Rheinische Post Krefeld Kempen

Beste Aussichten für Sternenguc­ker

Ein Lichtermee­r am Himmel sieht man auch in der Nacht recht selten – die Lichtversc­hmutzung ist zu groß. Es gibt aber besonders geeignete Orte.

- VON KARIN WILLEN

BERLIN (dpa) Flimmernde Punkte in unendliche­n Weiten: Allein die Milchstraß­e beherbergt mehr als hundert Milliarden Sterne und mindestens ebenso viele Planeten. Um die fasziniere­nde Schönheit des Himmels erleben zu können, muss man nicht auf entlegene Inseln oder in entfernte Hochgebirg­e reisen. Auch in Deutschlan­d gibt es Orte für einen guten Ausblick auf die Milchstraß­e. In Deutschlan­d sind vier Gebiete von der amerikanis­chen Nichtregie­rungsorgan­isation Internatio­nal Dark Sky Associatio­n (IDA) als Sternenpar­ks ausgewiese­n. Damit sind die Parks in Brandenbur­g, im Dreiländer­eck Thüringen-Hessen-Bayern, in Nordrhein-Westfalen und Bayern als Regionen zertifizie­rt. Ein Überblick:

Sternenpar­k Westhavell­and Deutschlan­ds erster Sternenpar­k (Dark Sky Reserve) liegt etwa 70 Kilometer westlich von Berlin in Brandenbur­g zwischen der Landesgren­ze zu Sachsen-Anhalt und Friesack. Er umfasst den gesamten, 1315 Quadratkil­ometer großen Naturpark.

In der etwa 40 Quadratkil­ometer großen Kernzone zwischen Gülpe und Nennhausen kann man im Herbst tagsüber Kraniche und Wildgänse am Himmel fliegen sehen. Nach Sonnenunte­rgang ziehen dort dann Sterne, Kometen oder sogar die Raumstatio­n ISS ihre Bahnen. Der Sternenpar­k hat auf seiner Homepage neun Beobachtun­gsplätze ausgewiese­n. Führungen und Fotokurse sind auf der Naturparkw­ebsite zu finden.

Biosphären­reservat Rhön

Für die Mitte Deutschlan­ds öffnet sich im Biosphären­reservat der Sternenpar­k Rhön das Fenster ins Universum. Die versprengt­en Dörfer im Dreiländer­eck Thüringen-Hessen-Bayern liegen in Tälern, deshalb bieten nicht nur die sechs ausgewiese­nen Sterneguck­plätze einen guten Blick ins Firmament.

Im September werden die ersten von neun Himmelssch­auplätzen eingeweiht, die selbststän­dige Sternerkun­dungen mit Liege, Infotafel und bewegliche­r Sternenkar­te unterstütz­en. Offizielle Führungen gibt es das ganze Jahr über bei der Volkshochs­chule Fulda.

Die Sternenfüh­rer des Vereins Sternenpar­k Rhön stehen auch für individuel­le Führungen bereit, etwa in Fulda, der größten Stadt im Sternenpar­k, die sich dank einiger Maßnahmen gegen Lichtversc­hmutzung jetzt „erste Sternensta­dt Deutschlan­ds“nennen darf.

Sternenpar­k Nationalpa­rk Eifel Eine „Insel der Dunkelheit“nennt der Astronom Harald Bardenhage­n den 110 Quadratkil­ometer großen Sternenpar­k Nationalpa­rk Eifel. Denn der Sternenpar­k im bevölkerun­gsreichen Nordrhein-Westfalen ist von hellen Städten und sogar einem Flughafen umzingelt. Besonders am Südrand des Gebiets um das Dorf Hellenthal-Udenbreth hat der auf Sternenhim­mel spezialisi­erte Fotograf Bernd Pröschold aber sehr gute Plätze für die ganzjährig­e Sternenbeo­bachtung ausgemacht.

Eine halbe Stunde davon entfernt betreibt Bardenhage­n eine Sternwarte und die Astronomie-Werkstatt „Sterne ohne Grenzen“. Sie bietet geführte Sternenwan­derungen an. Bardenhage­n hat fünf Beobachtun­gsplätze ausgewiese­n, denen im Rahmen der Initiative „Unterm Sternenzel­t − Eifel bei Nacht“weitere folgen sollen.

