Rheinische Post Krefeld Kempen

Thomas und seine vielen Spuren

Eine Führung durch die Propsteiki­rche brachte Erstaunlic­hes und Spannendes ans Tageslicht. Aber auch sonst ist er im Stadtbild vielfach präsent. Vieles erinnert an den bekanntest­en Sohn Kempens.

- VON EVA SCHEUSS

KEMPEN In jedem Sommer veranstalt­et der Thomas-Verein Kempen einen Tag, der sich ganz dem berühmtest­en Sohn der Stadt widmet. Fast 50 Personen begaben sich jetzt gemeinsam mit Georg Kaiser auf eine „meditative Spurensuch­e“in der Propsteiki­rche. Kaiser (68), ehemaliger Leiter der Johannes-Hubertus-Schule in St. Hubert, hat eine ganz besondere Beziehung zu Thomas von Kempen. Im Keller seines Elternhaus­es und jetzigen Wohnhauses im Schatten der Propsteiki­rche wurde nämlich 1969 ein mittelalte­rlicher Brunnen entdeckt, den auch Thomas’ Familie Hemerken mitbenutzt hat. Das sei schon„sehr spannend“gewesen, erinnert sich Kaiser.

Seine besondere Führung würzte er immer wieder mit Zitaten aus dem berühmtest­en Werk des Thomas, der vierbändig­en „Nachfolge Christi“, die als „Imitatio Christi“in aller Welt Verbreitun­g fand. Neben dem Brunnen gibt es in der Kirche vor allem den Taufstein aus dem romanische­nVorgänger­bau, an dem Thomas sehr wahrschein­lich um 1380 getauft wurde. Und auch die neben der Kirche gelegene Burse war sehr wahrschein­lich seine erste Schule. Die Führung widmete sich weniger den direkten historisch­en Quellen, sondern dem Widerhall des Thomas in den Kunstwerke­n der Kirche.„Bei den Fenstern der Kirche gibt es nur zwei Themen“, so Georg Kaiser, der auch im Kirchbauve­rein sehr aktiv ist: „die Marienvere­hrung und die Nachfolge Christi.“

Zunächst erläuterte er die Fenster von Wilhelm Geyer (1900-1968) im südlichen Chorumgang. Die modernen Fenster zeigen Heilige, Selige und Alltagshei­lige aller Couleur und Zeiten, darunter Kardinal von Galen oder Alfred Delp. Thomas ist dort mit seinen typischen Attributen, einer Schreibfed­er und einem Buch, dargestell­t. „Obwohl er nicht heilig gesprochen wurde, hat er in dieser himmlische­n Festversam­mlung seinen Platz gefunden“, so Kaiser.

Etwas abenteuerl­ich wurde der Aufstieg in das Obergescho­ss der Michaelska­pelle, die normalerwe­ise nicht öffentlich zugänglich ist. Sie befindet sich an der im Schnittpun­kt zwischen Chorumgang und südlichem Seitenschi­ff. Eine enge, steile Wendeltrup­pe ging es hinauf, um sich dann im goldenen Licht des Thomasfens­ters von Emil Wachter von 1988 wiederzufi­nden. Das Fenster ist vom Kirchenrau­m leider nicht zu sehen, da es durch den Prospekt der Renaissanc­e-Orgel verdeckt wird. Das sehr farbenfroh­e Fenster wurde von Propst Josef Reuter anlässlich seines silbernen Priesterju­biläums gestiftet. Es zeigt Thomas von Kempen, ganz in Blau gekleidet, unter einer großen Kuppel, natürlich mit Buch. Kaiser machte auf viele interessan­te Details aufmerksam, wie das Bild einer Baustelle, das sich angeblich auf das Kempener Rathaus bezieht. Und auf zwei an den Seiten abgebildet­e Türme, von denen einer zu einer Moschee gehören soll. „Dies soll auf den universell­en Charakter des Evangelium­s hinweisen“, so Kaiser.

Dann ging es hinüber auf die andere Seite der Kirche. Dort, im Norden, befindet sich die deutlich größere, ebenfalls nicht frei zugänglich­e Thomas-Kapelle, auch sie wieder nur über eine steile Wendeltrep­pe erreichbar. Viele Hinweise auf Thomas gibt es dort. Die vor den weißen Fenstern aufgehängt­en Glasbilder aus der Zeit um 1900 entstammen der Kapelle des Kempener Lyzeums, des früheren Kempener Mädchengym­nasiums am Ring. Eine Abbildung zeigt die ungewöhnli­che Verbindung von Josef und Jesus, die – auf Wolken schwebend – Thomas in seiner Studierstu­be erscheinen.

Eine neuere Skulptur der Kempener Bildhaueri­n Grießmann zeigt Thomas zusammen mit Martin Luther. „Die Nachfolge Christi enthält Gedankengu­t, das von den Reformator­en aufgegriff­en wurden“, so Kaiser. Witzige Details offenbart ein Kapitell des Bildhauers Titus Reinarz, ein Geschenk der Thomas-Stiftung-Kiefer. Zu beiden Seiten einer Christus-Figur, in gekreuzigt­er Haltung die Arme ausbreiten­d, entfaltet sich buntes Leben: „Alle sind zur Nachfolge aufgerufen“, sagt Georg Kaiser dazu.

Dabei ist auch Thomas, dessen vier Bücher Jesus zuzufliege­n scheinen. Und ganz links außen gibt es einen lokalen Bezug.: Aus dem Kempener Kuhtor guckt neugierig eine Kuh heraus.

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FOTOS: ARCHIV In der Propsteiki­rche finden sich zahlreiche Spuren des bekanntest­en Sohnes der Stadt Kempen.
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Die erste Schule, die Thomas wahrschein­lich besuchte, war in der Burse auf dem Kirchplatz untergebra­cht.
 ??  ?? Thomas’ Hauptwerk „De imitatione Christi“wurde in viele Sprachen übersetzt, hier eine französisc­he Ausgabe im Thomas-Archiv.
Thomas’ Hauptwerk „De imitatione Christi“wurde in viele Sprachen übersetzt, hier eine französisc­he Ausgabe im Thomas-Archiv.

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