Rheinische Post Krefeld Kempen
Die Sorgen der Menschen ernst nehmen
Nach der Sommerpause erhält Maik Giesen als jüngster Stadtverordneter den Ehrenring.
TÖNISVORST Am Donnerstag feierte Maik Giesen seinen 48. Geburtstag. Und am 19. September wird er einer von fünf Stadtverordneten sein, die für 25 Jahre und mehr Tätigkeit im Stadtrat den Ehrenring erhalten. Er ist damit der jüngste Ratsherr, der diese Ehrung erfährt. Maik Giesen war gerade mal 23 Jahre alt, als er mit weiteren jungen Leuten vor 25 Jahren bei der Kommunalwahl 1994 für die CDU in den Stadtrat einzog.
Wenn er von diesen Anfängen erzählt, bekommt er noch heute leuchtende Augen. Für ihn waren das „spannende Zeiten“. Von 1989 bis 1994 hatten SPD und Grüne die Mehrheit im Rat und stellten mit Dietrich Büttner den Bürgermeister – zum bisher einzigen Mal. In dieser Zeit war Giesen bereits sachkundiger Bürger und machte seine ersten kommunalpolitischen Erfahrungen.
Es war damals Udo Bachmann, bis 1988 Stadtdirektor in Tönisvorst, der junge Leute für die Politik gewinnen wollte und sie gleichzeitig fit machte, damit sie „gegen die alten Säcke“bestehen konnten. Der junge JU-Mann Giesen besuchte deshalb anWochenenden fleißig Seminare der Konrad-Adenauer-Stiftung in Bonn. 1988/89 war Martin DohmenVorsitzender der Jungen Union. Die Junge Union muss damals sehr vielschichtig gewesen sein. Einige kämpften für eine Disco, weil es so etwas in Tönisvorst nicht gab, andere organisierten Fußballspiele, und einige interessierten sich für Politik. Die JU-Mitglieder brachten dort viele Anträge ein, etwa um das Kino am Alten Markt, wo jetzt die Musikschule Flotte Finger ist, zu erhalten. Geklappt hat es damals nicht. Das Kino, in dem Giesen als Kind Kinderfilme sah, wurde abgerissen.
Damals hätten die Jusos Streetworker für Tönisvorst gefordert, erinnert sich Giesen. Die Junge Union hat sich für Jugendzentren engagiert. So sei Ende der 80er Jahre für 1,2 Millionen Mark das Jugendfreizeitzentrum an der Gelderner Straße gebaut worden, damals das modernste im KreisViersen, wie Giesen stolz hinzufügt. Dort gab es dann mittwochs und alle vier Wochen samstags Disco-Time.
1994 zog die CDU mit einer jungen Truppe, intern CDU II genannt, in den Stadtrat, Albert Schwarz wurde Bürgermeister. Die jungen Leute unter Führung von AchimWiehagen, mit Daniel Slomka und Nicole Jänsch, hatten einen engagierten Wahlkampf geführt, wurden aber von den Altgedienten „nicht mit interessanten Aufgaben bedacht“. Maik Giesen: „Das waren streitlustige Zeiten.“
Giesen hatte Glück und rückte in den Aufsichtsrat der damaligen Stadtwerke Tönisvorst nach. Um den aus dem Ruder gelaufenen Schwimmbadneubau zu bewältigen, wurden die Stadtwerke Tönisvorst an das RWE verkauft. Die Bäder Tönisvorst GmbH musste liquidiert werden.Wegen der schwierigen steuerlichen Thematik dauerte der Vorgang drei Jahre. Giesen, der zuerst bei Schroeter eine Lehre als Groß- und Außenhandelskaufmann gemacht hatte, steckte damals in einem berufsbegleitenden Studium und konnte die Erfahrung aus dem Aufsichtsrat direkt umsetzen.
Heute bezeichnet es Maik Giesen als Glück, die Nachkriegsgeneration noch kennengelernt zu haben. Er nennt Emmy Scholze, Matthias Holtschoppen und Hans Reichers, die ihn geprägt hätten. „Maik, Du musst für die Menschen da sein, ihnen zuhören und die Sorgen ernst nehmen“, lehrte ihn Emmy Scholze in jungen Jahren.
Zur Präsenz in seinem Wahlkreis kommt noch das soziale Engagement. So wurde nach der Rettung des Krankenhauses der Verein zur Förderung der öffentlichen Gesundheits- und Altenpflege gegründet. Giesen ist bis heute dort Schatzmeister. DerVerein sammelte Gelder für den Notarztwagen oder für Tan
demräder, die im Seniorenhaus genutzt werden.
Nicht so gern erinnert er sich an seine Bürgermeister-Kandidatur, wo er Thomas Goßen, dem Kandidaten aus der Verwaltung, unterlag. Und auch die Umstände, wie er sein Amt als Schatzmeister der CDU Tönisvorst verlor, will er nicht gerne thematisieren. Bekannt ist der gebürtige St. Töniser vor allem als Mann der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU. Vor wenigen Tagen wurde er gerade wieder als MIT-Kreisvorsitzender wiedergewählt.
In den 25 Jahren, die Giesen im Stadtrat erlebte, hat sich vor allem das Miteinander verändert. Der Ton ist deutlich rauer geworden. Nach den Fraktions- und Ratssitzungen ging man früher gemeinsam zuWierichs oder Kämmer in Vorst. Legendär waren dieWeihnachtsfeiern. Als Jäger habe Heinz Michael Horst von der SPD auch schon mal einen Bock gespendet. Heute sind alle per Handy und Tablet vernetzt, aber das direkte Miteinander hat gelitten. Mit einem besseren Klima könnte die Stadt Tönisvorst schon viel weiter sein, ist sich Giesen sicher.