Rheinische Post Krefeld Kempen
Rechnungshof rügt Schwarz-Gelb
Die NRW-Landesregierung soll mehr gegen den Schuldenberg unternehmen. Der Landesrechnungshof hält das Kabinett überdies für viel zu spendabel.
DÜSSELDORF Der Landesrechnungshof kritisiert die Haushaltspolitik der schwarz-gelben Landesregierung. „Trotz der seit Jahren anhaltend hohen Steuereinnahmen und den niedrigen Zinsausgaben ist es NRW bislang nicht gelungen, den hohen Schuldenstand von rund 144 Milliarden Euro nennenswert zu reduzieren“, sagte Rechnungshof-Präsidentin Mandt bei der Vorstellung des aktuellen Jahresberichts.
NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU) habe das ständige Plus bei den Steuereinnahmen „weit überwiegend für zusätzliche Ausgaben“genutzt und seine eigenen Ziele zum geplanten Schuldenabbau kassiert. „Im Rahmen des Haushaltsplanentwurfs für 2020 ist von Schuldentilgung keine Rede mehr“, so Mandt. Das neue Ziel sei lediglich ein Haushalt ohne neue Schulden. „Ein Ziel, das ohnehin durch die einzuhaltende Schuldenbremse vorgegeben ist“, so die Präsidentin. Angesichts der einbrechenden Konjunktur forderte sie die Landesregierung auf, „für einen tragfähigen und generationengerechten Haushalt zu sorgen. Das bedeutet: sparen.“
Der vom Kabinett verabschiedete Entwurf geht im kommenden Jahr von 65,2 Milliarden Euro Steuereinnahmen aus. Das sind knapp vier Milliarden Euro mehr als im bisherigen Rekordjahr 2019. Lienenkämpers mittelfristige Planung sieht bis zum Ende der aktuellen Legislaturperiode, die 2022 endet, keinen Schuldenabbau mehr vor.
Der Finanzminister rechtfertigt das unter anderem mit einem unter seinen Erwartungen liegenden Plus bei den Steuereinnahmen sowie üppigen zusätzlichen Ausgaben: So will Schwarz-Gelb unter anderem mehr als 37.000 zusätzliche Kindergartenplätze schaffen, Hunderte zusätzliche Polizisten, Staatsanwälte und Richter sowie 1200 neue Lehrer einstellen.
Roland Döhrn, Finanzexperte beim Essener RWI-Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, hält das für nachvollziehbar: „Der Verzicht auf Schuldentilgung wiegt nicht so schwer, weil die geplanten Investitionen vor allem in den Bereichen Schulen und innere Sicherheit sinnvoll erscheinen“, sagte Döhrn. Der Finanzexperte der SPD im Landtag, Stefan Zimkeit, sagte hingegen mit Blick auf den Bericht des Landesrechnungshofes: „Jetzt hat Finanzminister Lutz Lienenkämper es auch von der höchsten Instanz: Seine Haushaltspolitik ist verantwortungslos.“
Wie üblich legte der Rechnungshof seine Finger auch in Wunden des Verwaltungsalltags. Der vom landeseigenen Baubetrieb BLB zu verantwortende Bauskandal um das Zentralgebäude der Uni Bielefeld eskaliert: Die ursprünglich geplanten Kosten für alle Bauabschnitte von 658 Millionen Euro dürften auf rund 1,17 Milliarden steigen. Die vollständige Sanierung wird statt der geplanten 13 Jahre nun wohl 27 Jahre dauern.
Den Waldorfschulen hat das Land Nordrhein-Westfalen offenbar zu hohe Personalkostenzuschüsse gezahlt, was Mandt„rechtswidrig“nannte. In die Kritik geriet außerdem auch das Ressort von NRW-Flüchtlingsminister Joachim Stamp (FDP). Angesichts des nachlassenden Zuzugs von Flüchtlingen mahnen die Rechnungsprüfer eine Wirtschaftlichkeitsprüfung der Aufnahmeeinrichtungen an. Die sei allerdings kaum möglich, weil es keine Akten gebe. Stamp hat diese Situation wohl von der Vorgängerregierung geerbt und will die Aktenlage neu aufarbeiten.