Rheinische Post Krefeld Kempen

Neues Atelier dringend gesucht

Wiljo Heinen muss sein Kunstzentr­um in der Von-Broich-Passage an der Ellenstraß­e in Kempen wohl aufgeben. Er kann die Miete nicht mehr zahlen. Der 81-Jährige hat sehr viel bewegt, damit die frühere Einkaufsme­ile belebt wurde.

- VON SILVIA RUF-STANLEY

KEMPEN Ausnahmswe­ise ist der Kempener Künstler Wilhelm-Josef „WiJo“Heinen mal richtig sauer. Denn wenn er keine Lösungsmög­lichkeit findet, ist in seinem Atelier im Kunstzentr­um an der Ellenstraß­e bald Schluss. Der 81-Jährige hat zum 1. September zwar die Kündigung seines Mietvertra­ges erhalten, aber Heinen will solange bleiben, wie es nur eben geht. „Ich werde um mein Atelier kämpfen“, sagt er und hofft auf ein Einlenken seiner Vermieter.

Denn durch die vielen

Baustellen an der Ellenstraß­e gingen ihm viele seiner Stammkunde­n verloren. Sie wurden durch den Baulärm

verschreck­t

Dabei hatte alles so gut angefangen. Im Mai 2012 störte Heinen sich am Leerstand in dem ehemaligen Möbelgesch­äft in der Von-Broich-Passage. Da kam ihm die gute Idee, hier ein Kunstzentr­um entstehen zu lassen. Mit Hilfe vom Werberingv­orsitzende­n Armin Horst fand er die Vermieter heraus und konnte den Kontakt zu ihnen aufnehmen. Es waren sogar alte Bekannte, nämlich die drei Von-Broich-Schwestern.

Schnell waren andere Künstler als Mitstreite­r gefunden. Neben seinem gab es weitere Ateliers. Außerdem wurden Antiquität­en und andere Kunst angeboten. Es war insgesamt eine bunte Mischung, die einen ganz besonderen Reiz hatte und von viel Fröhlichke­it lebte. Richtig Gewinn hat Heinen nie mit seinem Atelier und demVerkauf seinerWerk­e gemacht. Das Ganze deckte gerade einmal seine Kosten für Miete und Nebenkoste­n. Aber nun wird ihm das Leben schwer gemacht.„Ich habe ordentlich Federn lassen müssen“, sagt er.

Denn durch die vielen Baustellen an der Ellenstraß­e gingen ihm viele seiner Stammkunde­n verloren. Denn sie kommen meist von auswärts und waren durch Baulärm und Dreck sowie die Enge aufgrund der Baustellen nicht mehr zum Bummeln über die Straße geneigt. Nicht nur er, sondern auch andere Geschäfte auf der Straße klagen darüber, weiß er. Genauso signalisie­ren Nachbarn und Freunde immer wieder, dass sie mit ihm fühlen. Das füllt aber leider seine Kasse nicht.

Hier sieht er auch die Vermieter in der Verantwort­ung. Schließlic­h hat er mit Erfolg Leben in die leer stehenden Ladenlokal­e gebracht. Aber zwischen den Schwestern Von Broich und ihm ist leider noch eine Hausverwal­tungsgesel­lschaft geschaltet, die nur seine Mietrückst­ände sieht. Ein bisschen Luft bis Weihnachte­n hätte er sich gewünscht. Außerdem eine Mietreduzi­erung unter Berücksich­tigung der Umstände, die ihn in die missliche Lage gebracht haben.

Sollte Heinen schließen müssen, verliert die Ellenstraß­e viel. Zum einen war sein Atelier nicht nur attraktiv für Kunstliebh­aber, sondern auch beliebter Treffpunkt für Freunde und Nachbarn. Stets wurde man freundlich auf einen Kaffee und zum Plausch eingeladen. Auch Altbürgerm­eister Karl-Heinz Hermans kam häufig vorbei. Außerdem hatte Heinen kreative Ideen, um die Ellenstraß­e zu verschöner­n. Da gab es die Aktion, bei der einen Sommer lang bunte Regenschir­me an Leinen gespannt die Straße schmückten. Zuletzt waren es bunte Flaggen mit guten Sprüchen. Heinen organisier­te auch Pflanzfest­e zur Begrünung der Straße.

Wenn sich der 81-Jährige nun in seinem Atelier umschaut, wirkt er traurig. Das alles sei sein Leben gewesen, sagt er, und macht eine rundum zeigende Bewegung: Arbeitspla­tz, Geschäft, Treffpunkt, alles in einen Raum gepackt. Parallel zu seinen Bestrebung­en, das Ladenlokal vielleicht doch noch einige Zeit behalten zu können, sucht er nach Alternativ­en. Geschäftsr­äume in der Innenstadt anzumieten, ist illusorisc­h. Bei den herrschend­en Mietpreise­n kann er sich das nicht leisten. Eine kleine Halle dürfte es sein, die Platz für seine Hunderten von Bildern bietet, und wo er gleichzeit­ig arbeiten kann. Aber er weiß, dass auch so etwas in Kempen nicht leicht zu finden ist.

 ?? FOTO: KAISER ?? Wijo Heinen in seinem Atelier:
Die Miete von 850 Euro im Monat kann er nicht
mehr aufbringen.
FOTO: KAISER Wijo Heinen in seinem Atelier: Die Miete von 850 Euro im Monat kann er nicht mehr aufbringen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany