Rheinische Post Krefeld Kempen
Nur wenige bewerben sich für den SPD-Vorsitz
Die SPD hängt in der Luft. Einen Monat können sich Anwärter für den Chefposten noch melden.
BERLIN (dpa) Malu Dreyer strahlt. „Und jetzt geht‘s los, ihr lieben Leute, macht mit, wir freuen uns!“, sagt die kommissarische SPD-Vorsitzende und rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin in einer Werbebotschaft für die Beteiligung der SPD-Mitglieder an der Auswahl des künftigen Parteivorsitzes. Doch einen Monat vor Ende des Bewerbungsschlusses am 1. September um 18 Uhr ist nicht absehbar, ob es überhaupt genug Bewerber mit Strahlkraft geben wird, um einen lebhaften Wettbewerb in Gang zu setzen. An diesem Mittwoch wollen die Kandidaten Michael Roth und Christina Kampmann in Berlin noch einmal für ihre Sache werben. Der Europa-Staatsminister und die ehemalige nordrhein-westfälische Familienministerin hatten ihren Hut als Erste in den Ring geworfen.
Die SPD hängt in der Luft. Nach starker Führung sieht es derzeit nicht aus – trotz gleich drei kommissarischer Chefs. Wer die Sozialdemokraten in welche Zukunft führen soll, zeichnet sich auch rund zwei Monate nach dem Rücktritt von Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles in keinerWeise ab. Über 12,5 bis 14,5 Prozent kommt die SPD in Umfragen nicht hinaus. Bei den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen am 1. September drohen neue Niederlagen.
Politische Schwergewichte haben in dieser Lage bisher eher durch Absagen und Zögern auf sich aufmerksam gemacht. Der Mann, der wohl am häufigsten als mögliche künftige Nummer eins der SPD eins genannt wird, hat bereits Routine im Abwinken.„Ich habe in Niedersachsen eine wichtige und schöne Aufgabe und keine Ambitionen auf einen Wechsel nach Berlin“, sagt Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). „Nur auf die ,Schließen Sie aus’-Fragen antworte ich konsequent immer: nein.“Völlig unklar ist, ob Weil im Fall der Fälle alleine antreten würde oder wer die Frau für ein Kandidatenduo wäre. Ein Medienbericht, wonach Weil verzichten und den Weg für Lars Klingbeil als Kandidaten freimachen will, wurde am Montagabend in Parteikreisen als Spekulation eingestuft. Dem Generalsekretär, auch ein Niedersachse, werden Ambitionen nachgesagt.
Andere haben deutlichere Worte gefunden, um zu sagen, dass sie nicht an die SPD-Spitze wollen, allen voran die Interimschefs Dreyer, Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und Hessens Landeschef Thorsten Schäfer-Gümbel – aber auch Finanzminister Olaf Scholz und Arbeitsminister Hubertus Heil.
Klingbeil erwartet dennoch „sicher“weitere Kandidaten. „Ich schließe nicht aus, dass es auch von Ministerpräsidenten oder Ministern Bewerbungen geben kann“, sagt er. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey gilt als heiße Anwärterin, hat allerdings das Problem, dass derzeit noch eine Prüfung ihrer Dissertationsschrift läuft – Ausgang offen. Eine Bewerbung nicht ausgeschlossen hat die ehemalige Kandidatin für das Amt der Bundespräsidentin, Gesine Schwan – die mittlerweile 76 Jahre alt ist. Gehandelt wird auch der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert. Neben Roth und Kampmann haben bisher die Bundestagsabgeordneten Karl Lauterbach und Nina Scheer ihre Kandidatur angekündigt.