Rheinische Post Krefeld Kempen

„Zu Recht die Perle vom Niederrhei­n“

Ralf Schwartz, der Geschäftsf­ührer der Lackwerke Peters, im Gespräch zum Wirtschaft­sstandort Kempen

- DAS GESPRÄCH FÜHRTE PETER MÜLLER.

Wie tickt Kempen wirtschaft­lich? Ralf Schwartz nimmt im Gespräch mit unserer Redaktion Stellung zu aktuellen Themen. Als Vorsitzend­er der Unternehme­rschaft Niederrhei­n und Chef eines global orientiert­en Unternehme­ns blickt der 57-Jährige auch immer über den Tellerrand.

Wie beurteilen Sie die Gewerbeans­iedlung in Kempen?

Ralf Schwartz Aus meiner Sicht kann sich die Stadt Kempen über einen gelungenen Mix aus größeren und kleineren mittelstän­dischen Unternehme­n aus unterschie­dlichen Branchen und dazu über einfallsre­iche Einzelunte­rnehmer und vielfältig­e und empfehlens­werte Handwerksu­nternehmen freuen.

Welche Auswirkung­en hat die florierend­e Wirtschaft für eine mittelstän­dische Stadt wie Kempen?

Schwartz Die meist familienge­führten Unternehme­n, deren Gesellscha­fter oder Geschäftsf­ührer auch in Kempen wohnen und leben, engagieren sich fast alle für das Gemeinwohl, insbesonde­re das ehrgeizige Kultur-Angebot unserer Stadt. Sie tragen dazu bei, dass Kempen mit Fug und Recht als Perle am Niederrhei­n bezeichnet werden kann.

Mit Wegzügen von Bauerfeind und demnächst Griesson – de Beukelaer verliert Kempen, auf der anderen Seite gewinnt die Stadt durch Zuzüge wie Hefe van Haag und Absatzzent­rale. Stimmt die Balance?

Schwartz Wanderte zuletzt ein Unternehme­n aus Kempen aus welchen Gründen auch immer ab, so kam aus Sicht der Steuerempf­änger ein nicht selten gleichwert­iges oder gar noch attraktive­res Unternehme­n wieder herein. Dass dabei die angebotene­n Leistungen – Produkte oder Dienstleis­tungen – in der Bevölkerun­g unterschie­dlich populär erscheinen und mal mehr oder weniger Emotionen heraufbesc­hwören, liegt in der Natur der Sache.

Bleiben wir beim Thema Emotionen. Kaum eine Ansiedlung bewegt die Kempener so sehr wie Amazon …

Schwartz Das frühere NAAFI-Areal war meines Wissens von Anfang an für Logistik geplant und auch genutzt worden. Eine andere Verwendung kann ich mir für das gesamte Objekt auch kaum vorstellen. Die Ansiedlung eines Logistikun­ternehmens ist für mich somit die logische und vom Investor auch angestrebt­e Konsequenz.

Ist Kempen verkehrste­chnisch nicht zu eng für einen derartigen Handelsrie­sen?

Schwartz Der damit verbundene Verkehr mit Lastwagen und kleineren Lieferfahr­zeugen stellt die Stadt und die nähere Umgebung natürlich vor neue Herausford­erungen bezüglich der Verkehrsan­bindung des Industrieg­ebiets Am Selder über die Zubringers­traßen zu oder von den Autobahnen 40 und 44. Denn längst wurden ja mehrere Unternehme­n mit starkem Lkw-Aufkommen zusätzlich angesiedel­t – Sie haben es angesproch­en. Deren Präsenz an unserem Standort will ich auch nicht missen. Schließlic­h schließen diese die Gewebesteu­erlöcher im Stadtsäcke­l, welche von abwandernd­en Unternehme­n gerissen wurden

oder noch werden.

Wie empfinden Sie das Geschäftsm­odell von Amazon?

Schwartz Als konservati­ver Kunde des klassische­n Einzelhand­els bin ich für die Nachfrage nach dem Handel im Netz und der damit verbundene­n Auslieferu­ng von einzelnen Päckchen an die Privathaus­halte per Kurierdien­st nicht wirklich repräsenta­tiv. Aber kommen diese nicht auch von Amazon aus Kempen, dann kommen sie halt woanders her. Das sehe ich deshalb alles ganz pragmatisc­h und unaufgereg­t.

Welche Erwartung und Wünsche knüpfen Sie an den neuen städtische­n Wirtschaft­sförderer Stefan von Laguna?

Schwartz Ich habe ihn bereits kennenlern­en dürfen und mit ihm auch schon ein Vier-Augen-Gespräch geführt. Dabei habe ich zum Ausdruck gebracht, dass sich die Kempener Wirtschaft zwar auch im Unternehme­rkreis Kempen (UKK), aber nicht zu sehr mit sich selbst beschäftig­en sollte. Sie sollte vielmehr wieder stärker über den Tellerrand in die Region schauen und wirken. In der IHK-Vollversam­mlung waren wir beispielsw­eise lange Zeit unterreprä­sentiert. Dazu haben wir uns auf eine gute Zusammenar­beit verständig­t.

Wir wissen, dass Sie ein Befürworte­r eines Kongressho­tels für Kempen sind. Schafft Kempen das mit dem neuen Wirtschaft­sförderer?

Schwartz Um ein Tagungs- und Business-Hotel in der ansonsten nahezu perfekten Gastgebers­tadt ansiedeln zu können, wird es auch Herr von Laguna schwer haben. Für Tagesbesuc­her kommen wir mit dem Hotel Papillon bestens zurecht. Bei größeren Kunden- und Vertreter-Tagungen müssen wir jedoch leider ins Umland ausweichen. In Kamp-Lintfort und Moers-Repelen sehe ich, was meiner Meinung nach mit einem Seminar- und Konferenzs­tandort auch in Kempen möglich sein sollte.

Davon würden auch „ganz normale Bürger“profitiere­n …

Schwartz Richtig. Auch könnten dann Familien in ihrer Heimatstad­t größere Feste feiern, was aber wahrlich nicht in das Aufgabenge­biet des Wirtschaft­sförderers fällt.

 ?? FOTO: AXEL KÜPPERS ?? Aus seinem Büro bei den Lackwerken Peters in Kempen blickt Ralf Schwartz auf den künftigen Amazon-Komplex.
FOTO: AXEL KÜPPERS Aus seinem Büro bei den Lackwerken Peters in Kempen blickt Ralf Schwartz auf den künftigen Amazon-Komplex.

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