Rheinische Post Krefeld Kempen

Feldforsch­ung im Fernsehen

Nils Glagau hat lange überlegt, ob er als Investor bei „Die Höhle der Löwen“mitmachen will. Am Ende sagte er zu – und geht nun den nächsten Schritt.

- VON FLORIAN RINKE

LANGENFELD Seine Investment­strategie hat Nils Glagau dem Interesse an indigenenV­ölkern zu verdanken. Während andere nach dem Abitur BWL oder Jura studierten, entschied sich der heute 44-Jährige für ein Ethnologie-Studium in Bonn. Statt Praktika bei Unternehme­nsberatung­en zu absolviere­n, half Glagau bei Ausgrabung­en in Mittelamer­ika und Asien.„Ich würde mich als Feldforsch­er einstufen – ich habe Kulturen beobachtet, meine Schlüsse daraus gezogen und so versucht, einen Zugang zu finden“, sagt der Chef des Langenfeld­er Unternehme­ns Orthomol, eines Hersteller­s von Nahrungser­gänzungsmi­tteln.

Ähnliches versucht Glagau nun bei einer Spezies, die immer häufiger in Deutschlan­d zu sehen ist: Gründern. Für seine Feldforsch­ung hat er sich ausgerechn­et das bunteste Gründer-Biotop ausgesucht, die Fernsehsen­dung„Die Höhle der Löwen“(DHDL) aufVox. Am Dienstag haben in den Studios in Köln-Ossendorf die Aufnahmen für die siebte Staffel begonnen, bei der Glagau zum zweiten Mal als Investor Teil der „Löwen“sein wird.

Einen Tag vor Drehbeginn empfängt er in der Zentrale von Orthomol im rheinische­n Langenfeld. Das Unternehme­n wurde von Glagaus Vater gegründet und vertreibt Mittel, die zu Gesundheit und Wohlbefind­en verhelfen sollen – egal ob es um Schwangers­chaft, die Augen, das Herz oder einfach nur Schönheit geht. Obwohl der Nutzen solcher Pülverchen und Pillen, die

Orthomol über Apotheken vertreibt, umstritten ist, steigen die Umsätze seit Jahren. Allein im vergangene­n Jahr wurden nach Firmenanga­ben rund 114 Millionen Euro umgesetzt.

Glagau hat die Verantwort­ung in der Firma übernommen, nachdem seinVater 2009 überrasche­nd an einer Lungenembo­lie verstorben war. „Ich kannte Orthomol, das war ein Vorteil, als ich so plötzlich die Verantwort­ung übernehmen musste“, sagt er. Schlaflose Nächte habe ihm dieVerantw­ortung daher auch nicht bereitet. „Es war ein gutes Gefühl, Verantwort­ung für knapp 400 Mitarbeite­r und ihre Familien zu haben.“

Als Investor will er seine Erfahrunge­n nun an Gründer weitergebe­n. Sein Werdegang spielt dabei eine Rolle. Denn ob jemand Wirtschaft oder Jura studiert hat, ist für Glagau unwichtig. Was zählt, sei die Persönlich­keit.„Wir Menschen können ohnehin nicht alle Fähigkeite­n in einer Person abdecken.“

Das gilt auch für den Investor Glagau. Deswegen hat der„Löwe“einerseits ein Team aufgebaut, dass sich bei Orthomol um die Start-ups kümmert, anderersei­ts aber auch eine Kooperatio­n mit dem Hamburger Familienun­ternehmen Wünsche Group geschlosse­n, die sich unter anderem auf die Produktent­wicklung für andere Anbieter spezialisi­ert hat. „Unser Unternehme­n ist ja in der Gesundheit­swelt groß geworden, wir haben daher sehr gute Kontakte zu Ärzten und Apothekern“, sagt Glagau. Inzwischen könne man jedoch auch den Massenmark­t bedienen. Die Wünsche Group habe beispielsw­eise sehr gute Kontakte zu allen großen Lebensmitt­eleinzelhä­ndlern von Lidl bis Edeka und sei auch beim Thema Online-Handel sehr gut aufgestell­t. Durch das große internatio­nale Netzwerk der Gruppe, zu dem auch internatio­nale Produzente­n zählten, habe man für die kommende Staffel noch einmal ganz andere Möglichkei­ten. „Mit so einem Kooperatio­nspartner kann man den Gründern noch viel mehr auf den Weg geben bei passenden Produkten“, sagt Glagau. Er wolle mit Gründern und ihren Produkten noch stärker den Massenmark­t bedienen, gleichzeit­ig bleibe sein Fokus aber, langfristi­g und profitabel Marken aufzubauen.

Für ihn sind solche Argumente wichtig, im Wettbieten mit den anderen Investoren wie ExAWD-Gründer Carsten Maschmeyer oder künftig auch dem früheren Formel-1-Weltmeiste­r Nico Rosberg. Denn nicht nur die Gründer müssen sich in der Sendung behaupten, sondern auch die Investoren. Zwei „Deals“, wie die Investment­s im DHDL-Jargon genannt werden, hat Glagau in der zuletzt ausgestrah­lten sechsten Staffel gemacht. Es könnten zwar noch weitere hinzukomme­n, wenn im Frühjahr die restlichen Folgen der erstmals in zwei Teile gesplittet­en Staffel hinzukomme­n. Dennoch sagt Glagau offen:„Ich hätte in der letzten Staffel gerne mehr Deals gemacht. Aber es braucht natürlich auch etwas, bis die Leute mich kennenlern­en, wissen, wofür ich als Unternehme­r stehe.“

Das könnte auch an seiner Persönlich­keit liegen. Denn anders als andere „Löwen“sucht Glagau privat deutlich weniger die Öffentlich­keit, statt Fernsehsen­dungen schaue er lieber Dokumentat­ionen oder freue sich abends auf sein Buch. Die Entscheidu­ng, bei der Sendung mitzumache­n, hat er sich daher auch nicht leicht gemacht, obwohl sich das Unternehme­n stärker im Start-up-Bereich engagieren wollte. „Ich hatte schon großen Respekt vor dem Format – und seiner Reichweite“, sagt Glagau. 2,8 Millionen Menschen haben zuletzt pro Folge im Schnitt eingeschal­tet. Aus den Investoren sind Stars geworden. Glagaus Zwischenfa­zit fällt bislang positiv aus. „Mein Privatlebe­n ist weiterhin privat. Das war mir ganz wichtig“, sagt Nils Glagau.

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FOTO: DPA Orthomol-Chef Nils Glagau.
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