabrik meldet erneut Insolvenz an
Über das Vermögen der traditionsreichen Wilhelm Gruyters GmbH mit Firmensitz an der Tannenstraße hat das Amtsgericht Krefeld am Mittwoch erneut ein Insolvenzverfahren eröffnet. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter ist Rechtsanwalt Claus-Peter Kruth bestellt
Im Dezember 2016 wurde der Fortbestand der mehr als 150 Jahre alten Fabrik für Back- und Schokoladenwaren verkündet. Nach Zahlungsunfähigkeit und streitbarenWochen und Monaten gaben die Gläubiger grünes Licht für den weiteren Geschäftsbetrieb. Jetzt, zweieinhalb Jahre später, meldete das Unternehmen erneut Insolvenz an.
Am Mittwoch habe das Amtsgericht Krefeld Rechtsanwalt Claus-Peter Kruth von der Kanzlei Andres und Partner in Düsseldorf zum vorläufigen Insolvenzverwalter der Wilhelm Gruyters GmbH bestellt. Momentan sei er dabei, sich vor Ort einen Überblick über die wirtschaftliche Ausgangssituation zu verschaffen. Sein Ziel sei es, das Unternehmen im Sinne aller wesentlichen Beteiligten zu erhalten. Dafür werde er alle ihm zur Verfügung stehenden Sanierungsoptionen prüfen. Die rund 55 Mitarbeiter habe Kruth sofort über das Verfahren und die anstehenden Schritte informiert, erklärte Kanzleisprecher Thomas Feldmann gestern auf Anfrage unserer Redaktion.
„Für die nächsten drei Monate erhalten sie anstelle ihrer Löhne und Gehälter Insolvenzgeld von der Bundesagentur für Arbeit. Der Geschäftsbetrieb wird ohne Einschränkung aufrechterhalten. Kunden- und Lieferantenbeziehungen sind nicht betroffen“, ergänzte der Sprecher. Über die Ursachen für die erneute Schieflage könne er zum jetzigen Zeitpunkt keine Angaben machen.
Vor rund 30 Monaten war die Karre nur mit Hilfe der Conrad Schulte Feingebäck GmbH & Co. KG aus Rietberg im Kreis Gütersloh aus dem Dreck zu ziehen. Das Unternehmen wurde Partner, um die traditionsreiche Krefelder Keksfabrik Gruyters wirtschaftlich wieder auf Kurs zu bringen. Dazu hatten die beiden Unternehmen Anfang Juni 2016 eine Vertriebskooperation geschlossen.
Die Kooperation umfasste den Ausbau eines gemeinsamen Geschäfts, insbesondere mit Portionsgebäck und loser Ware für den klassischen Kaffeebeilagenbereich, aber auch für die Themen Vollkostund Diät-Gebäck sowie vegane und glutenfreie Produkte, sagte der Sprecher. Conrad Schulte hatte nach eigenen Angaben die Bestände von Gruyters vollständig übernommen und wollte sämtliche Vertriebsaktivitäten in Deutschland exklusiv begleiten. Neben der Bündelung und Vereinfachung desVertriebs und der Logistik, sei darüber hinaus eine enge Kooperation mit gegenseitiger Unterstützung über alle Bereiche hinweg Bestandteil der Vereinbarung, so der Sprecher.
Die Conrad Schulte Feingebäck GmbH & Co. KG ist ein familiengeführtes Traditionshaus für feine Backwaren und stellt sowohl Jahresartikel als auch Saisonartikel für den deutschen Einzelhandel her. Durch die flexible Ausgestaltung der Produktions- und Verpackungsmöglichkeiten werden vom Fachhandel bis zum Discount alle Formate mit Marken- beziehungsweise Eigenmarken bedient. Schulte ist mit zwei Standorten in der Nähe von Rietberg beheimatet und beschäftigt 350 Mitarbeiter.
Bereits im vorläufigen Insolvenzverfahren habe Conrad Schulte vor Jahren dieWilhelm Gruyters GmbH unterstützt und auf deren hochwertiges Angebot zurückgegriffen, berichtete Feldmann. Entscheidend hierbei sei vor allem die Entlastung im Bereich der Logistik und desVertriebs gewesen. Die Waren würden seitdem exklusiv unter der Marke Gruyters sowie unter eigenen Namen im deutschen Einzelhandel vertrieben. Diese Zusammenarbeit wurde uneingeschränkt fortgesetzt. „Auf diese Weise sichern wir der Wilhelm Gruyters GmbH ein langfristiges Geschäft und heben erste wichtige Synergieeffekte“, sagte der Insolvenzverwalter damals.
Die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs war möglich geworden, nachdem der Betriebsrat der Wilhelm Gruyters GmbH dem Konzept Kruth, das unter anderem die Kündigung von vier Arbeitsverhältnissen vorsah, nach mehreren Verhandlungsrunden zugestimmt hatte.
Aussagen über die aktuelle Auftragslage und die Produktionsbedingungen an der Tannenstraße seien derzeit nicht beabsichtigt, so der Sprecher.