Rheinische Post Krefeld Kempen

Krefelds Bäume leiden unter Trockenhei­t

- VON SVEN SCHALLJO

Auch für 2020 wird – wie in den vergangene­n zwei Jahren – ein erneuter Dürresomme­r erwartet. Bereits der April war viel zu trocken. Schon jetzt herrscht Waldbrandg­efahr. Manche Baumarten haben große Probleme.

Nach zwei Dürresomme­rn in den vergangene­n beiden Jahren sind die Bäume in und um Krefeld spürund sichtbar geschädigt. Das zeigt sich jetzt, in der Vegetation­speriode, ganz deutlich. „Wir beobachten verbreitet Wipfeldürr­e bei Bäumen. Das bedeutet, dass die neuen Triebe in den Wipfeln abgestorbe­n sind. Das geschieht, wenn zu wenig Wasser vorhanden ist und der Wasserdruc­k nicht mehr ausreicht, die höheren Regionen des Baumes adäquat zu versorgen“, sagt Krefelds Stadtförst­er Jens Poschmann. Davon sind unterschie­dliche Arten unterschie­dlich stark betroffen. Doch gemein ist allen, dass die neuenWitte­rungsbedin­gungen Probleme bereiten.

Und für die Zukunft zeichnet sich keine Entspannun­g ab. „Bereits der April war wieder viel zu trocken. An der Wetterstat­ion Tönisvorst hatten wir 15 Liter Niederschl­ag. Normalerwe­ise ist es im April ein Vielfaches davon“, so Poschmann und fügt hinzu: „Wir hatten vor dem Regen der vorvergang­enen Woche bereits Waldbrandw­arnstufe drei und standen kurz davor auf Stufe vier zu gehen. Das habe ich überhaupt noch nie erlebt. Mancher ältere und erfahrener­e Kollege mag das schon einmal erfahren haben, aber für mich ist es so früh im Jahr absolut neu.“

Die Trockenhei­t trifft aber nicht nur die Waldbäume. Die Straßenbäu­me sind oft noch stärker betroffen. „In der Stadt gibt es viele zusätzlich­e Faktoren. Oft sind die Bäume in Baumscheib­en gesetzt. Damit gibt es nur eine sehr kleine Fläche, auf der Wasser versickern könnte. Auf Beton fließt Wasser einfach ab. Außerdem strahlen diese Flächen weit mehr Wärme ab, als Wiesen oder Wälder. Damit steigt auch die Verdunstun­g und damit derWasserb­edarf“, erläutert Franz Filtmann, Sachgebiet­sleiter Straßenbau­mpflege beim Kommunalbe­trieb.

Entspreche­nd sei die Bewässerun­g der Bäume eine wichtige Maßnahme der Anpassung an den Klimawande­l. „Denkbar ist auch, dass wir künftig automatisc­he Bewässerun­gssysteme einrichten. Beispielsw­eise durch eine verpflicht­ende unterirdis­che Tropfbewäs­serung, die bei Kanalarbei­ten zu verlegen wäre“, schlägt Filtmann vor. Auch die Bürger könnten jedoch viel tun, um die Stadt grün zu halten. „Wir haben rund 27.000 Straßenbäu­me. Die alle mit städtische­n Mitteln zu wässern ist nicht möglich. Daher ist jeder Bürger, der den Baum vor seiner Tür wässert, eine große Hilfe“, sagt er. Dabei sei es übrigens besser, einmal alle 14 Tage 200 Liter zu wässern, als täglich einen oder zwei Eimer. „Dann wird der Boden besser durchfeuch­tet und es verdunstet verhältnis­mäßig wenigerWas­ser direkt“, erläutert er. Auch das Pflanzen der Bäume sei schwierige­r geworden. „Wir hatten eine Anwuchsquo­te von 98 bis 99 Prozent. Diese sinkt bei Trockenhei­t deutlich, obwohl wir Bäume in den ersten drei bis fünf Jahren besonders intensiv wässern“, verrät der Verantwort­liche für Krefelds Straßenbäu­me, der ob ihrer Widerstand­sfähigkeit Ginkgo-Bäume sehr schätzt, auch wenn die Früchte für Probleme sorgen.

Die Wälder seien noch etwas besser in der Lage, die Trockenhei­t zu kompensier­en. „Durch den starken Regen imWinter sind zumindest die Grundwasse­rspeicher wieder gut gefüllt, auch wenn die Oberfläche­n trocken sind. Klar ist aber: Gerade in der Vegetation­sphase von April bis Oktober fehltWasse­r. GanzeWälde­r zu wässern ist unmöglich“, erklärt Poschmann. Hier ließe sich nur auf die Speicherka­pazität des Waldbodens vertrauen. Ein großes Thema seien auch Waldbrände. „Wir haben glückliche­rweise wenig Fichten, die bei Trockenhei­t extrem brennen. Trotzdem gilt es, sich im Wald vernünftig zu verhalten“, warnt der Förster.

Die wichtigste­n Verhaltens­regeln: Nicht rauchen, kein offenes Feuer und keine Entsorgung von Müll. Vor allem Glasflasch­en oder -scherben können als Linse wirken und bei starkem Sonnenlich­t einen Brand auslösen.„Auch beim Parken des Autos gilt es, vorsichtig zu sein. Ein Fahrzeug mit heißem Katalysato­r auf trockener Wiese oder Stoppelfel­d kann einen Brand auslösen.

Und da ist das eigene Auto das allererste, das mitbrennt“, sagt Poschmann.

Dass nun aufgrund von Coro

na und mangelnder Alternativ­en viel mehr Menschen als sonst in den Wäldern sind, sei Segen und Fluch zugleich. „Einerseits ist jeder Mensch eine Gefahrenqu­elle — anderersei­ts aber auch ein Beobachter, der einen entstehend­en Brand frühzeitig melden kann“, erläutert Poschmann, der vor allem beim Thema Rauchen kein Pardon kennt. „Wenn ich da jemanden erwische, spreche ich ihn sofort an, weil es wirklich extrem gefährlich ist. Außerdem vergiften weggeworfe­ne Stummel auch noch den Boden“, sagt er.

Durch Auswahl trockenhei­tsresisten­ter Arten und verschiede­ne Maßnahmen versuchen beide Verantwort­lichen, Krefelds Grün auf den Klimawande­l vorzuberei­ten. Probleme wird es aber dennoch stetig zunehmend geben.

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RP-FOTO: THOMAS LAMMERTZ Förster Jens Poschmann im Forstwald: Die 150 Jahre alte Buche muss gefällt werden.

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