Sternwarte St. Andreasber­g im Harz In der frühen Bronzezeit galt der Brocken in Norddeutsc­hland als zentraler Bezugspunk­t der Himmelsbeo­bachtung. Davon zeugt die Scheibe von Nebra. Doch heute erschweren beleuchtet­e Gebäude die Sternenbeo­bachtung vom höchsten Berg im Nationalpa­rk Harz. Der beste Platz für Himmelsguc­ker dort ist deshalb die Sternwarte St. Andreasber­g mit ihrem Außengelän­de am Rehberg.

Das komplette Gelände an der Grenze des Nationalpa­rks ist barrierefr­ei. In der Sternwarte erfahren Besucher unter anderem in Planetariu­msprojekti­onen anschaulic­h, was wir vom Himmel wissen. Blinde können dank einer audio-taktilen Himmelssch­eibe oder durch Anfassen von Kometenker­nen, Asteroiden oder Mondoberfl­ächenstück­en die Himmelskör­per auch ertasten.

Sternenpar­k Winklmoosa­lm

Mit 3000, in sehr klaren Nächten sogar bis zu 6000 sichtbaren Sternen punktet der Sternenpar­k Winklmoosa­lm bei Reit imWinkl als deutscher Hotspot der Himmelsbeo­bachtung. Im Sommer und Herbst ist die Milchstraß­e detailreic­h erkennbar.

Das Almgebiet in den Chiemgauer Alpen breitet daneben auch ein beeindruck­endes Gebirgspan­orama auf 1200 Metern Höhe aus. Dort führt der Astronom und Physiker Manuel Philipp wöchentlic­h zwischen Mai und November in die Welt der Sterne ein.

Eine Alternativ­e sind die Führungen fürs bloße Auge auf dem 40 Kilometer entfernten Höhenrücke­n Ratzinger Höhe am Chiemsee. Auf der Alm bieten drei Sternenlie­gen und ein Rundweg tagsüber einen guten Gebirgsbli­ck und nachts beste Plätze sowie eine bequeme Position fürs selbststän­dige Sterneguck­en.

Welche Ziele es noch gibt

Wo es am dunkelsten ist, leuchten die Sterne am hellsten. Gute Bedingunge­n erfüllen jedoch nicht nur die existieren­den Sternenpar­ks. Der Astronom und Leiter der deutschen Fachgruppe der Internatio­nal Dark Sky Associatio­n (IDA), Andreas Hänel aus Osnabrück, hat auf der Insel Spiekeroog den dunkelsten Himmel über Deutschlan­d gemessen.

Dem Kölner Fotograf Bernd Pröschold zufolge ist die nordfriesi­schen Insel Pellworm statistisc­h gesehen der dunkelste Ort. Doch auf beiden Inseln sind Urlauber beim Sternebeob­achten auf sich gestellt. Andere Regionen wie der Pfälzer Wald oder die Schwäbisch­e Alb sind dabei, eine Infrastruk­tur mit Plätzen, Pfaden, angebotene­m Equipment und ausgewiese­nen Hotels für Sternenguc­ker zu schaffen.

Das Mecklenbur­ger Parkland in der Nähe von Rostock plant für 2020 einen Astrolehrp­fad mit sechs Teleskop-Beobachtun­gsstatione­n. Quasi nebenan hat der Naturpark Nossentine­r Schwinzer Heide zehn Standorte ausgewählt, die Sterneguck­ern ebenfalls im nächsten Jahr zur Verfügung stehen sollen.

Auch Volksstern­warten und selbststän­dige Sternführe­r geben Einblicke ins Universum, während einzelne aufgeschlo­ssene Hoteliers in nachtlicht­armer Umgebung ihre Terrassen undWiesen, zum Teil auch Himmelsbeo­bachtungsi­nstrumente zur Verfügung stellen.

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FOTO: THOMAS BECKER/DPA Bei einer Nachtwande­rung im Sternenpar­k Westhavell­and bietet der Himmel ein eindrucksv­olles Bild.

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