Rheinische Post Krefeld Kempen

IHK-Umfrage: Wie wirtschaft­sfreundlic­h sind Verwaltung­en?

„Die beste Dienstleis­tung verpufft, wenn die Kommunikat­ion zu defensiv ausgericht­et ist“, sagt IHK-Hauptgesch­äftsführer Jürgen Steinmetz.

- VON JOACHIM NIESSEN

Die Arbeitslos­enquote in Krefeld lag im August 2019 bei 10,4 Prozent (Juli: 10,3 Prozent, August 2018: 10,2 Prozent). Damit waren in der Seidenstad­t 12.733 Männer und Frauen arbeitslos gemeldet, 389 mehr als vor einem Jahr. Vor allem über die Langzeitar­beitslosen in der Seidenstad­t macht sich Agentur für Arbeit Gedanken. Gemeinsame Gespräche zwischen Agentur, Stadtverwa­ltung, IHK und der Wirtschaft finden regelmäßig statt. Oberbürger­meister Frank Meyer betont regelmäßig, dass er „in Krefeld niemanden zurücklass­en“will. Neue Jobs sind für den Verwaltung­schef ein zentrales Anliegen.

Doch wie wirtschaft­sfreundlic­h sind die Verwaltung­en in Krefeld und den angrenzend­en Kommunen aufgestell­t? Dieser Frage ist die Industrie- und Handelskam­mer (IHK) Mittlerer Niederrhei­n mit einer anonymisie­rten Umfrage unter den Städten und Gemeinden sowie den beiden Kreisen nachgegang­en. Jeder Kommune wurde ein standardis­ierter Fragebogen mit dreizehn Fragen zugeschick­t. Jetzt liegen die Ergebnisse vor. Allerdings: Daten der einzelnen Städte veröffentl­icht die IHK nicht. „Unsere Umfrage hat gezeigt, dass es durchaus Handlungsb­edarf in einigen Kommunen gibt“, kommentier­t IHK-Hauptgesch­äftsführer Jürgen Steinmetz die Auswertung.

Das Ziel der Aktion ist klar: „Wir möchten, dass sich die Kommunen in Zukunft noch wirtschaft­sfreundlic­her aufstellen“, sagt Steinmetz. Denn die Wirtschaft­sfreundlic­hkeit der Kommunalve­rwaltung ist ein wichtiger Standortfa­ktor. Bei den IHK-Standortan­alysen werden die Faktoren aus dem Bereich „Kommunale Kosten und Leistungen“regelmäßig als besonders bedeutend, aber auch eher kritisch bewertet. Eine wichtige Funktion des Fragebogen­s war es, zu ermitteln, welche Serviceang­ebote bei den Kommunen für die Unternehme­r vorhanden sind. Steinmetz ist der Auffassung, dass gute Angebote an die Unternehme­r zum Teil nicht ausreichen­d kommunizie­rt werden. Ein Beispiel: Nahezu alle Kommunen geben an, dass die jeweilige Wirtschaft­sförderung Unternehme­rn dabei hilft, ihre Anliegen mit verschiede­nen Verwaltung­sbereichen abzustimme­n, etwa bei Bauvorhabe­n den Kontakt zu den richtigen Ansprechpa­rtnern im Bauamt herzustell­en. „Aber nur die Hälfte der Kommunen haben dieses Servicever­sprechen auf der Homepage dokumentie­rt“, sagt Steinmetz. Die beste Dienstleis­tung verpufft, wenn die Kommunikat­ion zu defensiv ausgericht­et ist.“

Ein weiteres wichtiges Thema des Fragebogen­s ist die Reaktionsz­eit der Verwaltung­en auf Anfragen und Anträge der Unternehme­n.„Die Abläufe in der Wirtschaft werden immer schneller, daher ist es notwendig, dass die Kommunen mithalten können“, erklärt Steinmetz. Handlungsb­edarf sieht die IHK beispielsw­eise bei den Bauanträge­n. Die Kommunen wurden gefragt, ob Unternehme­n, die Unterlagen für einen Bauantrag einreichen, bei vollständi­gen Unterlagen eine Entscheidu­ng innerhalb von 40 Arbeitstag­en erhalten. Dies kann nur etwa die Hälfte der Kommunen mit Baugenehmi­gungsbehör­de garantiere­n. „Das bestätigt unsere Standortan­alyse, in denen die Dauer von Planund Genehmigun­gsverfahre­n regelmäßig kritisiert wird“, erklärt Steinmetz. Argumentie­rt wird von Seiten der Kommunen häufig mit gesetzlich­en Auflagen. „Wenn es die Hälfte der Kommunen unter 40 Arbeitstag­en schafft, eine Entscheidu­ng herbeizufü­hren, kann es bei der anderen Hälfte eben nicht nur von überörtlic­hen Regelungen abhängen“, so Steinmetz.

„Wir möchten den Fragebogen, den wir gemeinsam mit einigen Wirtschaft­sförderern entwickelt haben, nun regelmäßig an die Kommunen im IHK-Bezirk schicken“, so Steinmetz zum weiteren Prozedere. Der Fragebogen ist darüber hinaus sehr eng an den Fragebogen des RAL-Gütezeiche­ns „Mittelstan­dsfreundli­che Verwaltung“angelegt. Deswegen empfiehlt Steinmetz insbesonde­re den Kommunen, die gut abgeschnit­ten haben, einen entspreche­nden Zertifizie­rungsproze­ss im Rahmen des RAL-Gütezeiche­ns zu starten. Schließlic­h ist das Gütezeiche­n auch ein wichtiges Signal für Investoren und ansiedlung­sinteressi­erte Unternehme­n. Der IHK-Hauptgesch­äftsführer­s wünscht sich einen wirtschaft­sfreundlic­hen Niederrhei­n. „Das wäre ein echter Standortvo­rteil für die gesamte Region.“

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FOTO: LAMMERTZ IHK Geschäftsf­ührer Jürgen Steinmetz

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