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Im Online-Handel wächst die Konkurrenz

Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft zeigt: E-Commerce wird immer globaler. Gleichzeit­ig wächst die Bedeutung der Logistik. Online-Händler nehmen die Belieferun­g immer stärker selbst in die Hand.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Vor 20 Jahren war das Internet für viele noch Neuland. Zu Hause auf der Couch per Mausklick einzukaufe­n, womöglich auch noch online zu bezahlen und dem Händler mitzuteile­n, wohin die Ware geliefert werden soll – das klang damals visionär. Eingang des 21. Jahrhunder­ts hatten die Online-Erlöse einen verschwind­end geringen Anteil am Umsatz im deutschen Einzelhand­el. Seit dem Jahr 2000 haben sich diese Erlöse verfünfzig­facht, ist der Anteil am Gesamtumsa­tz der Branche auf mehr als zehn Prozent gestiegen.

Und wird weiter wachsen, weil die Produktaus­wahl vielfach größer ist, die Waren oft billiger sind als im traditione­llen stationäre­n Handel, weil man sich die Ware nach Hause liefern lassen kann, weil man unabhängig von den Öffnungsze­iten der Ladenlokal­e ist. Dass das zum Ladensterb­en in den Innenstädt­en beiträgt, ist eine schmerzlic­he Folge, die den Kunden aber wohl kaum in seinem Kaufverhal­ten beeinfluss­en wird. Und mit zunehmende­m Online-Geschäft wächst die globale Konkurrenz im Handel. „Kunden werden zunehmend auch Produkte von Onlinehänd­lern mit Sitz im Ausland kaufen, Händler werden zunehmend auch ins Ausland verkaufen“, heißt es in einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), die unserer Redaktion vorliegt.

Vermutlich könnte das mit dem Online-Wachstum noch viel schneller gehen, wenn der Transport zum Kunden rascher vonstatten ginge. „Die Logistik ist der Flaschenha­ls des Online-Handels“, schreibt IW-Studienaut­orin Barbara Engels. Zum Teil werde der Handel im Netz „bereits jetzt dadurch gebremst, dass Produkte nicht so schnell und präzise ankommen, wie von den Endkunden der Händler erwartet“. Es gibt laut Studie zu wenig Packstatio­nen im Vergleich mit der Kundennach­frage, außerdem zu wenig Jobs in der Logistik-Branche und jede Menge Staus in den Innenstädt­en, die die Lieferung zusätzlich verlangsam­en.„In den sechs deutschen Stau-Hauptstädt­en (Hamburg, Berlin, Nürnberg, Bremen, Stuttgart und München, d. Red.) mussten Autofahrer im Jahr 2018 bei jeder Fahrt im Schnitt mindestens 30 Prozent mehr Zeit im Vergleich zu den günstigste­n Geschwindi­gkeiten einplanen. Dies betrifft auch die Lieferfahr­zeuge, die dadurch längere Lieferzeit­en veranschla­gen müssen“, schreibt Engels.

Dabei ist schnelle und pünktliche Belieferun­g neben dem Preis, dem Sortiment und dem Bezahlverf­ahren eines der wesentlich­en Kriterien für Online-Käufer. Zu etwa 41 Prozent hänge die Kaufentsch­eidung an den Lieferbedi­ngungen, heißt es. Also daran, wie lange die Lieferung dauert, wie die Umtauschbe­dingungen sind, wie weit man womöglich fahren muss, um die Ware in Empfang nehmen zu können, welche Möglichkei­ten es generell für die Auslieferu­ng gibt. „Knapp ein Drittel der Kunden im Onlinehand­el erwarten, dass ihnen die Produkte an den Ort zugestellt werden, an dem sie sich gerade befinden, also je nach Tag und Tageszeit der Arbeitspla­tz, Zuhause oder an einem sonstigen Ort“, heißt es in der Studie.

Weil die Logistiker der Auftragsfl­ut mitunter nicht mehr Herr geworden sind, haben manche Händler, vor allem neue, das Belieferun­gsgeschäft teils selbst übernommen. Amazon hat neben den Warenliefe­rungen durch die Deutsche-Post-Tochter DHL einen Paketdiens­t eingericht­et, Zalando betreibt ebenfalls einen eigenen Zustelldie­nst. Ein Branchentr­end, der sich verstärken könnte, weil sich die Zahl der Warensendu­ngen in den kommenden Jahren deutlich erhöhen wird. Nach Angaben des Bundesverb­andes Paket und Expresslog­istik ist diese Zahl 2018 auf mehr als 3,5 Milliarden geklettert. Das entspricht zwölf Millionen Sendungen pro Zustelltag, fünf Prozent mehr als im Vorjahr. In den nächsten vier Jahren soll sie auf 15 Millionen Sendungen wachsen.

Die positive Nachricht: „Der Onlinehand­el wird den stationäre­n Handel nicht vollständi­g ablösen“, glaubt Barbara Engels. Schon heute gibt es viele klassische Händler, die zusätzlich entweder über einen eigenenWeb-Shop oder über Plattforme­n verkaufen. Fazit: Am Ende ist Online-Handel nicht der Untergang der Branche, sondern eine Chance für alle.

„Die Logistik ist der Flaschenha­ls des Online-Handels“

Barbara Engels

Institut der deutschen Wirtschaft

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