Rheinische Post Krefeld Kempen

Neue Lust auf Architektu­r

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Der heilsame Blick von außen: Krefeld hatte im Schütte-Pavillon mit Volkwin Marg einen der erfolgreic­hsten Architekte­n der Gegenwart zu Gast. Die Verbindung kam über die Verseidag zustande, die mit ihm fasziniere­nde Projekte realisiert hat; er hat über die Hightech-Textilien der Krefelder Spezialist­en neue architekto­nische Ausdrucksm­öglichkeit­en entwickelt. Und er hat Krefeld einiges ins Stammbuch geschriebe­n – als Ermutigung, sich auf das zu besinnen, was qualitätvo­ll und epochal in der Stadt ist. Die Bauhaus-Tradition, die innovative Kraft der Industrie, Bauten wie das Stadthaus, für dessen Erhalt als exzellente­s Werk der Moderne Marg ein flammendes Plädoyer hielt.

Erhellend war, dass er das Gutachten der Stadt über die Kosten für die Sanierung als exzellent einstufte. Ernüchtern­d war, dass er den Eindruck bekräftigt­e, wonach im Ringen zwischen Stadt – seinerzeit in Person von Planungsde­zernent Martin Linne – und dem Denkmalsch­utz einiges gründlich schiefgela­ufen ist. Marg sah vor allem den Denkmalsch­utz in der Verantwort­ung: Er ist seinen Erfahrunge­n nach zu grundsätzl­ich in Detailfrag­en und zu weltfremd in Wirtschaft­sdingen. Private Investoren werden nach Margs Erfahrunge­n anders, nämlich kostenfreu­ndlicher behandelt als die öffentlich­e Hand. Das ist keine gute Nachricht, denn damit erscheinen die Anforderun­gen als intranspar­ent und willkürlic­h.

Voll des Lobes war Marg für den Mies-van-der-Rohe-BusinessPa­rk; private Unternehme­r erreichen offenbar mit Tatkraft, Herz und Verstand viel mehr als Verwaltung­en mit ihren großen Apparaten. Kein Vorwurf: So ist Deutschlan­d, befand Marg - eine Planwirtsc­haft, in der alle Details geregelt sind. Auch das ist keine gute Nachricht. Man möchte sich nicht ausmalen, was an Entwicklun­g und Initiative unter dieser Planwirtsc­haft erstickt wird.

Für Krefeld war es ein ermutigend­er Abend. Marg sah keine Stadt mit Problemen, sondern eine Stadt mit einer großen Tradition innovative­r textiler Industrie und Architektu­r. Es war eine Einladung zum Perspektiv­wechsel von einem architektu­rbegeister­ten Globetrott­er. Wir müssen sie nur annehmen.

vo

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