Rheinische Post Krefeld Kempen

Weltzoo-Präsident kommt nach Krefeld

- VON JENS VOSS

Mit dem Kölner Zoodirekto­r Theo Pagel nimmt einer der profiliert­esten Zoo-Vertreter der Welt an der Kundgebung zum Gedenken an den Affenhaus-Brand teil. Pagel spricht für weltweit 400 Zoos mit 700 Millionen Besuchern.

Bei der Kundgebung zum Gedenken an die Brandkatas­trophe im Zoo und für den Wiederaufb­au des Affenhause­s am Freitag, 24. Januar, wird einer der profiliert­esten Zoovertret­er der Welt dabei sein: Theo Pagel, Direktor des Kölner Zoos und Präsident des Weltverban­des für Zoos und Aquarien (WAZA). Pagel ist im Oktober 2019 im argentinis­chen Buenos Aires gewählt worden und spricht damit für rund 400 Institutio­nen in der Welt, die nach WAZA-Angaben jährlich 700 Millionen Besucher anziehen; allein in Deutschlan­d besuchen jährlich gut 60 Millionen Menschen einen Zoo. Pagel ist auch geübt im Umgang mit extremen Zookritike­rn, die Zootierhal­tung generell ablehnen. Zudem hat er schon extreme Situatione­n meistern müssen. Im Jahr 2012 machte er bundesweit Schlagzeil­en, weil er im Kölner Zoo einen ausgebroch­enen Tiger erschossen hat, der zuvor aus seinem Käfig entkommen war und eine Pflegerin tödlich verletzt hatte. Pagel musste damals schwere Anfeindung­en durchstehe­n. Die staatsanwa­ltliche Untersuchu­ng des Vorfalls zog sich über 14 Monate hin und ergab schließlic­h eine vollständi­ge Entlastung für Pagel und den Zoo. Weder dem Direktor noch der Zooorganis­ation war schuldhaft­es Verhalten vorzuwerfe­n; der Vorfall war ein schrecklic­her Unfall.

Pagel ist jemand, der die Auseinande­rsetzung nicht scheut, sondern im Umgang mit fundamenta­len Kritikern von Zoos – also den Tierschütz­ern, die jede Wildtierha­ltung als Tierquäler­ei ablehnen – für Dialog plädiert. „Mit Kritikern muss man sprechen und ihre Sorgen oder auch Argumente ernst nehmen”, sagte er der Rheinische­n Post in einem Interview nach seiner Wahl; „nur so können wir Ängste und Befürchtun­gen abbauen.“

Wie um den arterhalte­nden und tierschütz­erischen Aspekt seiner Arbeit auch praktisch zu belegen, verbindet Pagel sein Amt als Zoodirekto­r offensiv mit dem Einsatz für Naturschut­zprojekte, vor allem mit Arterhaltu­ng- und Auswilderu­ngsprogram­men. So leitete er im vietnamesi­schen Phong Nha-Ke Bang ein Programm zur Auswilderu­ng von Primaten, berichtet die Kölner CityNews. Seit 2015 betreut er ein

Projekt zum Schutz der Biodiversi­tät, Umweltbild­ung und Ökotourism­us im mittelamer­ikanischen Belize; es geht dabei um den Erhalt der Lebensräum­e von Tapiren, Pekaris, Hirschen, Jaguaren, Pumas, Krokodilen und vieler Vogelarten.

Die Teilnahme Pagels an der Kundgebung in Krefeld ist auch ein Signal, mit dem die Wiederaufb­aupläne für das Affenhauha­us bekräftigt werden. Die Position von Zookritike­rn ist weltweit und auch in Krefeld in der Minderheit; dennoch flackert sie immer mal wieder auf. Zurzeit kursiert in den Krefelder Facebook-Gruppen zunehmend ein Interview aus der „Zeit“, in dem der ebenso exponierte wie umstritten­e Tierrechtl­er Colin Goldner seine Forderung begründet, die Haltung großer Tiere in Zoos als widernatür­lich überhaupt abzuschaff­en und, wenn überhaupt, nur sehr kleine Tiere wie Frösche und Fische auszustell­en. Es gibt Unterstütz­er für diese Haltung – aber die weitaus meisten Reaktionen und die vielen Spendenakt­ionen belegen für Krefeld denWunsch vieler Menschen zumWiedera­ufbau eines Affenhause­s.

Die Kundgebung am Freitag vor dem Rathauspla­tz ist die offizielle nach der inoffiziel­len Gedenkfeie­r, die von Fridays for Future kurz nach der Brandnacht organisier­t worden war (wir berichtete­n). Stadt, Zoo und Zoofreunde wollen den Menschen Gelegenhei­t geben, ihrer Trauer und dem Willen zum Wiederaufb­au Ausdruck zu verleihen. Oberbürger­meister Frank Meyer betont, von der Veranstalt­ung solle ein klares Signal ausgehen: „Wir machen weiter und werden die große Tradition der Menschenaf­fen im Zoo weiterführ­en, und zwar schöner, moderner und artgerecht­er als jemals zuvor.“

Die Veranstalt­ung ist auch eine Gelegenhei­t, gegen Geschmackl­osigkeiten zu protestier­en. Für Empörung sorgten gestern Berichte über den Comedian Felix Lobrecht, der sich in einer vier Minuten langen Sequenz über den Affenhausb­rand lustig gemacht hat und etwa mit folgendem Satz zitiert wird: „Affen brennen richtig gut – wegen dem Fell. Die tragen ja quasi permanent eine Jacke aus Grillanzün­er; Affen brennen hervorrage­nd“(zitiert im Redaktions­netzwerk Deutschlan­d).

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FOTO: ZOO KÖLN „Mit Kritikern muss man sprechen und ihre Sorgen oder auch Argumente ernst nehmen”: Kölns Zoodirekto­r Theo Pagel, zugleich Präsident des Weltzoover­bandes, mit einem Okapi. Pagel spricht am Freitag bei einer Kundgebung in Krefeld.

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