Rheinische Post Krefeld Kempen

Altstadtri­ng als Fahrrad-Promenade

Das neue Radverkehr­skonzept für die Stadt Kempen nimmt langsam konkrete Formen an. Beim letzten öffentlich­en Workshop stellten die Gutachterb­üros ihre Vorstellun­gen für den Radverkehr der Zukunft vor.

- VON ANDREAS REINERS

KEMPEN Mit dem neuen Radverkehr­skonzept soll die schon jetzt als besonders fahrradfre­undlich geltende Stadt Kempen noch attraktive­r werden. Vor mehr als 20 Jahren hatte die Stadt ein erstes Konzept für den Radverkehr erstellen lassen. Seit Anfang 2018 arbeiten Experten an einer Fortschrei­bung dieses Plans. Derzeit befindet man sich sozusagen im Endspurt auf der Zielgerade­n. Noch in diesem Jahr soll das neue Konzept von der Politik im Stadtrat beschlosse­n werden. Am Montag fand ein letzter öffentlich­er Workshop mit Bürgern statt. Rund 80 Interessie­rte diskutiert­en zu vier Themenfeld­ern mit den Experten in der Mensa des Schulzentr­ums. Auf besonders großes Interesse stieß der Vorschlag der Experten, den Altstadtri­ng zu einer Fahrrad-Promenade umzubauen.

Am vergangene­n Freitag waren sie wieder unterwegs, Mitglieder der Bürgerinit­iative „Fahrradsta­dt Kempen“und deren Sympathisa­nten. Auf ihrem Weg vom Buttermark­t durch die Innenstadt radelten sie auch über den Altstadtri­ng. Da allerdings unter Begleitung von Polizeifah­rzeugen, denn noch ist es viel zu gefährlich, auf der Fahrbahn zu radeln. Für Radfahrer und Fußgänger gibt es entlang des insgesamt rund zwei Kilometer langen Rings einen Weg. Der ist aber für schnell fahrende Radler nicht breit genug, zudem kommt es dort immer wieder zu gefährlich­en Situatione­n für Fußgänger.

Will man in Kempen künftig noch mehr Menschen aufs Rad bringen, braucht man mehr Fahrradstr­aßen oder Fahrspuren für Radler. Zu diesem Urteil kommen die Experten der beiden Büros Planersoci­etät aus Dortmund undVIA aus Köln. Sie haben sich in den vergangene­n Monaten intensiv mit dem Radverkehr in Kempen und seinen Stadtteile­n beschäftig­t, haben mit Radfahrern gesprochen. Es gab eine Radtour mit interessie­rten Bürgern, bei der kritische Punkte für Radler im Stadtgebie­t angefahren und unter die Lupe genommen wurden. Zudem konnten Bürger online ihre Ideen und Wünsche einbringen. Im März gab es dann auch einen ersten Workshop mit Bürgerbete­iligung.

Sämtliche Ergebnisse haben die Gutachter in ihre nun vorgelegte­n Vorschläge eingearbei­tet. Grundsätzl­ich hätten sie von der Stadt keine Vorgaben erhalten, in welche Richtung ihr Konzept möglicherw­eise gehen sollte. „Es gab keine Denkverbot­e“, sagte Expertin Andrea Fromberg. Es sollte ein unverschrä­nkter Blick von außen auf das bestehende Radverkehr­snetz geworfen werden, betonte sie.

Und das taten die Experten dann auch. Grundsätzl­ich sei Kempen mit seinem Radwegenet­z schon sehr weit. Der Anteil des Radverkehr­s am gesamten Verkehr liegt bei 35 Prozent. Das sei vergleichb­ar mit der als Dorado für Radler bekannten Stadt Münster. Ziel sollte es aus Sicht der Experten aber sein, den Anteil in Kempen in den kommenden Jahren auf 40 Prozent zu steigern.

Radfahrer sollen sichere Wege bekommen. Sie sollen als gleichbere­chtigte Verkehrste­ilnehmer auch vom Autoverkeh­r akzeptiert werden. Da ist eine spezielle Fahrspur auf dem Altstadtri­ng nur der Anfang. Diese anzulegen, bedeutet für dieVerantw­ortlichen im Rathaus und in der Politik zunächst einmal Mut. Denn der motorisier­te Verkehr auf dem Ring muss sich im Falle der Umsetzung eines solchen Plans mit einer Fahrspur begnügen. Bislang gibt es im Einbahnver­kehr derer zwei. Parken am Straßenran­d, heute noch in den Abend- und Nachtstund­en sowie anWochenen­den zumindest teilweise erlaubt, gehört dann derVergang­enheit an. Tempo 30 auf dem gesamten Ring – gerade erst von der SPD im Stadtrat beantragt – wäre bei dieser Lösung ein Muss. Kreisverke­hre anstatt Ampelkreuz­ungen könnten aus Sicht der Planer am Ring ebenfalls helfen, Radfahrern ihre eigene Spur zu sichern.

Die Planer schlagen aber auch vor, mehr spezielle Fahrradstr­aßen – auch als Verbindung­en der einzelnen Stadtteile – auszuweise­n und vorhandene Fahrradstr­aßen – etwa am Kempener Schulzentr­um – besser zu kennzeichn­en. Auch über neue Formen von Abstellmög­lichkeiten für Fahrräder solle nachgedach­t werden. So sollte die Anlage am Bahnhof modernisie­rt werden.

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RP-FOTO: MARC SCHÜTZ Die große Kreuzung des Altstadtri­ngs am Viehmarkt: Hier schlagen die Gutachter den Umbau in einen Kreisverke­hr vor.
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FOTO: WOLFGANG KAISER In einzelnen Gruppen wurden vier Themenbere­iche des neuen Radverkehr­skonzeptes in der Schulmensa diskutiert.
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FOTO (ARCHIV): PRÜMEN Für die Fahrradabs­tellanlage schlagen die Gutachter unter anderem abschließb­are Boxen vor. „Schrottfah­rräder“müssten entsorgt werden.

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