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Im Online-Handel wächst die Konkurrenz
Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft zeigt: E-Commerce wird immer globaler. Gleichzeitig wächst die Bedeutung der Logistik. Online-Händler nehmen die Belieferung immer stärker selbst in die Hand.
DÜSSELDORF Vor 20 Jahren war das Internet für viele noch Neuland. Zu Hause auf der Couch per Mausklick einzukaufen, womöglich auch noch online zu bezahlen und dem Händler mitzuteilen, wohin die Ware geliefert werden soll – das klang damals visionär. Eingang des 21. Jahrhunderts hatten die Online-Erlöse einen verschwindend geringen Anteil am Umsatz im deutschen Einzelhandel. Seit dem Jahr 2000 haben sich diese Erlöse verfünfzigfacht, ist der Anteil am Gesamtumsatz der Branche auf mehr als zehn Prozent gestiegen.
Und wird weiter wachsen, weil die Produktauswahl vielfach größer ist, die Waren oft billiger sind als im traditionellen stationären Handel, weil man sich die Ware nach Hause liefern lassen kann, weil man unabhängig von den Öffnungszeiten der Ladenlokale ist. Dass das zum Ladensterben in den Innenstädten beiträgt, ist eine schmerzliche Folge, die den Kunden aber wohl kaum in seinem Kaufverhalten beeinflussen wird. Und mit zunehmendem Online-Geschäft wächst die globale Konkurrenz im Handel. „Kunden werden zunehmend auch Produkte von Onlinehändlern mit Sitz im Ausland kaufen, Händler werden zunehmend auch ins Ausland verkaufen“, heißt es in einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), die unserer Redaktion vorliegt.
Vermutlich könnte das mit dem Online-Wachstum noch viel schneller gehen, wenn der Transport zum Kunden rascher vonstatten ginge. „Die Logistik ist der Flaschenhals des Online-Handels“, schreibt IW-Studienautorin Barbara Engels. Zum Teil werde der Handel im Netz „bereits jetzt dadurch gebremst, dass Produkte nicht so schnell und präzise ankommen, wie von den Endkunden der Händler erwartet“. Es gibt laut Studie zu wenig Packstationen im Vergleich mit der Kundennachfrage, außerdem zu wenig Jobs in der Logistik-Branche und jede Menge Staus in den Innenstädten, die die Lieferung zusätzlich verlangsamen.„In den sechs deutschen Stau-Hauptstädten (Hamburg, Berlin, Nürnberg, Bremen, Stuttgart und München, d. Red.) mussten Autofahrer im Jahr 2018 bei jeder Fahrt im Schnitt mindestens 30 Prozent mehr Zeit im Vergleich zu den günstigsten Geschwindigkeiten einplanen. Dies betrifft auch die Lieferfahrzeuge, die dadurch längere Lieferzeiten veranschlagen müssen“, schreibt Engels.
Dabei ist schnelle und pünktliche Belieferung neben dem Preis, dem Sortiment und dem Bezahlverfahren eines der wesentlichen Kriterien für Online-Käufer. Zu etwa 41 Prozent hänge die Kaufentscheidung an den Lieferbedingungen, heißt es. Also daran, wie lange die Lieferung dauert, wie die Umtauschbedingungen sind, wie weit man womöglich fahren muss, um die Ware in Empfang nehmen zu können, welche Möglichkeiten es generell für die Auslieferung gibt. „Knapp ein Drittel der Kunden im Onlinehandel erwarten, dass ihnen die Produkte an den Ort zugestellt werden, an dem sie sich gerade befinden, also je nach Tag und Tageszeit der Arbeitsplatz, Zuhause oder an einem sonstigen Ort“, heißt es in der Studie.
Weil die Logistiker der Auftragsflut mitunter nicht mehr Herr geworden sind, haben manche Händler, vor allem neue, das Belieferungsgeschäft teils selbst übernommen. Amazon hat neben den Warenlieferungen durch die Deutsche-Post-Tochter DHL einen Paketdienst eingerichtet, Zalando betreibt ebenfalls einen eigenen Zustelldienst. Ein Branchentrend, der sich verstärken könnte, weil sich die Zahl der Warensendungen in den kommenden Jahren deutlich erhöhen wird. Nach Angaben des Bundesverbandes Paket und Expresslogistik ist diese Zahl 2018 auf mehr als 3,5 Milliarden geklettert. Das entspricht zwölf Millionen Sendungen pro Zustelltag, fünf Prozent mehr als im Vorjahr. In den nächsten vier Jahren soll sie auf 15 Millionen Sendungen wachsen.
Die positive Nachricht: „Der Onlinehandel wird den stationären Handel nicht vollständig ablösen“, glaubt Barbara Engels. Schon heute gibt es viele klassische Händler, die zusätzlich entweder über einen eigenenWeb-Shop oder über Plattformen verkaufen. Fazit: Am Ende ist Online-Handel nicht der Untergang der Branche, sondern eine Chance für alle.
„Die Logistik ist der Flaschenhals des Online-Handels“
Barbara Engels
Institut der deutschen Wirtschaft