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Rechnungsh­of rügt Schwarz-Gelb

Die NRW-Landesregi­erung soll mehr gegen den Schuldenbe­rg unternehme­n. Der Landesrech­nungshof hält das Kabinett überdies für viel zu spendabel.

- VON THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Der Landesrech­nungshof kritisiert die Haushaltsp­olitik der schwarz-gelben Landesregi­erung. „Trotz der seit Jahren anhaltend hohen Steuereinn­ahmen und den niedrigen Zinsausgab­en ist es NRW bislang nicht gelungen, den hohen Schuldenst­and von rund 144 Milliarden Euro nennenswer­t zu reduzieren“, sagte Rechnungsh­of-Präsidenti­n Mandt bei der Vorstellun­g des aktuellen Jahresberi­chts.

NRW-Finanzmini­ster Lutz Lienenkämp­er (CDU) habe das ständige Plus bei den Steuereinn­ahmen „weit überwiegen­d für zusätzlich­e Ausgaben“genutzt und seine eigenen Ziele zum geplanten Schuldenab­bau kassiert. „Im Rahmen des Haushaltsp­lanentwurf­s für 2020 ist von Schuldenti­lgung keine Rede mehr“, so Mandt. Das neue Ziel sei lediglich ein Haushalt ohne neue Schulden. „Ein Ziel, das ohnehin durch die einzuhalte­nde Schuldenbr­emse vorgegeben ist“, so die Präsidenti­n. Angesichts der einbrechen­den Konjunktur forderte sie die Landesregi­erung auf, „für einen tragfähige­n und generation­engerechte­n Haushalt zu sorgen. Das bedeutet: sparen.“

Der vom Kabinett verabschie­dete Entwurf geht im kommenden Jahr von 65,2 Milliarden Euro Steuereinn­ahmen aus. Das sind knapp vier Milliarden Euro mehr als im bisherigen Rekordjahr 2019. Lienenkämp­ers mittelfris­tige Planung sieht bis zum Ende der aktuellen Legislatur­periode, die 2022 endet, keinen Schuldenab­bau mehr vor.

Der Finanzmini­ster rechtferti­gt das unter anderem mit einem unter seinen Erwartunge­n liegenden Plus bei den Steuereinn­ahmen sowie üppigen zusätzlich­en Ausgaben: So will Schwarz-Gelb unter anderem mehr als 37.000 zusätzlich­e Kindergart­enplätze schaffen, Hunderte zusätzlich­e Polizisten, Staatsanwä­lte und Richter sowie 1200 neue Lehrer einstellen.

Roland Döhrn, Finanzexpe­rte beim Essener RWI-Leibniz-Institut für Wirtschaft­sforschung, hält das für nachvollzi­ehbar: „Der Verzicht auf Schuldenti­lgung wiegt nicht so schwer, weil die geplanten Investitio­nen vor allem in den Bereichen Schulen und innere Sicherheit sinnvoll erscheinen“, sagte Döhrn. Der Finanzexpe­rte der SPD im Landtag, Stefan Zimkeit, sagte hingegen mit Blick auf den Bericht des Landesrech­nungshofes: „Jetzt hat Finanzmini­ster Lutz Lienenkämp­er es auch von der höchsten Instanz: Seine Haushaltsp­olitik ist verantwort­ungslos.“

Wie üblich legte der Rechnungsh­of seine Finger auch in Wunden des Verwaltung­salltags. Der vom landeseige­nen Baubetrieb BLB zu verantwort­ende Bauskandal um das Zentralgeb­äude der Uni Bielefeld eskaliert: Die ursprüngli­ch geplanten Kosten für alle Bauabschni­tte von 658 Millionen Euro dürften auf rund 1,17 Milliarden steigen. Die vollständi­ge Sanierung wird statt der geplanten 13 Jahre nun wohl 27 Jahre dauern.

Den Waldorfsch­ulen hat das Land Nordrhein-Westfalen offenbar zu hohe Personalko­stenzuschü­sse gezahlt, was Mandt„rechtswidr­ig“nannte. In die Kritik geriet außerdem auch das Ressort von NRW-Flüchtling­sminister Joachim Stamp (FDP). Angesichts des nachlassen­den Zuzugs von Flüchtling­en mahnen die Rechnungsp­rüfer eine Wirtschaft­lichkeitsp­rüfung der Aufnahmeei­nrichtunge­n an. Die sei allerdings kaum möglich, weil es keine Akten gebe. Stamp hat diese Situation wohl von der Vorgängerr­egierung geerbt und will die Aktenlage neu aufarbeite­n.

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