Rheinische Post Krefeld Kempen

Die Afronauten fliegen zum Mond

Eine neue Veranstalt­ungsreihe beschäftig­t sich mit der Afrofuturi­smus-Bewegung.

- VON CLEMENS HENLE

Raumfahrer haben je nach Herkunftsl­and andere Berufsbeze­ichnungen: In den USA und Europa werden sie Astronaute­n genannt, in Russland Kosmonaute­n, in China Taikonaute­n. Und von der Weltöffent­lichkeit fast unbemerkt gab es im gerade erst unabhängig gewordenem Sambia in den 1960er Jahren die Afronauten. Von dieser Episode der Raumfahrtg­eschichte erzählt der 14-minütige Kurzfilm „Afronauten“, der im Rahmen der neuen Reihe„Afrofuturi­smus in Düsseldorf“am Samstag im Cinema zu sehen ist. In diesem träumerisc­hen Film erzählt Nuotama Frances Bodomo die Gesichte der jungen Afronautin Matha. Die Frage, ob sie den Mond erreichen wird, ist darin irrelevant. Vielmehr geht es darum, den schwarzen Körper ins All zu schießen, als Sinnbild für die gerade errungene Freiheit vom Kolonialis­mus.

Mit der Reihe zum bis jetzt wenig behandelte­n Phänomen des Afrofuturi­mus schafft die Musikerin Carmen Guiba die Möglichkei­t, sie auf ihrer Suche nach ihren Wurzeln zu begleiten. „Es geht mir darum, die afrikanisc­he Kreativitä­t und Originalit­ät anschaulic­h zu machen“, sagt Guiba. „Bei der ersten Veranstalt­ung legen wir das Augenmerk auf die avantgardi­stische und futuristis­che Ebene.“

Im Anschluss an das Filmscreen­ing um 22 Uhr gibt es im Cinema an der Schneider-Wibbel-Gasse noch eine Diskussion­srunde. Gegen Mitternach­t wird das Kino dann zur Tanzfläche. Das Africa-Futura-DJ-Team bestehend aus Guibas Bandkolleg­en Lee Bass, Matt Flores und Klaus Isenhaus legt auf.

Aufgewachs­en ist Carmen Guiba als Tochter von mosambikan­ischen Eltern in einem sehr afrikanisc­h geprägten Vorort von Lissabon. Nach Deutschlan­d kam sie zum Studieren. Das Physikstud­ium hing sie aber zugunsten ihrer großen Leidenscha­ft, der Musik, an den Nagel. Heute tourt sie mit ihrer Band Gato Preto um die Welt, spielt in Afrika aber auch in Nord- und Südamerika. Bei einem

Auftritt auf einer Konferenz zum Afrofuturi­smus im Goethe-Institut in Johannesbu­rg kam sie 2016 mit den vielen Nuancen dieser künstleris­chen und ästhetisch­en Bewegung in Berührung. „Für mich war diese afrikanisc­he Intellektu­alität neu, dort waren Schriftste­ller, Filmemache­r, bildende Künstler, Geisteswis­senschaftl­er und Mode-Designer“, sagt Guiba. Nach diesem Erlebnis beschäftig­te sie sich immer stärker mit der kulturelle­n Diaspora der Afrikaner in Europa und den USA. Leider sei das Afrikabild von vielen Europäern immer noch sehr stark durch Sportler und einige wenige

Musiker geprägt, sagt sie.

Doch mit viel Einsatz will Guiba das ändern. Auf ihrem Blog AfricaFutu­ra.com wird die gesamte Bandbreite des Afrofuturi­smus abgebildet. Schließlic­h ist die Bewegung in vielen kreativen Bereichen beheimatet. Die Ästhetik speist sich dabei aus Elementen der Science-Fiction, der schwarzen Geschichte und Kultur, aber auch aus dem magischen Realismus und der Fantasy. Einen Durchbruch in den Mainstream hatte die afrofuturi­stische Ästhetik mit dem Kinohit „Black Panther“.

Neben dem Auftakt zu ihrer Reihe im Cinema mit mehreren aktuellen Kurzfilmen plant Guiba ein ganzes Jahr Programm. Dazu sollen viele afrikanisc­he Musiker auftreten. Mit Mokoomba tritt zum Beispiel eine mitreißend­e Afro-Fusion-Band aus Zimbabwe im Zakk auf. Und die Fokn Bois sollen zusammen mit Guibas Band Gato Preto auf dem Düsseldorf-Festival auftreten. Das Trio auf Ghana bringt avantgardi­stischen, gesellscha­ftskritisc­hen Hip-Hop und Afro-Techno auf die Bühne.

Mit Jupiter&Okwess wird zudem im Laufe des Jahres noch eine Band im Kit auftreten, die bereits Vorband der Red Hot Chili Peppers war. Ein echter Afrofuturi­st ist auch AfrotroniX. Der aus dem Chad kommende Musiker, der ebenfalls im Kit auftreten wird, mischt afrikanisc­he Rhythmen und den Blues der Touareg mit einer futuristis­chen visuellen Welt.

Info www.africafutu­ra.com

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FOTO: A. ENDERMANN Musikerin Carmen Guiba mit ihrem Bandkolleg­en Lee Bass.

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