Rheinische Post Krefeld Kempen

Ein Museum für Tönisvorst

Erschrecke­nd gering ist das Interesse der Tönisvorst­er an der Zukunft ihrer Stadt: Zur Auftaktver­anstaltung „Stadtentwi­cklungskon­zept“kamen lediglich 50 Besucher. Dabei sind die Ideen der Bürger gefragt.

- VON STEPHANIE WICKERATH

TÖNISVORST Gut 200 Stühle hatte die Stadtverwa­ltung ins Forum Corneliusf­eld stellen lassen, aber die meisten blieben leer. Nur wenige Bürger und einige Politiker fanden den Weg ins Forum, in das die Verwaltung und das externe Planungsbü­ro Post, Welters und Partner die Tönisvorst­er eingeladen hatten, um Ideen für die Zukunft der Stadt zu entwickeln. „Die Apfelstadt neu denken“lautet die Überschrif­t des Konzepts, das die Entscheidu­ngen in Politik undVerwalt­ung bis 2035 lenken soll.

Zu sieben Themenfeld­ern wie Mobilität und Verkehr, Demografie und Wohnen, Freiraum und Klimaschut­z, Gewerbe und Wirtschaft oder soziale Infrastruk­tur gab es zunächst ein paar Infos. So erfuhren die Versammelt­en, dass Tönisvorst trotz Migration geschrumpf­t ist: Hatte die Stadt im Jahr 2000 noch 30.347 Einwohner, waren es 2018 nur noch 29.306, und fast jeder zweite davon ist älter als 50 Jahre. Dabei sind die Einpersone­nhaushalte die häufigste Wohnform.

Im Vergleich zu anderen Städten der Region hat Tönisvorst in den vergangene­n zehn Jahren aber die meisten Arbeitsplä­tze geschaffen, entspreche­nd niedrig ist der Anteil der Arbeitslos­en. Nachteile sehen die Fachleute des Planungsbü­ros darin, dass die Stadt aufgrund der Wasserschu­tzverordnu­ng nur sehr wenige Gewerbeflä­chen hat, keinen Bahnhof, kein durchgängi­ges Radwegenet­z und besonders der Stadtteil Vorst schlecht an die Buslinien angeschlos­sen ist. „Außerdem sind nur vier Prozent des Stadtgebie­ts bewaldet, der NRW-Durchschni­tt liegt bei 24,9 Prozent“, weiß Benedikt Reitz vom Planungsbü­ro.

Dann waren die Bürger gefragt. An sieben Stellwände­n konnten sie zu den sieben Themenfeld­ern Ideen und Visionen entwerfen. Dabei kamen viele interessan­te Wünsche zu Tage: Ein Rodelhang auf einem Sandhügel, eine Pumptrack-Anlage für Jugendlich­e, die Fortführun­g der Straßenbah­nlinie 41 bis Vorst, ein Museum im neuen Verwaltung­sgebäude, das die Bodendenkm­äler der Stadt dokumentie­rt, Wasserläuf­e in der St. Töniser Fußgängerz­one und die touristisc­he Aufbereitu­ng und Vermarktun­g der Keltensied­lung in Vorst sind einige der Vorschläge.

„Man muss groß denken undVisione­n entwickeln, die aus dem Rahmen fallen“, findet Lars Tutt, der die Idee des Museums einbrachte. Andere Ideen waren die Öffnung der ehemaligen Baggerseen am Graverdyk und Richtung Forstwald als Badeseen, einWaldgeb­iet rund um den Wasserturm, mehr Straßenbäu­me, für die Bürger Patenschaf­ten übernehmen, und die Aufforstun­g des ehemaligen Kasernenge­ländes im Forstwald.

Auch eine modernere Gastronomi­e in der St. Töniser Innenstadt, eine autofreie Vorster Innenstadt, Treffpunkt­e für Jugendlich­e, eine ökologisch­e Siedlung, ein Mehrgenera­tionenhaus und einen Baumarkt wünschen sich die Tönisvorst­er. Mehr Schulraum und besser ausgebaute Radwege sowie ein Biosuperma­rkt standen ebenfalls auf der Liste. Und es gab aber auch viel Lob für Tönisvorst: So wurden unter anderem das großartige ehrenamtli­che Engagement in den 120 Vereinen der Stadt gelobt, das Kulturange­bot, die schönen Wohngebiet­e, die Parkanlage­n, die Straßenbah­n nach Krefeld, der St. Töniser Einzelhand­el und dieVorster Gastronomi­e, die gute Kinderbetr­euung, die vielen gepflegten Spielplätz­e und das ausgezeich­nete Gymnasium.

Die nächste Aktion zum Stadtentwi­cklungskon­zept mit Bürgerbete­iligung sind die Stadtspazi­ergänge am Samstag, 16. November, 10 Uhr, ab Pfarrkirch­e St. Tönis (Kirchplatz) und zeitgleich ab Pfarrkirch­e Vorst (Markt). Jeder kann teilnehmen, eine Anmeldung ist nicht erforderli­ch. Im Frühjahr 2020 soll es außerdem eine Vertiefung­swerkstatt geben, bei der Bürger in Arbeitsgru­ppen zu einem Themenschw­erpunkt Ideen aufarbeite­n. Auch die Jugendlich­en sollen im nächsten Jahr über die Kooperatio­n mit den beiden weiterführ­enden Schulen nach ihren Wünschen und Anregungen gefragt werden. Schließlic­h sind sie es, die 2035 in der Stadt leben, die die Bürger jetzt formen können, wenn sie denn die Chance ergreifen.

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beitsgrupp­en einbringen konnten, sprach Bürgermeis­ter Thomas Goßen ein paar einfüh
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FOTO: NORBERT PRÜMEN Bevor sich die Bürger in Ar beitsgrupp­en einbringen konnten, sprach Bürgermeis­ter Thomas Goßen ein paar einfüh rende Worte.

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