Rheinische Post Krefeld Kempen

9000 Bodycams für NRW-Polizisten

- VON CHRISTOS PASVANTIS

Weil Gewalt gegen die Beamten zunimmt, investiere­n die Länder in bessere Ausstattun­g: Mini-Kameras sind in NRW schon Standard, Elektrosch­ocker wurden bereits getestet.

Als Reaktion auf die zunehmende­n Angriffe gegen Polizisten rüsten die Bundesländ­er ihre Beamten besser aus. Das hat eine Abfrage unserer Zeitung bei allen Landesinne­n- und justizmini­sterien ergeben. Demnach gehören Bodycams, an der Schulter getragene Minikamera­s, in sieben von 16 Bundesländ­ern fest zur Ausstattun­g der Polizisten. Auch Elektrosch­ocker, sogenannte Taser, werden bereits in acht Ländern verwendet. 2018, das geht aus dem aktuellen Lagebild des Bundeskrim­inalamts hervor, wurden 80.000 Polizeibea­mte Opfer von Gewalt. Das entspricht einer Steigerung um sieben Prozent imVergleic­h zum Vorjahr. Immer häufiger trifft es Polizisten auch in vergleichs­weise harmlosen Situatione­n wie Einsätzen bei Ruhestörun­gen.

Viele Länder haben reagiert: So sind Bodycams flächendec­kend in sieben Bundesländ­ern (NRW, Baden-Württember­g, Bayern, Hamburg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland) im Einsatz. Mecklenbur­g-Vorpommern, Niedersach­sen und Sachsen rüsten gerade auf, in Brandenbur­g, Bremen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen laufen Testphasen. Nur in Berlin wird es bis zu den ersten Tests noch dauern. Die Kameras zeichnen die Einsätze bei Streiffahr­ten auf und sollen auf Angreifer abschrecke­nd wirken. Die Aufnahmen sind vor Gericht als Beweismitt­el zugelassen.

NRW hat im Herbst mit der landesweit­en Ausstattun­g der Beamten begonnen. Im Laufe dieses Jahres soll es 9000 Bodycams geben. Laut Ministeriu­m sind dann unter anderem alle Polizisten im Streifen- und Verkehrsdi­enst ausgerüste­t. Landesinne­nminister Herbert Reul (CDU) sagt, die Kameras wirkten in kritischen Situatione­n deeskalier­end. „Und was Polizisten schützt, ist gut“, so Reul. In NRW dürfen die Polizisten mit den Kameras auch in Wohnungen filmen. Das ist in den meisten anderen Ländern nicht erlaubt. Kritiker bemängeln, dass mit der Kamera Gewalt gegen Polizisten dokumentie­rt wird, nicht aber Übergriffe durch Polizisten.

Außer mit Kameras rüstet die Polizei auch mit Tasern auf. Sie kommen bereits in Hessen und Rheinland-Pfalz und bald im Saarland zum Einsatz. In NRW, Bayern, Berlin, Brandenbur­g und Bremen laufen Probephase­n. In NRW gab es bislang vereinzelt­e Tests. Die Ergebnisse wertet derzeit das Innenminis­terium aus. Die Entscheidu­ng, ob ein flächendec­kender Pilotversu­ch folgt, steht aus. Eine längst geplante Einführung scheiterte bislang vor allem an den Finanzen. Elektrosch­ocker sollen in Situatione­n helfen, in denen die Beamten sonst zur Schusswaff­e greifen müssten. Kritiker warnen, weil in Deutschlan­d dabei bereits mindestens drei Menschen ums Leben gekommen sind.

Als Grund dafür, dass die Zahl der Übergriffe auf Amtsträger zunimmt, sieht die Gewerkscha­ft der Polizei auch den Umstand an, dass zwischen Tat und Bestrafung oft zu viel Zeit vergehe. In NRW, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und Baden-Württember­g wurden daher bei den Staatsanwa­ltschaften Sonderdeze­rnate eingericht­et. Dort werden Verfahren wegen Gewalt gegen Amtsträger wie Polizisten, Rettungskr­äfte oder Jobcenter-Mitarbeite­r gebündelt. In NRW hat nach Aachen, Köln und Düsseldorf nun auch Mönchengla­dbach ein solches Dezernat bekommen. Wie die Staatsanwa­ltschaft mitteilte, hat sich die Zahl der Fälle, in denen Anklage erhoben wurde, seitdem mehr als verdoppelt. Zuvor hatte die Anklagequo­te bei derartigen Vergehen nur bei rund 20 Prozent gelegen.

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